Deutschlands älteste Sparkasse hofft auf Zuschreibungen
Was sich die älteste Sparkasse von 2023 erhofft
Die Sparkasse Salem setzt auf effiziente Prozesse und rechnet mit Zuschreibungen beim Bewertungsergebnis
Von Thomas Spengler, Salem
Die Wurzeln der Sparkasse Salem-Heiligenberg im baden-württembergischen Bodenseekreis reichen bis 1134 zurück – jenes Jahr, in dem das Zisterzienserkloster Salem gegründet wurde, dessen Mönche sich der Armenfürsorge widmeten. 1749, als die Lebenserwartung vor Ort bei nur 32,5 Jahren lag, gründete schließlich der damalige Abt des Klosters, Anselm II, die „ordentliche Waißen-Caßa“ Salem, fünf Jahre später folgte die „Waisen-Caßa“ zu Heiligenberg.
Die beiden buchstäblich aus der Not geborenen Kassen begründen die älteste Sparkasse in Deutschland, wie der örtliche Historiker Hugo Gommeringer schreibt. Ging es zunächst um die Sicherstellung der Waisengelder und nicht um den Spargedanken, entwickelte sich im dem Konstrukt rasch die Idee der allgemeinen Zukunftssicherung.
Mikrodarlehen an Landwirte
1838 entstand aus der Witwen- und Waisenkasse die Spar- und Leihkasse Salem unter kommunaler Bürgschaft. Das war damals ein Meilenstein für die deutsche Sparkassenorganisation. Einlagen wurden mit 4 bis 5% verzinst, für die „Ausleihung der Kapitalien“ berechnete die Kasse 4 bis 6%.
Damals seien die Mikrokredite vor allem an die örtliche Landwirtschaft gegangen, sagt der Vorstandsvorsitzende der heutigen Sparkasse Salem-Heiligenberg, Hubertus Endres. „In der sozialen Nachhaltigkeit liegt der Ursprung unserer Sparkasse“, so der 49-Jährige.
Was gestern Klein- oder Mikrokredite waren, sind heute Gründerdarlehen. „Diese DNA gibt dem Haus Identität“, ergänzt Vorstandsmitglied Wolfgang Müller (50). Das Vertrauensverhältnis zu den Kunden basiere auf einer langen Tradition. Das Institut mache Geschäfte, die es versteht, mit Kunden die es kenne. Dabei kommt dem Institut die Kundenstruktur seines Geschäftsgebiets zugute – „eine gesegnete Region“, wie Müller den bodenseenahen Landstrich nennt.
Neben einem „grundsoliden“ Baufinanzierungsgeschäft betreibt die Sparkasse viel Firmenkundengeschäft mit den gut beschäftigten Handwerkern und Landwirten aus der Region. Dank seiner Kleinteiligkeit ein Geschäft mit geringem Kreditrisiko, was sich in einer überdurchschnittlich hohen Gesamtkapitalquote der Sparkasse von 18,9% widerspiegelt, wie Endres betont.
Als weiteren Pluspunkt der Kleinsparkasse, die gemessen an der Bilanzsumme auf Platz 314 von insgesamt 361 Sparkassen rangiert, nennt er die kurzen Entscheidungswege. Die Kehrseite der Medaille ist die überproportional zu Buche schlagende Belastung aus regulatorischen Vorgaben. Das zwingt die Sparkasse Salem-Heiligenberg zu schlanken Hierarchien und effizienten Prozessen. 2022 gelang es, die Cost-Income-Ration um 5,3%-Punkte auf 62,6% zu verbessern.
Im vergangenen Jahr ließ das Institut in Folge des raschen Zinsanstiegs wie fast alle Sparkassen Federn beim Bewertungsergebnis für Eigenanlagen, das sich um 7,4 Mill. auf minus 8,9 Mill. Euro verschlechterte. Um dies auszugleichen hat die Sparkasse auf die in den vergangenen Jahren gebildeten Stillen Reserven zugegriffen. „Wir haben durchgehend nach dem strengen Niederstwertprinzip bilanziert, was an sich ein Zeichen der Stärke ist“, so der Vorstandsvorsitzende. Da die Wertpapiere im Depot A kurze Durationen und hohe Bonitäten aufweisen, ist Endres aber überzeugt, dass das Institut rasch gestärkt aus der Situation hervorgehen wird.
Jahresüberschuss bricht ein
Vermeiden ließ sich der Gewinneinbruch nicht, In Folge der Abschreibungen wies die Sparkasse für das abgelaufene Jahr einen Jahresüberschuss von rund 500.000 Euro aus, nach 1,6 Mill. Euro im Vorjahr. Für 2023 hofft der Vorstand auf Zuschreibungen im Wertpapierbestand, ein solides Bewertungsergebnis und eine weitere Verbesserung der Cost-Income-Ratio auf 55,3%.
Und im kommenden Jahr? Da soll das 275-jährige Gründungsjubiläum gefeiert werden, in dem die Sparkasse insbesondere bürgerschaftliches Engagement und Projekte unterstützen will, die den Menschen vor Ort zugutekommen und damit für Gemeinschaft und ein attraktives Umfeld sorgen. Ganz in der Tradition von Abt Anselm II.
Die Vorstände Wolfgang Müller und Hubertus Endres vor dem Bildnis des Kassengründers Abt Anselm II.