Deutschlands Sparer lassen die Finger von Aktien
Deutschlands Sparer lassen die Finger von Aktien
Bundesbank: Festgeld boomt – Private Haushalte legen kaum noch Geld an Börsen an
jsc Frankfurt
Nach der Zinswende verlieren die deutschen Sparer zunehmend das Interesse an einzelnen Aktien: Während die privaten Haushalte hierzulande im zweiten Quartal erneut Milliardenbeträge in Festgeld und andere Zinsangebote lenkten, gaben sie netto nur noch 0,2 Mrd. Euro für den Erwerb börsennotierter Aktien aus und damit so wenig wie seit Ende 2016 nicht mehr, wie die Deutsche Bundesbank am Donnerstag festhielt. Damit fällt das Interesse an Aktien nach den Boomjahren 2020 und 2021 deutlich ab.
Weil die Börsenkurse im zweiten Quartal zugleich stiegen, kletterte das Aktienvermögen der Deutschen im Berichtsabschnitt um 1,5% auf 517 Mrd. Euro – der Gesamtbestand privater Geldvermögen erreicht derweil 7.492 Mrd. Euro. Die Folgen des geringen Aktienanteils sind in den Renditen ablesbar: Bereinigt um Inflation zeigten fast alle Geldanlagen im zweiten Quartal eine negative Rendite an – mit Ausnahme der Kategorie der Einzelaktien, wie eine Modellrechnung der Bundesbank zeigt.
Insgesamt besitzen in Deutschland geschätzt etwa 5,3 Millionen Menschen einzelne Aktien, wie das Deutsche Aktieninstitut, eine Denkfabrik kapitalmarktnaher Unternehmen, für das zurückliegende Jahr ausweist. Das ist weniger als in der Phase der Börseneuphorie im Jahr 2000, als laut der umfragebasierten Hochrechnung etwa 6,2 Millionen Menschen in Deutschland Aktien besaßen. Im Jahr 2008, als die Finanzkrise weltweit um sich griff, gab es in Deutschland nur etwa 3,6 Millionen Aktionäre.
Fonds bleiben gefragt
Gleichwohl sind die Deutschen weiter zu einer Geldanlage an den Börsen bereit: Investmentfonds, die große Summen in Aktien und Anleihen investieren, bleiben als Kategorie gefragt. Im zweiten Quartal legten die Haushalte netto 10,5 Mrd. Euro neu in Fonds an. Dieser Wert liegt zwar deutlich unter dem Rekordzufluss von 27,9 Mrd. Euro im dritten Quartal 2021, allerdings nur moderat unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt bis einschließlich 2022. Fondssparpläne, die in der Branche in den zurückliegenden Jahren millionenfach abgeschlossen wurden, stabilisieren das Neugeschäft der Fondsbranche.
Ob die Deutschen börsenscheu sind, ist also auch eine Frage der Zählweise: Werden Aktienfonds mitgezählt, gibt es in Deutschland heute wieder ähnlich viele Aktionäre wie kurz nach der Jahrtausendwende. Das Deutsche Aktieninstitut schätzte die Zahl zuletzt auf rund 12,9 Millionen – ähnlich viel wie bereits 2001. Das Investmentfondsvermögen privater Haushalte betrug zur Jahresmitte 923 Mrd. Euro, wie die Bundesbank ausweist.