"Die Äquivalenzbrücke ist schmal"

Private Banken setzen auf EU-Novelle für den Zugang von Finanzdienstleistern aus Drittstaaten

"Die Äquivalenzbrücke ist schmal"

Für eine umfassende Novelle des Äquivalenzregimes in Europa macht sich der Bankenverband BdB stark. Anlass dafür ist der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, aber die Überlegungen sind viel grundsätzlicher. wf/fed Berlin – “Wenn das EU-Passporting wegfällt, ist unsere Sicht auf den deutschen Finanzmarkt: Wir wollen ein starker Marktplatz sein”, sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid der Börsen-Zeitung mit Blick auf den Brexit. “Ein fortschrittliches Äquivalenzregime wäre dafür ein wichtiger Baustein, auch wenn es den europäischen Pass nicht ersetzen kann.” Das Verlangen nach einem zeitgemäßen Äquivalenzregime spiegelt die Aufgeschlossenheit des privaten Kreditgewerbes für internationales Bankgeschäft und Wettbewerb am heimischen Finanzplatz. “Wir sagen ,Willkommen!` zu den Auslandsbanken”, konstatierte Krautscheid. “Mehr Diversität kann dem Finanzplatz Deutschland Vorteile bringen.” Der BdB erwartet, dass ein größeres Angebot an Finanzdienstleistungen Netzwerkeffekte hervorruft und damit Vorteile für den gesamten Markt bringt. Regeln und Offenheit Eine der Voraussetzung für einen solchen diversifizierten Markt ist aus Sicht des Bankenverbands ein geregeltes, aber möglichst offenes Äquivalenzregime. Im Fall des Brexit bedeutet dies, dass Institute mit einer britischen Banklizenz ihre Aktivitäten in Deutschland ohne aufwendige Umstellung weiter betreiben könnten. Denn das Äquivalenzregime der EU erlaubt Anbietern aus Drittstaaten grundsätzlich Finanzdienstleistungen in der EU anzubieten, sofern sie in ihrem Heimatland äquivalent reguliert sind. In Großbritannien ist dies der Fall, da Finanzmarktvorgaben in der EU weitgehend auf europäischem Recht beruhen. Die aktuellen Äquivalenzregeln in der EU hält der Bankenverband allerdings für dringend novellierungsbedürftig. “Die Gesamtschau des Äquivalenzregelwerks der EU treibt uns durchaus Schweißperlen auf die Stirn”, sagte Krautscheid. “Es ist unpräzise und nicht sehr verlässlich. Es passt nicht auf Finanzmarktaktivitäten.”Bislang gibt es in einzelnen europäischen Gesetzen Äquivalenzregeln, die festlegen, ob bestimmte Finanzdienstleistungen in Drittländern als gleichwertig mit der EU reguliert und beaufsichtigt angesehen werden können. “Doch diese Äquivalenzregeln beziehen sich nur auf wenige Finanzgeschäfte”, sagte der Hauptgeschäftsführer. “Die Brücke, die durch die Äquivalenz gebaut wird, ist deshalb sehr schmal. Es gibt viel zu viele weiße Flecken, die nicht unter ein Äquivalenzregime fallen.”Es geht dem Bankenverband aber nicht allein darum, diese Fragmentierung zu beseitigen, es geht auch um Transparenz und Rechtssicherheit. “So hat beispielsweise die EU-Kommission die Möglichkeit, die Anerkennung der Äquivalenz binnen 30 Tagen zurückzuziehen”, monierte Krautscheid. “Auf dieser Grundlage kann eine Bank kein Geschäft aufbauen, denn in dieser Form ist Äquivalenz nicht verlässlich.” Der Verband dringt darauf, dass dem Drittstaat 180 Tage für entsprechende Korrekturen eingeräumt werden. Transparenz und Sicherheit Geschaffen werden soll ein regelgebundenes, einheitliches und transparentes Verfahren, das das bisherige Entscheidungsverfahren ersetzt und politische Erwägungen außen vor lässt. Ein Rahmenwerk sollte Vorgaben wie den grundsätzlichen Ablauf des Verfahrens, eine Prüffrist oder das Recht auf Antrag zur Einleitung eines Prüfverfahrens regeln. Aus Sicht des Bankenverbands wäre es sinnvoll, neben den europäischen Finanzaufsichtsbehörden auch Aufseher und Regulierer des Drittstaates frühzeitig einzubinden. “Außerdem macht sich der Bankenverband dafür stark, zu sondieren, inwieweit es im europäischen Interesse liegt, den Anwendungsbereich von Äquivalenzregeln über die bislang wenigen Themenfelder hinaus auf andere Finanzdienstleistungen zu erweitern”, ergänzte Markus Becker-Melching, BdB-Geschäftsführer mit Zuständigkeit für internationale Beziehungen.Die Verhandlungen über eine Novelle in der EU werden Zeit brauchen. Dem BdB zufolge sollte die Arbeit daran unmittelbar zu Beginn der europäischen Legislaturperiode im nächsten Jahr beginnen und möglichst zum Ende der Übergangsphase nach dem Ausstieg Großbritanniens wirksam werden. Beim Brexit steht aus Sicht des Bankenverbands viel auf dem Spiel, sollte der Übergang schlecht vorbereitet sein. “Unsere Sorge ist, dass das gesamte Finanzmarktsystem Schaden nimmt”, sagte Krautscheid. Die Geschäfts- und Vertragsbeziehungen seien zwischen den Banken sehr unterschiedlich verästelt und vernetzt. Wenn wesentliche Teile nicht funktionierten, möge dies die eine Bank mehr und die andere weniger belasten. “Der Schaden für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems aber ist beträchtlich.”