Die Aufholjagd der nachhaltigen ETFs

Analysehaus ETFGI zählt per Ende Januar weltweit 285 Anlagevehikel - Volumen hat sich seit Ende 2018 auf 65 Mrd. Dollar verdreifacht

Die Aufholjagd der nachhaltigen ETFs

la Frankfurt – Nachhaltigkeit gehört derzeit zu den wichtigsten Themen in der Vermögensverwaltung. Immer mehr Fonds werden unter Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) aufgelegt, immer öfter auch bestehende Fonds entsprechend umgestellt. “2020 ist der Point of no Return in Sachen Nachhaltigkeit”, ist sich Fidelity sicher. Nahezu alle beobachteten Unternehmen würden ESG-Themen mehr Beachtung schenken als im Vorjahr. Die Entwicklung beschränkt sich dabei nicht auf aktiv gemanagte Fonds, sondern erstreckt sich auch auf ETFs (Exchange Traded Funds), die börsengehandelten Indexfonds.BlackRock, der weltweit größte Vermögensverwalter und ETF-Anbieter, hat zu Jahresbeginn hier ein deutliches Zeichen gesetzt. In seinem alljährlichen Brief an Vorstandschefs von Unternehmen nahm BlackRock-CEO Larry Fink nicht nur die Unternehmensführer wegen des Klimawandels mahnend in die Pflicht, sondern betonte, BlackRock selbst werde ESG-Risiken künftig die gleiche Bedeutung zumessen wie traditionellen Finanzkennzahlen.Nachhaltigkeit solle der neue Anlagestandard bei dem Fondsriesen werden, so Fink. So sei geplant, das in nachhaltigen Anlagen verwaltete Vermögen innerhalb dieses Jahrzehnts von derzeit 90 Mrd. auf mehr als 1 Bill. Dollar zu steigern, hierbei wolle BlackRock global führend sein. Das gelte für aktiv und passiv verwaltete Produkte. Vor allem auch bei den passiven Produkten will BlackRock zulegen: Die Zahl der nachhaltigen ETFs soll in den nächsten Jahren auf 150 verdoppelt werden.Aber nicht nur bei BlackRock, weltweit hat sich 2019 als Jahr der nachhaltigen ETFs entpuppt. Fast alle großen ETF-Anbieter haben ihre Palette an ESG-ETFs erweitert. Nach Angaben des unabhängigen Analysehauses ETFGI ist die Zahl der weltweit aufgelegten nachhaltigen ETFs und ETPs (Exchange Traded Products) von 140 im Jahr 2018 über 206 Ende 2018 auf 285 im Januar 2020 geklettert. Davon entfiel mehr als ein Viertel auf BlackRock-Produkte. Ende 2019 verwaltete BlackRock 81 nachhaltige iShares ETFs mit einem Volumen von 22 Mrd. Dollar.Gleichzeitig ist das global in nachhaltigen ETFs verwaltete Volumen kräftig gewachsen. Von Ende 2018 bis Ende Januar 2020 hat es sich nach ETFGI-Zahlen von 22 Mrd. Dollar auf 65 Mrd. Dollar fast verdreifacht. Und BlackRock schätzt, dass das in Nachhaltigkeits-ETFs verwaltete Vermögen bis 2028 weltweit auf mehr als 400 Mrd. Dollar steigen wird. Sehr gefragt in EuropaDie ETFGI-Zahlen zeigen auch, dass nachhaltige ETFs vor allem in Europa gefragt sind. Von den global 65 Mrd. Dollar Assets entfällt mit 35 Mrd. Dollar mehr als die Hälfte auf europäische Ucits-Produkte. Der amerikanische ETF-Markt, der insgesamt viel größer ist als der europäische, hinkt bei nachhaltigen Produkten mit einem Volumen von etwa 10 Mrd. Dollar deutlich hinterher. Die Ratingagentur Morningstar zeichnet die Entwicklung von ETFs mit Nachhaltigkeitsmandat in Europa für die vergangenen zehn Jahre nach: Danach ist die Zahl der ESG-ETFs in dieser Zeitspanne von 12 auf 120 gewachsen und das entsprechende Volumen von 0,5 Mrd. auf 34 Mrd. Euro.Schaut man auf die großen deutschen Fondshäuser, so hat die DWS per Ende Januar 2020 insgesamt sechs ESG-ETFs im Angebot, die zusammen 1,1 Mrd. Euro verwalten. Vor einem Jahr waren es noch fünf Produkte mit einem Volumen von 178 Mill. Euro. Insgesamt umfasst die Xtrackers-Produktpalette 172 ETFs mit 100,3 Mrd. Euro Volumen.Sehr ambitioniert zeigt sich die Deka, die insgesamt 47 ETFs mit rund 9 Mrd. Euro Volumen verwaltet, für das laufende Jahr. Bisher bietet sie mit dem Deka Oekom Euro Nachhaltigkeit Ucits ETF mit 60 Mill. Euro Volumen nur einen einzigen ESG-ETF an. Im laufenden Jahr soll die Zahl der nachhaltigen Indexfonds aber auf acht deutlich ausgeweitet werden. Allianz Global Investors und Union Investment dagegen bieten keine passiven Produkte an und konzentrieren sich auf aktiv gemanagte Fonds.Prognosen für die Entwicklung der nachhaltigen ETFs sind schwer zu treffen. Ein Anhaltspunkt aber mögen die Mittelzuflüsse sein: In den Jahren 2015 bis 2018 haben sich die Zuflüsse in nachhaltige ETFs in Europa jährlich verdoppelt. 2019 aber wurde plötzlich eine Vervierfachung auf 16,3 Mrd. Euro verzeichnet.”Das zeigt, dass das Wachstum exponentiell ist”, erläutert Ali Masarwah, Director Editorial Research von Morningstar Europe. Er rechnet damit, dass diese Entwicklung noch eine Weile anhält, zumal die EU-Initiative für Sustainable Finance noch am Anfang stehe.Überproportional ist das Wachstum der ESG-ETFs auch im Vergleich mit den aktiven ESG-Fonds. Am gesamten ESG-Fondsmarkt haben ETFs inzwischen einen Marktanteil von gut 20 %. Und sie wachsen deutlich schneller als aktive nachhaltige Fonds.Voraussetzung für nachhaltige ETFs sind entsprechende Indizes, die von den passiven Produkten abgebildet werden können. Viele Indexanbieter wie MSCI, Dow Jones oder Stoxx, aber auch kleinere wie zum Beispiel Morningstar, FTSE, Solactive oder Oekom haben in den vergangenen Jahren, insbesondere auch 2019, zahlreiche neue Indizes entwickelt. Greenwashing vorbeugenDa Nachhaltigkeit auf die unterschiedlichste Weise interpretiert werden kann, unterscheiden sich die verschiedenen Indizes konzeptionell deutlich. Die Gefahr des Greenwashing ist damit groß. Die Zeitschrift “Ecoreporter” hat nachhaltige ETFs unter die Lupe genommen und kommt zu dem Schluss, von “grün” könne meist keine Rede sein: Aktien von Öl-, Atomkraft,- und Kohlekonzernen seien genauso die Regel wie Rüstungsunternehmen oder Multis, denen Steuerhinterziehung vorgeworfen werde.