Die Bankenverbände fremdeln noch

Positionierungen zur Automatisierung durch Roboter bergen Fallstricke

Die Bankenverbände fremdeln noch

Von Bernd Neubacher, FrankfurtDen kreditwirtschaftlichen Verbänden in Deutschland fällt es noch sichtlich schwer, zu Trends wie Robotic Process Automation (RPA) und Chatbots klar Stellung zu beziehen, wie eine Umfrage der Börsen-Zeitung zutage fördert. Am weitesten lehnt sich noch der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) aus dem Fenster, aus dessen Statement das Bemühen spricht, bei aller Aufregung um RPA die Kirche im Dorf zu lassen: “Letztlich handelt es sich bei RPA um einen weiteren, nicht gänzlich neuen Ansatz, Prozesse End-to-End zu automatisieren”, heißt es. Während bewährte Prozessautomatisierung auf der Integration von Systemschnittstellen im Back-End basiere, werde RPA unabhängig von diesen Systemschnittstellen angewandt, wird mitgeteilt. “Die genossenschaftliche Finanzgruppe beobachtet die Entwicklung rund um RPA, setzt aber zunächst weiterhin auf eine kluge Integration über Back-End-Schnittstellen.”Auch andernorts ist von frohem Vordringen in die schöne neue Welt des Roboter-Banking noch nicht viel zu spüren. “Wir können das noch nicht abschließend abschätzen”, teilt etwa der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), gebeten um eine Einschätzung, mit. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) schickt ein Statement des Sparkassen-IT-Dienstleisters Finanz Informatik (siehe Artikel auf dieser Seite), und beim Bundesverband deutscher Banken (BdB) heißt es, ab Herbst wolle man sich verstärkt mit diesen Themen befassen.Dass sich die Verbände nur bedingt sprechfähig zeigen, liegt nicht nur daran, dass RPA mancherorts als ein von findigen Beratern geprägtes Schlagwort eingeordnet wird, erfunden, um mit ihm Aufträge an Land zu ziehen. Teilweise tun sich die Organisationen tatsächlich schwer, sich einen Überblick zu verschaffen. Denn wenn jede Bank prüft, wie RPA in ihr Geschäftsmodell passen könnte, auch um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen, wird sie ihre Erkenntnisse nicht unbedingt auf Verbandsebene breittreten wollen. Leiser AuftrittWeitere Überlegungen lassen es Banken und deren Verbänden ratsam erscheinen, erst einmal leise aufzutreten, anstatt mit großen Ankündigungen auf den Markt zu gehen. Zwar spricht manches dafür, dass robotergesteuerte Prozessoptimierung Folgen haben kann für interne Prozesse, für Kundenaktivitäten sowie für das Verhältnis zur Aufsicht. Voreilige Positionierungen aber bergen Fallstricke.So könnte RPA es Instituten einerseits ermöglichen, aus Kostengründen ausgelagerte Aktivitäten wieder ins Haus zu holen, wie ein Marktbeobachter erläutert. Andererseits könnten entsprechende Ankündigungen allgemeiner Art aber die jeweiligen Outsourcing-Anbieter, im Lager der Sparkassen etwa die verbundeigene Finanz Informatik, bei den Genossen Fiducia, vor den Kopf stoßen – noch dazu ohne Not, sollte sich herausstellen, dass Insourcing fürs Erste gar nicht möglich ist oder sich je nach Einzelfall eben doch nicht lohnt. Überdies bewegen sich Banken bei Aus- und Einlagerungen schnell aufsichtsrechtlich auf vermintem Gelände. Das ist gerade schwer in Bewegung. So stellte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im März ein Rundschreiben “Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT” zur Konsultation. Darüber hinaus will die BaFin Anforderungen hinsichtlich des IT-Notfallmanagements und der Cybersicherheit vorlegen. Noch bis Ende dieser Woche läuft zudem eine Konsultation der European Banking Authority (EBA) zu Leitlinien für die Nutzung von Cloud-Diensten.Da RPA auch via Cloud stattfinden dürfte, wären Banken schlecht beraten, Tatsachen zu schaffen, solange der regulatorische Rahmen noch unklar ist, heißt es in der Branche. Zudem ergäben sich mit dem Einsatz eines Cloud-Dienstleisters wie schon bei Auslagerungen Fragen der Provider-Steuerung. Selbst bei verbandsnahen Insourcern sei dies ein großes Thema, berichtet ein Marktbeobachter. Häufig stehe auf dem Papier ein Ideal, dem Banken in der Praxis “unterschiedlich gut” näher kämen. So erwiesen sich aufsichtsrechtliche Vorgaben an den Outsourcer zuweilen als “nicht durchgängig durchsetzbar”. Gelegentlich fragten sich Aufseher daher, wer eigentlich wen steuere – die Bank den Insourcer oder umgekehrt. Dies sei umso eher ein Problem, je größer der Outsourcing- oder Cloud-Anbieter sei. Banken, die gerade eine Transformation oder Restrukturierung durchlaufen, warten ohnehin besser zunächst ab, wie es in der Branche heißt. Denn die Software-Landschaft müsse Bestand haben, bevor sich eine Bank RPA zuwende.