Die Belastungen werden steigen

Das Institut der Wirtschaftsprüfer ändert seine Vorgaben zur Kalkulation von Pauschalwertberichtigungen

Die Belastungen werden steigen

Deutschen Banken stehen höhere Belastungen durch Pauschalwertberichtigungen ins Haus. Der Grund: Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW), das die Erwartungen der Zunft an die Bilanzierung formuliert, ändert seine Vorgaben. Künftig soll dem Blick nach vorne eine stärkere Bedeutung zukommen. Von Bernd Neubacher, FrankfurtAuf Deutschlands Banken kommt ein bilanziell bedingter Anstieg ihrer Pauschalwertberichtigungen zu. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) plant, seine Vorgaben zur Kalkulation dieser Korrekturposten methodisch den internationalen Bilanzierungsgepflogenheiten anzugleichen. Dies machen Burkhard Eckes, Vorsitzender des Bankenfachausschusses des IDW und Partner Banking & Capital Markets Leader bei PwC, und Klaus-Peter Feld, geschäftsführendes IDW-Vorstandsmitglied, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung deutlich. “Erste Berechnungen zeigen, dass die Neuregelung einen Anstieg der Pauschalwertberichtigungen nach sich ziehen wird”, erklärt Eckes.Jegliche Angleichung der Bilanzierung hierzulande an die internationalen Regeln ist ein sehr heißes Eisen. Denn seit Einführung der europäischen Bankenaufsicht Ende 2014 befürchten die kleineren Banken in Deutschland, nicht ganz zu Unrecht, man wolle ihnen sukzessive die Bilanzierung nach HGB madig machen und ihnen stattdessen IFRS oktroyieren. In Zeiten niedriger Zinsen und steigenden Regulierungsaufwands schmerzt die Banken ohnehin jegliche Mehrbelastung.Eckes und Feld zufolge führt an der Neuerung dennoch kein Weg vorbei. Sie verweisen darauf, dass der momentan gültige Standard zur Bildung von Pauschalwertberichtigungen bereits 28 Jahre alt sei. Vor dem Hintergrund, dass Banken heutzutage weitaus mehr Daten zur Verfügung stünden wie damals, liege es auf der Hand, den Standard zu modernisieren, argumentieren sie. Diesen Zusammenhang lassen laut Feld auch die Banken gelten: “Da gibt es auch ein Bewusstsein, dass man da etwas tun muss.”Dient Banken bisher die Historie der zurückliegenden fünf bis zehn Jahre oder gar die Steuerbilanz als Basis für die Bildung ihrer Pauschalwertberichtigungen, so soll künftig dem Blick nach vorn eine stärkere Bedeutung zukommen: Das IDW regt an, dass dabei der erwartete Verlust auf Zwölfmonatssicht im Regelfall eine Untergrenze darstellen solle. Ausnahmen seien indes möglich. Das Regelwerk Basel III schreibt Banken ohnedies vor, den erwarteten Verlust auf Sicht von zwölf Monaten zu schätzen. Parallele zu IFRS-StandardDie Stoßrichtung des IDW kommt nicht von ungefähr, denn nach den internationalen Rechnungslegungsregeln IFRS bilanzierende Banken müssen in ihrem Abschluss für 2018 erstmals den neuen Standard IFRS 9 berücksichtigen. Dieser macht Wertberichtigungen nicht mehr von bereits erlittenen Verlusten, sondern von den erwarteten Belastungen abhängig.Auf diese Weise entsteht für Deutschlands Banken auch das Potenzial für steigende Pauschalwertberichtigungen: Gerade in den vergangenen Jahren ist die Konjunktur derart rund gelaufen, dass viele Institute Wertberichtigungen nach einem Blick in den Rückspiegel nicht nur gar nicht erst gebildet, sondern vielmehr aufgelöst haben. Was wunder, dass der Blick nach vorne da kaum ein besseres Bewertungsergebnis verspricht.Untersuche man die Folgen der Reform nicht auf Basis der Abschlüsse für 2017, sondern vielmehr auf jener von 2013, falle der Anstieg der Pauschalwertberichtigungen denn auch deutlich glimpflicher aus, berichtet PwC-Partner Eckes. “Besser, man passt die Bildung der Wertberichtigung jetzt, in einer guten Phase, an, als später, wenn die Wirtschaftslage vielleicht schwieriger geworden ist”, erklärt Feld. Nach einem Anstieg der Pauschalwertberichtigungen infolge der Reform würden die Banken im Falle einer konjunkturellen Eintrübung freilich über einen größeren Puffer verfügen, argumentiert Eckes.Der Gleichlauf mit der Reform der internationalen Bilanzierungsregeln würde nach IFRS berichtenden Banken die Rechnungslegung erleichtern. Denn sie könnten sich bei der Bildung von Pauschalwertberichtigungen für den HGB-Einzelabschluss auf ihre Berechnungen nach IFRS 9 stützen. “Nur diejenigen, die es ohnehin nach IFRS 9 ermitteln, sollen es in den HGB-Abschluss übernehmen können”, sagt Feld. “Bei anderen Banken wird es sicher einen Umstellungseffekt geben.”Entsprechend unterschiedlich fällt Feld zufolge bislang auch die Resonanz auf den Vorstoß aus. Großbanken wollen die Änderung gerne übernehmen, wie es heißt. Kleinere Institute hingegen werfen schon einmal die Frage auf, ob das IDW, das die Erwartungshaltung der Prüferzunft an die Bilanzierung formuliert, nun “IFRS für alle” einführen wolle. Diskussion mit BankenEckes zufolge wird die Neuerung, die das IDW ein halbes Jahr lang zur Konsultation stellen will, schon seit längerem mit Banken diskutiert. “Wir gehen davon aus, dass das Konsens finden wird”, sagt er.Im Sommer kommenden Jahres soll der Standard stehen. Gelten soll er für Abschlüsse ab dem Geschäftsjahr 2020. Banken könnten also 2020 abrupt umstellen oder die Reform je nach Ertragslage schon zuvor sukzessive einführen, wie es heißt.Die breite Mehrheit der Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken, die ausschließlich nach HGB bilanziert, wird nicht gezwungen, zur Ermittlung pauschaler Wertberichtigungen den Expected Loss nach IFRS 9 zu ermitteln, wie Eckes und Feld betonen. Diese Institute sollen sich vielmehr ihrer Modelle zur internen Banksteuerung bedienen, wie Eckes erläutert. Die von den Instituten für Forderungen jeweils ermittelte Risikoprämie drücke eine bestimmte Risiko-Einschätzung aus, die als Basis für die Schätzung des künftigen Verlusts dienen und in der Pauschalwertberichtigung berücksichtigt werden solle.Dem IDW gehe es grundsätzlich darum, dass Banken die Berechnung an den erwarteten Belastungen ausrichten, sagt Feld, der abgesehen davon weitgehend Methodenfreiheit zusagt. In begründeten Fällen sei auch künftig eine pauschale Wertberichtigung von null denkbar, sekundiert Eckes.Allerdings macht er zugleich deutlich, dass ihm die Praxis mancher Institute, die Berechnung kurzerhand an ihrer Steuerbilanz auszurichten, nicht so ganz schmeckt, und dies nicht nur deswegen, weil die Korrekturposten dann gewöhnlich niedriger ausfallen, sondern auch aus methodischen Gründen. Pauschalwertberichtigungen sollten latente Risiken abbilden. Die steuerliche Methodik aber habe “keine nachvollziehbare wirtschaftliche Begründung”, erinnert er an die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung.