Die Commerzbank verkauft das Tafelsilber

Management plant Veräußerung der MBank - Konzern baut gut 4 000 Stellen ab - 200 Filialen schließen

Die Commerzbank verkauft das Tafelsilber

bn Frankfurt – Die Commerzbank verkauft ihr Tafelsilber. Im Zuge einer strategischen Neuausrichtung will das Institut die Mehrheit an der polnischen Tochter MBank abgeben, wie es vor dem Wochenende mitteilte. Zugleich kündigte der Konzern an, den Online-Broker Comdirect aufs Mutterhaus zu verschmelzen, rund 200 Filialen (also rund jede fünfte) zu schließen sowie 4 300 Vollzeitstellen (also jede zehnte) ab- und dabei rund 2 000 Vollzeitstellen wieder aufzubauen.Am Aktienmarkt verpufften diese Nachrichten mehr oder weniger. Mit 5,72 Euro gingen die Titel der zweitgrößten Privatbank Deutschlands 0,4 % fester aus einem allerdings schwachen Gesamtmarkt. Die Übernahme der Comdirect, deren Aktionären die Mutter eine Prämie von 25 % bieten will, gilt am Markt dabei bereits als ausgemacht. Die Titel der Quickborner Gesellschaft schossen um 25,7 % in die Höhe, was ihren Börsenwert auf 1,6 Mrd. Euro erhöhte. Die Konzernmutter, die bereits 82 % der Anteile hält, müsste demnach rund 290 Mill. Euro für die ausstehenden Aktien bezahlen. MBank-Titel verloren 0,8 %.Eigentlich hatte das Management erst in der neuen Woche über den Umbau informieren wollen. Nachdem aber das “Handelsblatt” über eine Veräußerung der MBank berichtet hatte, machte das Institut die Pläne früher publik, betonte aber, dass die Vorschläge des Vorstands erst noch im Aufsichtsrat erörtert und beschlossen werden müssen.Mit seinem “Strategieprogramm Commerzbank 5.0” reagiert der unter Ertragserosion und einem Verfall des Aktienkurses leidende Konzern auf die Folgen des Zinstiefs und der Digitalisierung. Die Umsetzung will er sich insgesamt rund 1,6 Mrd. Euro kosten lassen. Davon entfallen 750 Mill. Euro auf Investitionen in Digitalisierung, IT-Infrastruktur und Wachstum – wie Chief Operating Officer Jörg Hessenmüller jüngst angekündigt hatte, will die Bank ihre Informationstechnik (IT) und auch ihre Anwendungssoftware durch eine Modularisierung nach dem Baukastenprinzip gestalten sowie verstärkt Cloud-Angebote nutzen. Im Privatkundengeschäft schwebt dem Management ein Ausbau des Mobil-Kanals vor. Im lahmenden Firmenkundengeschäft will der Konzern den Vertrieb insbesondere im deutschen Mittelstand verstärken, wie mitgeteilt wird. Höher als die Investitionen schlagen mit 850 Mill. Euro die Restrukturierungskosten für den Stellenabbau und für die Einschnitte im Filialnetz zu Buche.Bezahlen will die Bank den breit angelegten Umbau mit dem Erlös aus dem MBank-Verkauf, der dem Konzern gemessen an dessen Anteil von 69,5 % umgerechnet gut 2 Mrd. Euro in die Kassen spülen könnte. Die der Privatkundensparte zugeordnete Tochter gilt als Ertragsperle im Konzern. Im ersten Halbjahr trug sie mit 130 Mill. Euro knapp ein Viertel zum operativen Konzernergebnis bei und kam auf eine operative Eigenkapitalrendite von knapp 12 %. Einer Veräußerung müssten die Behörden noch zustimmen, teilt die Commerzbank mit, die am Freitag für 2023 mit “mehr als 4 %” zugleich ein Renditeziel ausrief, das ein Drittel unter jenem für 2020 liegt, welches die Bank im Februar kassiert hatte. – Berichte und Kommentar Seite 3