Die Deutsche Bank bereinigt rigoros ihre Bilanz
bg Frankfurt – Knapp 100 Tage im Amt, hat Deutsche-Bank-Co-Chef John Cryan noch vor Bekanntgabe detaillierter Umbaumaßnahmen Ende Oktober die Bilanz des Konzerns umfassend bereinigt. Im dritten Quartal werden negative Einmaleffekte von 7,6 Mrd. Euro verbucht, wobei der Löwenanteil mit 5,8 Mrd. Euro auf Abschreibungen von Firmenwerten im Investment Banking und im Privatkundengeschäft entfällt. Cryan nannte in einem Schreiben an die Mitarbeiter die Akquisitionen von Bankers Trust und Postbank, die “für mehr als den Marktwert der entsprechenden Nettovermögenswerte” erworben wurden.In Summe führen die Maßnahmen zu einem Netto-Quartalsverlust von 6,2 Mrd. Euro, was den Fehlbetrag für die ersten neun Monate auf 4,8 Mrd. Euro stellt. Damit dürfte die Bank das laufende Geschäftsjahr mit einem Milliardenverlust abschließen, könnten im Schlussabschnitt doch weitere Sonderlasten hinzukommen. Denn sobald mit den Arbeitnehmervertretern Einverständnis über den bevorstehenden Stellenabbau herrscht, können die dafür erforderlichen Rückstellungen gebildet werden. Über die Details der Restrukturierung will die Deutsche Bank am 29. Oktober informieren.Angesichts des hohen Sonderaufwands zur Umsetzung der Strategie 2020 kündigte Cryan an, dass der Vorstand eine Reduzierung oder den kompletten Ausfall der Dividende vorschlagen werde. Strengere regulatorische Vorschriften nagen an der Kapitaldecke des größten deutschen Kreditinstituts. Auch schraubt die EZB ihre individuellen Kapitalanforderungen an Banken nach oben. Währenddessen fielen bei der Deutschen Bank im dritten Quartal erneut hohe Rückstellungen für Rechtsrisiken an, in Höhe von 1,2 Mrd. Euro.Um sich hier ein wenig Beinfreiheit zu bewahren, hält sich Cryan zum einen die Option offen, Abstriche bei der Dividende vorzunehmen, obwohl zum Halbjahr für Ausschüttungen an Aktionäre und Hybridpapierinhaber bereits 1,2 Mrd. Euro ergebniswirksam abgegrenzt wurden. Zum anderen macht Cryan in seinem Mitarbeiterbrief deutlich, dass die variable Vergütung in der Gemengelage nicht unantastbar ist. Er wolle “einen fairen Ausgleich zwischen Mitarbeiter- und Aktionärsinteressen” finden, kündigt er an. Denn die Anteilseigner würden zu Recht erwarten, “dass die Mitarbeiter einen Teil der Belastung tragen”.Cryan ist mit seinem Maßnahmenbündel sichtlich um Handlungsfähigkeit bemüht, muss die Bank neben der Beseitigung von Altlasten doch ausreichend Mittel vorhalten, um in die Modernisierung des Geschäfts zu investieren. Ob die Deutsche Bank dafür erneut den Kapitalmarkt anzapfen muss, darüber gehen die Einschätzungen unter den Analysten auseinander. Bei Credit Suisse steht Medienangaben zufolge unterdessen wohl eine Kapitalerhöhung über 5 Mrd. sfr an. Am Aktienmarkt wurde die eigentlich pechschwarze Deutsche-Bank-Nachricht mit Gelassenheit registriert. Die Aktie notierte am Donnerstag lange im Plus, bevor sie mit einem Minus von 1,8 % aus dem Handel ging.—– Schwerpunkt Seite 2- Leitartikel Seite 8