Die Gier nach Geld und Macht
Von Michael Flämig, MünchenFondsmanager handeln “unehrlich und skrupellos”. Wer dies behauptet, muss nicht mehr auf Politiker der Partei “Die Linke” zurückgreifen. Er kann Bill Gross zitieren. Der “Anleihekönig”, der einst die US-Fondsgesellschaft Pimco zu Ruhm führte und nun Janus Capital leitet, greift seine Ex-Kollegen in einer Schadenersatzklage frontal an. Die “Intriganten” unter der Führung des heutigen Pimco-Chefs Daniel Ivascyn hätten ihn vertrieben aus “Macht- und Geldgier und dem Wunsch, ihre finanzielle Situation und Reputation aufzuwerten auf Kosten der Anleger und des Anstands”. Ziel sei es gewesen, den Boni-Anteil von Gross unter sich aufzuteilen. Dafür fordert der Manager – sein Vermögen wird auf 2 Mrd. Dollar geschätzt – mindestens 200 Mill. Dollar vor einem kalifornischen Gericht, die er dann spenden will (vgl. BZ vom 9. Oktober).Der Gross-Angriff bietet einen beispiellosen Einblick in die Topetage der Industrie, aber auch in die Denkstruktur des früheren Anleihegurus. Mit Missbehagen werden die Anleger registrieren, dass Gross seinen Widersachern implizit bescheinigt, die Kundschaft regelrecht auszunehmen. Ivascyn habe saftige Gebühren verlangt, heißt es. Typischerweise habe der heutige Pimco-Investmentchef – damals verantwortlich für ertragreichere alternative Investments – nicht nur bis zu 20 % des Anlagegewinns einbehalten, sondern auch bis zu 2 % des angelegten Vermögens abgeschöpft: “Das war weit mehr als die üblichen 50 Basispunkte (0,5 %)”. Brent Harris als Investmentfondschef, den Gross als einen der wichtigsten Ivascyn-Verbündeten charakterisiert, sei besonders stolz auf seine Bemühungen gewesen, die Gebühren für Fonds in die Höhe zu treiben, “indem er sie erfindungsreich als ,Verwaltungsaufwand` kennzeichnete”.Die 19-seitige Klage gibt erstmals einen beglaubigten Einblick in die exorbitante Bezahlung bei Pimco. Ein Anhang enthält den Vertrag, der die Boni festzurrt. Demnach werden – neben Gehältern und Pimco-Anteilen sowie sonstigen Boni und Halteprämien – 30 % des operativen Gewinns an die Managing Directors ausgeschüttet. Dieser Kreis aus aktuell gut 60 Personen kassierte für das vorvergangene Jahr 1,3 Mrd. Dollar. Damals lag der operative Pimco-Gewinn bei 2,7 Mrd. Euro. Ein Fünftel des Pimco-Bonus ging an Gross. Es seien 300 Mill. Dollar gewesen, so die Klage.Trotz dieser Beträge kämpfen die Pimco-Manager intensiv um jede Million. Die Klage von Gross beruht unter anderem darauf, dass er am 26. September 2014 Pimco verließ, aber trotz entsprechender brieflicher Forderung keine Boni für das fast abgelaufene Quartal erhielt. Im Machtkampf mit dem ehemaligen Pimco-Vorstandschef Mohamed El-Erian spielte ein Teil des Bonus von 50 Mill. Dollar für das erste Quartal 2014 laut Klage ebenfalls eine Rolle.Gross greift auch den früheren Allianz-Chef Michael Diekmann an. Er wirft ihm Wortbruch vor. Auf Basis der vorbereitenden Verhandlungen von Ex-Allianz-Vorstand Joachim Faber und des früheren Pimco-Chefs Bill Thompson habe Diekmann am Morgen des 18. September – im weiteren Verlauf wird der Tag als 25. September bezeichnet – vorgeschlagen, Gross solle als Investmentchef zurücktreten, aber ein Zehntel seiner Assets weiter verwalten. Dies habe er akzeptiert. Bis zu einem Termin mittags hätten die anderen Manager Diekmann überstimmt und einen nicht akzeptablen Vorschlag präsentiert. Gross versäumt nicht darauf hinzuweisen, dass Diekmann als Vertreter des Eigners Allianz die Kontrolle über Pimco gehabt habe. ——–Die Klage von “Anleihekönig” Gross lässt tief blicken – die Fondsbranche steht am Pranger——-