"Die jungen Leute rennen uns um"
– Herr Prof. König, der Finanzplatz Frankfurt sei international nicht wettbewerbsfähig, weil es ihm, etwa im Vergleich zu London, an der notwendigen intellektuellen Infrastruktur fehle, wurde früher regelmäßig kritisiert. Heute gibt es das House of Finance, die Frankfurt School und viele Fachinstitute. Im Umkreis gibt es die WHU, die European Business School oder die Uni Mannheim. Haben wir deutlich aufgeholt?Ja, auf jeden Fall. Wenn Sie die heutige Situation mit der vor 20 Jahren vergleichen, wird deutlich, dass sich vieles positiv entwickelt hat. Allerdings war man andernorts auch nicht untätig. Schauen Sie, was gerade in der Schweiz stattfindet. Dort verfolgt man offenbar einen Masterplan in Sachen Finance und Financial Economics. Die Gründung des Swiss Finance Institute ist ein sichtbares Zeichen dieser Strategie.- Wozu dient es?Dieses Institut verschafft den Schweizer Universitäten die Möglichkeit, im Bereich Finance internationale Fach- und Topleute zu berufen. Die sind so teuer, dass sie in keinen normalen Universitätshaushalt passen. Das Institut übernimmt dabei sozusagen die Differenz. Dazu ist es mit einer ordentlichen Menge Geld, 75 Mill. sfr, ausgestattet. Zudem kann es als “verbrauchende” Stiftung nach Schweizer Recht seine Stiftungsmittel innerhalb von zwölf bis 15 Jahren verbrauchen – das wären im vorliegenden Fall allein aus diesem Finanzierungskanal 5 bis 7 Mill. sfr pro Jahr zuzüglich der Zinserträge. Parallel dazu hat eine Schweizer Großbank 100 Mill. sfr für die Züricher Volkswirtschaftslehre bereitgestellt. Beide Initiativen wirken offenbar in die gleiche Richtung – und das mit Nachdruck.- Und ein solcher Masterplan fehlt in Frankfurt?Es gibt Häuser, die mit Blick auf den Wissenschaftsstandort langfristig denken. Es ist aber daneben auch ein Klein-Klein zu beobachten.- Das heißt, die große Konkurrenz ist heute nicht mehr London, sondern die Schweiz?Die Londoner Konkurrenz ist immer noch da, und ihre schiere Mitarbeiteranzahl sowie ihr auch hieraus erwachsendes Niveau ist für uns ebenso wie für die Schweiz weit entfernt, aber die Schweizer spannen stark die Muskeln an, die Distanz zu London zu überwinden. Auch Österreich holt massiv auf. Die Wirtschaftsuniversität Wien wird derzeit für gut eine halbe Mrd. Euro neu gebaut. Die WU Wien hat mehr als 25 000 Wirtschaftsstudenten – etwa fünf Mal so viele, wie im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität studieren. Auch dort geht der Staat offensichtlich in die Vollen.- Wie äußert sich denn das Klein-Klein – lediglich in der Summe oder auch im Denken?Wie gesagt: An wichtigen Stellen wird auch bei uns größer gedacht, sonst gäbe es beispielsweise den wunderbaren Campus Westend und das House of Finance heute nicht. Insbesondere die Landesregierung nimmt ordentlich Geld in die Hand, um Entwicklungen anzustoßen und zu begleiten. Daneben haben sich viele große Bankhäuser, die Börse, einzelne Finanzdienstleister wie auch Zulieferunternehmen substanziell engagiert – und dafür sind wir sehr dankbar. Dennoch: Einige Institutionen der Finanzwelt scheinen der Meinung zu sein, ihr tägliches Geschäft hätte mit Wissenschaft wenig oder nichts zu tun. Dagegen geht man in der Schweiz von der Devise aus: “Wenn wir relativ zu den großen Finanzplätzen einige Stärken verloren haben, dann müssen andere Bereiche dafür sorgen, dass der Finanzplatz weiter attraktiv bleibt.” Dabei steht der Wissensbereich ganz oben.- Wie viel Geld haben Sie in Frankfurt zur Verfügung?Im House of Finance arbeiten 30 Professuren in den Bereichen Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftlehre und Recht mit insgesamt rund 120 Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir setzen pro Jahr 15 Mill. Euro um. Davon werden ca. 40 % durch die Grundausstattung der Universität, also im Kern durch das Land, gedeckt, 60 % kommen aus dritten Händen, etwa Forschungsförderungen, Zuwendungen von Unternehmen und Privatpersonen, dritte Stiftungen etc. Im letzten Jahr hat die Universität darüber hinaus als langfristige Sicherung die House-of-Finance-Stiftung gegründet. Für sie haben wir bislang rund 20 Mill. Euro an Zusagen erhalten. Darunter sind 12 Mill. Euro frei verfügbare Gelder, die zum größeren Teil von der Deutschen Bank sowie von der Deutschen Vermögensberatung DVAG kommen, und zwar über einen Zeitraum von mehreren Jahren gestaffelt. In die 20 Mill. Euro eingerechnet sind auch drei Stiftungsprofessuren von der DekaBank, der DZ Bank und der Helaba. Das bedeutet: Die Barmittel der Stiftung liegen derzeit im mittleren einstelligen Millionen-Bereich.- Ist Besserung in Sicht?Von 2013 an wird es einen massiven positiven Schub geben: Wir haben im Loewe-Programm, der hessischen Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, für die Laufzeit von zunächst drei Jahren 13 Mill. Euro bewilligt bekommen. Damit wird das neue Forschungszentrum Sustainable Architecture for Finance in Europe (Safe) finanziert, das Anforderungen und Lösungen für einen optimalen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte und ihre Akteure erforschen soll. Neben der Forschung soll auch der Dialog mit den Entscheidungsträgern aus dem öffentlichen Raum – Parlamentariern, Regierungsmitgliedern, Regulierungsbehörden, Zentralbanken – ausgebaut und systematisiert werden. Die Förderung kann anschließend noch einmal für weitere drei Jahre verlängert werden.- Sie bemängeln am Finanzplatz Frankfurt aber weniger das finanzielle Engagement des Staates als die geringen Zuwendungen seitens der Finanzwirtschaft.- Wir erhalten vielfältige Unterstützung, die sehr wertvoll ist und uns substanziell hilft, die Aufholjagd gegenüber den großen internationalen Konkurrenten zu bestreiten. Wir müssen aber auch sehen, dass unsere Nachbarn massiv aufrüsten und dabei – finanziell wie auch ideell – unterstützt werden von einer Art nationalem Plan zum Ausbau der Wissenschaftswelt.- Ist die Branche vielleicht deswegen so zurückhaltend, weil sie durch die Krise andere Probleme hat?Das mag in manchem Kopf durchaus eine Rolle spielen. Aber die große Spende nach Zürich kommt auch von einer Bank, die schwierige Zeiten durchlebt.- Aber wenn die Summen aus der Privatwirtschaft noch größer werden sollen – besteht nicht auch die Gefahr, dass sich die Wissenschaft abhängig macht?Wir haben an der Goethe-Universität gute Vorkehrungen getroffen, die das Verhältnis zu unseren Financiers regeln. Es gibt einen Stiftungskodex, der vorschreibt, wie mit Drittmitteln umzugehen ist. Sie dürfen zum Beispiel eben nicht dafür eingesetzt werden, selektive Forschung zu betreiben. Bei der Einrichtung der House-of-Finance-Stiftung hat gerade die Finanzwirtschaft nachdrücklich darauf gedrungen, dass wir ja weiter unsere Unabhängigkeit wahren sollen.- Im Prinzip kritisieren Sie Ihre eigenen früheren Studenten, wenn Sie heute über zu wenig finanzielle Zuwendungen der Finanzbranche klagen.Mit Blick auf die erwähnten Institutionen, die die Bedeutung der Wissenschaft für den Standort nicht sehen, stimmt das. Aber es geht mir weniger um Kritik an sich als um das Befördern einer Diskussion, wie wir gemeinsam Frankfurt als Finanzplatz und Wissenschaftsstandort weiterentwickeln können.- Da haben Sie offenbar etwas falsch gemacht, wenn Sie Ihre einstigen Studenten heute kritisieren.Aus heutiger Sicht muss man das so sehen. Die heutigen Führungskräfte haben aber vor 20 oder 30 Jahren studiert und dabei die damaligen Strukturmuster “aufgesogen”. Ihnen ist nicht klar – und wir haben es noch nicht ausreichend verdeutlicht -, welche massive Veränderung sich seither im Forschungsumfeld vollzogen hat und was dies für die Stellung der Wissenschaft in ihrem Unternehmen und in der Gesellschaft bedeutet. Die Kernbotschaft für eine hoch entwickelte Volkswirtschaft wie die deutsche lautet: Ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil kann nur durch (saubere) Wissenschaft entstehen.- Inwiefern unterscheidet sich die heutige von der damaligen Universitätswelt?Tatsächlich haben sich die deutsche Universitätswelt und insbesondere die wirtschaftswissenschaftliche Forschung in den letzten 20 Jahren massiv verändert. Damals hat man – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Forschungsergebnisse in Deutsch und ohne ernste externe Qualitätskontrolle veröffentlicht. Heute haben wir ein internationales Qualitätsregime für Forschungsergebnisse. Faktisch alle Publikationen sind in Englisch geschrieben und werden von ausgewiesenen Fachkollegen doppelt blind beurteilt. Seilschaften werden in diesem System massiv reduziert. Auch bei Berufungen sind in Spitzenuniversitäten inzwischen internationale Gutachten gängig – ganz anders als in der damaligen “Deutschland AG”.- Sie haben die Veränderungen im Bereich der Forschung beschrieben. Was hat sich in der Lehre verändert?Eine ganze Menge. Der Generalumschwung in der Lehre macht sich fest am Bachelor-Master-System, das das alte Diplom abgelöst hat. Das Studium ist damit zielorientierter geworden, die Arbeitsbelastung sehr viel höher. Viele in meinem Alter sagen ja, das Studium sei früher besser gewesen, man habe während des Studiums noch Zeit gehabt, die Welt zu verbessern und die jungen Leute von heute seien ja so angepasst.- Sie sehen das anders?- Das Diplom hatte früher einen Mindestdurchlauf von acht Semestern. In der Praxis dauerte hier in Frankfurt das Studium im Schnitt zwölf Semester, häufig kamen noch Urlaubssemester dazu. Damals haben wir 800 Studenten pro Semester aufgenommen, also 1 600 im Jahr. Wenn die im Schnitt zwei Jahre zu spät ausgebildet waren, kommen für jeden Studentenjahrgang jedes Jahr locker 1 000 Mannjahre Aufwand zur Weltverbesserung heraus. Und das nur im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Uni Frankfurt. Wenn wir das hochrechnen, hätten die Studenten damals problemlos große Teile Deutschlands umbauen können.- Und an dem Angepasstsein ist nichts dran?Die jungen Leute von heute sind anders. Sie gehen funktionaler an das Studium heran und kommen nach einer sehr guten Ausbildung zwei Jahre früher in den Job. Natürlich fordert der intensivierte Studienablauf mehr Disziplin als früher. Aber einige unserer Absolventen verwenden von den gesparten zwei Jahren ein halbes Jahr, um eine Weltreise zu unternehmen, andere absolvieren ein soziales Jahr. Das sind auch wertvolle Grundlagen für eine Weltverbesserung. Zwölf Semester an der Universität für ein Erststudium können wir uns als Volkswirtschaft im starken und zunehmenden weltweiten Wettbewerb nicht mehr leisten. Auch der Lehrbetrieb orientiert sich heute an internationalen Standards und tickt völlig anders.- Die durchschnittliche Studiendauer heute beträgt?Sechs Semester Regelstudienzeit bis zum Bachelor – oftmals ergänzt um ein Überlaufsemester. Und der inhaltliche Abstrich gegenüber dem alten Diplom ist minimal, vielleicht 6 oder 7 %. Wir sprechen also von gut 40 % Zeiteinsparung gegenüber der Regelstudienzeit vor 20 Jahren.- Und der frühere Vorwurf, das deutsche Studium sei zu theorielastig – ist der Praxisbezug heute besser?Die Frankfurter Wirtschaftswissenschaften haben sich schon immer als theoriebasiert verstanden – nur so können wir Studenten ein einigermaßen nachhaltiges Wissen vermitteln -, aber mit enger Verbindung zur Praxis. In vielen Lehrveranstaltungen gibt es zwei bis vier Gastvorträge von Leuten, die aus der Wirtschaft kommen. Darüber hinaus bringen die jungen Leute meist schon Wirtschaftspraxis durch Praktika oder Lehre mit. Insgesamt hat die Qualität der Lehre massiv zugenommen, und die Auswahlverfahren sind deutlich rigider als früher. Wir haben im Bachelor ein Verhältnis von Bewerbern zu Studienplätzen von 15 zu 1. Dieses Verhältnis war vor 20 Jahren 1,3 zu 1.- Zurück zur Krise: Können Sie sich vorstellen, dass Sie hier Banker ausbilden, die keiner mehr braucht?Nein. Der Bedarf ist weiterhin riesengroß. Die jungen Leute rennen uns um. Und das Intelligenteste, was wir machen können, ist, aus der Spur zu treten, damit sie schneller vorankommen. Die sind einfach viel besser ausgebildet als wir zum vergleichbaren Zeitpunkt damals.- Dennoch ist unbestritten, dass die Reputation der Branche gegen null tendiert. Die Branche schrumpft, weil Dinge, die Banker gemacht haben, uns mit in die Krise getrieben haben. Das macht sich nicht im Zulauf zum Studium bemerkbar?Nein. Die Bewerberzahlen steigen und die Studenten, die wir ausbilden, kommen auch weiterhin unter. Die jungen Absolventen verdrängen schrittweise diejenigen, die für die Exzesse verantwortlich waren. Die Übernachfrage nach unserem Studium hat sich durch die Krise nicht spürbar verändert.- Gibt es denn vielleicht Selbstzweifel bei den angehenden Bankern hier an der Universität als Folge der Krise?Solche Zweifel merkt man schon. Die Studenten setzen sich mit den aktuellen Geschehnissen auseinander und fragen intensiv nach den Ursachen der Finanzkrise.- Und wie reagiert die Universität darauf? Werden Lehren aus den Fehlern gezogen und halten Einzug in die Ausbildung?Die Finanzkrise und ihre Folgen nehmen in allen finanzfachlichen Lehrveranstaltungen breiten Raum ein. Allerdings sollten Sie nicht vermuten, dass die Universität überall Lösungen parat hätte. Auch wir verfügen nicht über den Stein der Weisen in dieser furchtbaren Gemengelage der Krise. Aber darüber zu diskutieren, hilft den Studenten, einen eigenen Standpunkt zu bilden und neuartige Denkmuster zu konzipieren.- Die Universität hat aber auch etwas falsch gemacht, indem sie die Leute ausgebildet hat, die dann ihr Unwesen getrieben haben.Sicher. Auch um diese Erkenntnis kommt man wohl nicht herum.- Bei aller Kritik von Ihrer Seite, woran es am Finanzplatz Frankfurt heutzutage mangelt – was sind aus Ihrer Sicht wissenschaftlich betrachtet die hiesigen Glanzstücke, mit denen der Finanzplatz im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz punkten kann?Zunächst einmal der massive Aufholprozess der Universitäten in Deutschland, in Frankfurt und im nahen Umkreis. Wir sind als Goethe-Universität 2011 im renommierten internationalen Universitätsranking der Schanghaier Jiaotong-Universität weltweit etwa auf den 100. Rang vorgerückt – dies ist auch die Position unseres Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften in der entsprechenden Rangliste. Da waren wir vor sieben Jahren noch auf Platz 170. Der Aufstiegsprozess ist noch nicht abgeschlossen, aber es gibt weitere Schritte, die uns voranbringen wie das Loewe-Programm.- Gibt es noch weitere Pluspunkte?Das zweite, womit Frankfurt im Verhältnis Wissenschaft zur Finanzbranche glänzen kann, sind Solidität und Stabilität sowie die Verbindung zwischen Finanz- und Realwirtschaft. Hier gibt es noch eine hinreichende industrielle Basis. Diesen Bezug findet man in London und New York kaum mehr. Zwar gibt es auch kritische Stimmen aus der Industrie, aber insgesamt ist doch eine spürbare Bodenhaftung in der deutschen Finanzbranche erkennbar, die anderswo verloren gegangen scheint.- Und wie beurteilen Sie den Austausch zwischen Wissenschaft und Finanzwirtschaft in Frankfurt?Im internationalen Vergleich sehr gut, besser als in den USA oder Großbritannien, wenn man einmal von den dortigen Ivy-League-Universitäten wie etwa Harvard oder Yale absieht. Die amerikanischen Kollegen beneiden uns vielfach um die enge Form der Kollaboration. Wir machen gemeinsame Forschungsprojekte, ehemalige Banker werden Fellows zum Beispiel des Center for Financial Studies (CFS) oder wirken als Praxisvortragende in den Lehrprogrammen mit, wir haben gemeinsame Veranstaltungen sowie regelmäßige Treffen mit EZB und Bundesbank. Das ist wirklich ein sehr enger Austausch. Und von den Professoren im House of Finance sitzt ein Drittel in allen wichtigen wissenschaftlichen Beiräten wie etwa dem der EU-Versicherungsaufsicht EIOPA, der EU-Wertpapieraufsicht ESMA, des Bundesfinanzministeriums und so weiter – nicht zu vergessen die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe im Kanzleramt für die Neuordnung der weltweiten Finanzarchitektur oder in der Liikanen-Gruppe der EU zu Reformierung des Bankensektors.- Mit Amerika gibt es seit 20 Jahren zwischen der Uni Frankfurt und der Wharton School der University of Pennsylvania in Philadelphia ein Austauschprogramm der Professoren, finanziert von der Privatbank Metzler. Dies beinhaltet Forschungsaufenthalte der hiesigen Lehrkräfte an der US-Hochschule, die weltweit als eine der besten Universitäten für die Ausbildung von Führungskräften der Finanzwirtschaft und als hervorragend in der Forschung gilt. Inwieweit hat der Standort Frankfurt davon profitiert?Ganz enorm. Bevor es diesen Austausch gab, waren die Frankfurter Wirtschaftswissenschaften traditionell aufgestellt und hatten nur eine Professur im Bereich Finanzen. Insofern war dieses Förderprogramm des Bankhauses Metzler eine Initialzündung für die Modernisierung des Fachbereichs und die Herausbildung einer eigenen Finance-Abteilung, die heute mit zehn Professuren eine der größten im deutschsprachigen Raum ist. Das House of Finance hat einige “Väter”, wie zum Beispiel den früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und den damaligen Finanzminister Karlheinz Weimar, aber man muss auch ganz klar konstatieren: Ohne Friedrich von Metzler gäbe es unsere Einrichtung nicht.- Insofern kann man festhalten: Frankfurt hat massiv von diesem Austauschprogramm profitiert. Und die Amerikaner? Nehmen sie auch Einflüsse der Frankfurter Wissenschaftswelt mit, oder ist das Programm eine Einbahnstraße? Immerhin ist die Vormacht der USA in der Finanzwissenschaft enorm, da haben es europäische oder gar deutsche Einflüsse schwer.Wir können bei allem noch vorhandenen Nachholbedarf international inzwischen durchaus punkten. So gibt es in der Kooperation zwischen Wharton und Frankfurt auch aus Frankfurt heraus sehr gute Impulse in die USA. Ein Beispiel, das sich aus dem Metzler-Förderprogramm entwickelt hat, ist die sehr enge Kooperation zwischen der amerikanischen Spitzenwissenschaftlerin auf dem Gebiet der Alterssicherung, Olivia S. Mitchell, und dem Top-Mann in der Bundesrepublik, Raimond Maurer, der im House of Finance eine Professur für Investment, Portfolio Management und Alterssicherung bekleidet. Die beiden ergänzen sich in ihren Projekten und publizieren viel miteinander. Ein US-Journal hat ein Paper von den beiden gerade erst wieder unter die zehn weltweit einflussreichsten akademischen Veröffentlichungen im Bereich Altersvorsorge 2011 gewählt.—-Das Interview führten Silke Stoltenberg und Bernd Wittkowski.