Bankenaufsicht

„Die Kommission spielt hier auf Zeit“

Mit ihren Vorschlägen für Übergangsregelungen im Regelpaket Basel III spielt die EU-Kommission auf Zeit, ohne das eigentliche Problem für die Mittelstands- und Wohnimmobilienfinanzierung zu lösen, moniert der Bankenverband.

„Die Kommission spielt hier auf Zeit“

bn Frankfurt

 Für die privaten Banken in Deutschland ist die Auseinandersetzung um den Abschluss der Kapitalregeln Basel III noch nicht beendet. Nachdem die EU-Kommission in ihrem vor zwei Wochen vorgelegten Umsetzungsvorschlag die Forderung der Institute nach einer Saldierung von Kapitalpuffern unberücksichtigt gelassen hat, will sich der Bundesverband deutscher Banken (BdB) dafür einsetzen, dass der sogenannte Parallel Stack Approach, der durch Verrechnung nationaler mit globalen Puffern den mit BaselIII verbundenen Auftrieb des Eigenkapitalbedarfs reduziert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren doch noch Eingang in die EU-Regulierung findet, wie es am Donnerstag in einem Pressegespräch hieß.

Kein gutes Ergebnis

Zum von der Kommission präsentierten 336-Seiten-Paket mit Ergänzungen der EU-Eigenkapitalrichtlinie und -verordnung äußerte sich BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig ambivalent. Auf der einen Seite trägt das Ergebnis seiner Einschätzung zufolge durchaus eine deutsche Handschrift, denn es sieht Erleichterungen in eben jenen Feldern vor, welche deutschen Banken besonders unter den Nägeln brennen, und zwar in der Finanzierung von Mittelständlern ohne externes Rating sowie in der Wohnimmobilienfinanzierung. Zugleich sei es mit den Baseler Regeln vereinbar, und globale Standards seien ein hohes Gut, erklärte er. Andererseits aber sei es „kein gutes Verhandlungsergebnis“, da die Erleichterungen bis 2032 befristet sind. Zudem erkennt Ossig eine generell ungerechtfertigte Schieflage in den Bestimmungen. 

Um den Besonderheiten des europäischen Marktes gerecht zu werden, müssten die Banken zur Eigenkapitalberechnung auf interne Modelle zurückgreifen können, argumentiert er. Deren Wirkung aber setze der nun zur Einführung anstehende Output-Floor, der die internen Modelle dem Kreditrisiko-Standardansatz an­gleicht, außer Kraft. Im Ergebnis sind etwa für Mittelstandsfinanzierungen in Europa, dessen bankfinanzierte Wirtschaft kaum externe Ratings kennt, künftig ein Risikogewicht von 100% vorgesehen, in der kapitalmarktfinanzierten US-Wirtschaft da­gegen, wo diese Bonitätsnoten gang und gäbe sind, nur von 65%, wie er kritisierte – dank Übergangsregelung soll auch in Europa bei hoher Bonität bis 2032 ein Gewicht von 65% möglich sein. Auch seien Finanzierungen von Wohnimmobilien in Deutschland ebenso hoch zu gewichten wie in den Vereinigten Staaten, obwohl Banken in der Bundesrepublik anders als in den USA einen Haftungszugriff sowohl auf das Objekt sowie auf das Vermögen eines Kreditnehmers hätten und die Immobilienpreise in den Vereinigten Staaten im historischen Vergleich deutlich volatiler seien.

„Die Kommission spielt hier auf Zeit“, kommentierte Ossig die befristeten Erleichterungen. Viele Fragen würden nur aufgeschoben. Die europäische Wirtschaft aber brauche jetzt langfristige Lösungen: „Ohne ausreichenden Spielraum in den Bilanzen wird die Transformation der Wirtschaft nicht funktionieren.“ Neben Fragen der Immobilienfinanzierung stellte der Verband insbesondere die Unternehmensfinanzierung als besonders dringliches Thema heraus. Man könnte meinen, das Problem sei nicht dringend, erklärte Michaela Zattler, beim BdB Director Banking Supervision and Regulation. Schließlich schränke der Output-Floor nur interne Modelle an­wendende Banken ein, im Wesentlichen also Landesbanken und die großen Privatbanken.

Ordentlicher Anstieg

Tatsächlich aber finanzierten ge­nau jene Institute die Unternehmen, die den Export prägten, die deutsche Wirtschaft trügen und daher starke Banken mit großen Bilanzen benötigten. Zattler zufolge entfällt in der Finanzierung des Mittelstands ein Volumen von 289 Mrd. Euro auf die privaten Banken, 296 Mrd. entfallen auf die Sparkassen- und 217 Mrd. auf die genossenschaftliche Finanzgruppe. Da europaweit das durchschnittliche Risikogewicht derzeit mit durchschnittlich 42% ge­wichtet werde, stehe damit im Falle von Mittelständlern ohne externes Rating ein Anstieg um 58 Prozentpunkte an. Zattler: „Das ist schon ordentlich.“ Die Übergangsregelung entspanne die Situation freilich. Vor einer Kreditklemme warne man nicht, wurde relativiert.

Die Deutsche Bank hatte der Börsen-Zeitung vor Wochen mitgeteilt, sie werde infolge von Basel III keine Kapitalerhöhung benötigen. Später zeigte sich auch LBBW-Chef Rainer Neske mit Blick auf Basel III recht entspannt. Zattler verwies in diesem Zusammenhang auf Erleichterungen andernorts im Baseler Regelwerk, etwa bei der Bewertung von Derivaten. Als Gretchenfrage bezeichnete sie die Verfügbarkeit externer Ratings. Debatten mit Verbänden zeigten, dass neben hohen Kosten mitunter auch steuerliche Gründe Unternehmen davon abhielten, ein externes Rating einzuholen. Im Zuge eines jüngsten Austauschs mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) habe er bei dessen Mitgliedern „keinen entdecken“ können, „der ernsthaft über ein externes Rating nachdenkt“, sagte Ossig.

Die Vorgaben zur Mittelstandsfinanzierung, aber auch zum Output Floor im Zuge der EU-Gesetzgebung im Sinne des BdB zu beeinflussen, dürfte nicht einfach werden, wie Zattler andeutete. Besonders stark von den Regeln betroffen seien nun einmal vor allem Länder mit bonitätsstarken Unternehmen, etwa in Skandinavien, sowie einer Vielzahl kleinerer Firmen.

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