LEITARTIKEL

Die Konsolidierungskönner

Die vor zehn Jahren in den USA ausgebrochene Subprime-Seuche, die bald zur weltweiten Finanzkrise entartete, hat manchen prominenten Spieler dahingerafft oder zumindest in allerhöchste Lebensgefahr gebracht. Hierzulande gehört neben der Dresdner...

Die Konsolidierungskönner

Die vor zehn Jahren in den USA ausgebrochene Subprime-Seuche, die bald zur weltweiten Finanzkrise entartete, hat manchen prominenten Spieler dahingerafft oder zumindest in allerhöchste Lebensgefahr gebracht. Hierzulande gehört neben der Dresdner Bank als vormaligem Branchenzweiten nicht zuletzt eine stattliche Reihe von Landesbanken zu den Opfern – die zugleich Mittäter waren, indem sie im Kreditkasino als hyperaktive Zocker auffielen und so krisenverstärkend wirkten. Was 2007 als Finanzkrise ruchbar wurde, deckte ja vielfach nur ein Desaster auf, das längst latent in und allzu oft neben den Bilanzen angelegt war. Die LBBW etwa hatte ein geradezu abartiges “Kreditersatzgeschäft” (nicht kundenbezogene Kapitalmarktaktivitäten) nahe 100 Mrd. Euro in den Büchern. Als wäre die eine Krise nicht Verhängnis genug gewesen, gesellte sich zu allem Überfluss eine säkulare Schifffahrtskrise hinzu, die den im maritimen Geschäft hochexponierten Häusern den Rest zu geben droht. In Bremen ist es schon passiert.SachsenLB, Landesbank Rheinland-Pfalz und WestLB, die sich einst auf Augenhöhe mit der Deutschen Bank, damals die Galionsfigur der hiesigen Kreditwirtschaft, wähnte, haben es nicht geschafft. Die Leipziger und die Mainzer landeten in den Armen der LBBW, die sich auch damit fast selbst verhoben hätte, die attraktiven Teile der Düsseldorfer sicherte sich die Helaba, die Überbleibsel werden bei Haftung nicht zuletzt der Steuerzahler und der Sparkassen abgewickelt. LBBW und BayernLB, Deutschlands größte Landesbanken, die sich mittlerweile auf durchaus beeindruckende Weise berappelt haben, hingen in der Frühzeit der Krise ebenso wie manche private Großbank bereits mindestens mit einem Bein im Abgrund und brauchten die rettenden Hände des Staats und der Eigentümer, um nicht komplett abzustürzen. Auf ungeheuerliche 31 Mrd. Euro summierten sich Kapitalspritzen, Garantien und Risikoabschirmung von Land und Bund, auf die die BayernLB 2008 angewiesen war. In Baden-Württemberg mussten Sparkassen, Land und Stadt Stuttgart mit fast 18 Mrd. Euro helfen.Während die Institute im Süden und Südwesten heute wieder vor Kraft strotzen und die Helaba praktisch über die ganze Krise hinweg zuverlässig ihre Rolle als weißer Rabe des Gewerbes spielte (abgesehen von einem kleinen Verlust 2008 wurden Jahr für Jahr zwischen 400 und 600 Mill. Euro vor Steuern verdient), hat sich der Krisenschwerpunkt mit der Misere der christlichen Seefahrt in den Norden verlagert. Offiziell versucht die Sparkassengruppe, das Problem HSH Nordbank wegzuschweigen. Hinter vorgehaltener Hand wird indes geflüstert, die Verlustgarantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein von 10 Mrd. Euro seien schon so gut wie verbraucht. Und wenn das nicht reicht? Eine neue Runde von Wochenend-Krisentreffen wie 2007/08 (“bis in Japan die Märkte öffnen, müssen wir durch sein”)? Der Fall hat auch das Zeug, zwischen Nord- und Ostsee (Wahl am 7. Mai) und im Bund (24. September) zum Wahlkampfthema zu werden. Wie derweil die Nord/LB die Probleme der BremerLB und ihre eigenen gelöst bekommt, ist die nächste brisante Frage. Es sind Milliardenverluste zu verarbeiten und ein wachsendes Kapitalloch zu stopfen.Solide aufgestellte, sich nicht in Hasardspiele verirrende Landesbanken können einen unerlässlichen Beitrag zum Erfolg der Volkswirtschaft leisten. Die Öffentlich-Rechtlichen mit ihren 36 000 Beschäftigten werden mithin auch über die Funktion als Sparkassen-Spitzeninstitute hinaus gebraucht. In welcher Zahl, steht auf einem anderen Blatt. Wenn die HSH Nordbank, ob durch Verkauf bis 2018 oder sonst durch Abwicklung wie von der EU-Kommission vorgegeben, eines nicht zu fernen Tages in einem anderen Haus auf- oder untergegangen ist, wird das Dutzend, das die Landesbanken noch 2003 bildeten, zum Quintett geschrumpft sein: LBBW, BayernLB, Nord/LB, Helaba, SaarLB. “Wenn einer Konsolidierung kann, dann dieser Sektor”, sagt Helaba-Chef Herbert Hans Grüntker und hat damit Recht. Wobei hinzuzufügen wäre: Nur die Not lehrt fusionieren, jedenfalls in aller Regel.Doch in der Tat kommt Konsolidierung nicht allein in der Zahl der Institute zum Ausdruck. Wichtiger sind Risikoabbau und Eigenkapitalstärkung. Seit Beginn der Krise stieg die Kernkapitalquote der Landesbanken kumuliert von 6,5 auf 15 %. Die Risikopositionen wurden zugleich von 836 Mrd. auf 330 Mrd. Euro zurückgefahren (Stand 2015). Das ist rechnerisch etwa so, als hätte man Deutsche Bank und Commerzbank aus dem Markt genommen. Insofern sind die Landesbanken wirklich Konsolidierungskönner.——–Von Bernd WittkowskiIn der Finanzkrise gehörte eine Reihe von Landesbanken zu den Opfern – und Mittätern. Risikoabbau und Eigenkapitalstärkung der Institute sind beeindruckend.——-