ESM-Reform

Die Kuh ist vom Eis. Oder nicht?

Es blieb gestern den EU-Botschaftern der Euro-Staaten überlassen, einen vorläufigen Schlusspunkt unter die jahrelangen Debatten um eine Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu setzen. Am Rande einer ihrer regelmäßigen Sitzungen...

Die Kuh ist vom Eis. Oder nicht?

Von Andreas Heitker, Brüssel

Es blieb gestern den EU-Botschaftern der Euro-Staaten überlassen, einen vorläufigen Schlusspunkt unter die jahrelangen Debatten um eine Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu setzen. Am Rande einer ihrer regelmäßigen Sitzungen unterzeichneten sie gestern im Brüsseler Ratsgebäude zwei Dokumente, auf die sich die Eurogruppe Ende November verständigt hatte: den neuen ESM-Vertrag und eine Vereinbarung zum Bankenabwicklungsfonds SRF, die auf zwei Stehtischen am Rande des großen Saales ausgelegt waren. Es war ein gänzlich unprätentiöser Akt. ESM und SRF hatten zwar Vertreter geschickt. Aber ansonsten galt: Kein Sekt. Keine großen Reden.

Die Debatten um eine Stärkung des Euro-Rettungsfonds hatten schon vor fast zehn Jahren begonnen, als der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Aufbau eines Europäischen Währungsfonds ins Spiel brachte. Richtig ernst wurden die Arbeiten dann 2017. Ende 2018 kam die politische Einigung auf die Reform, über die dann in der Eurogruppe aber im Details weiter gerungen wurde – bis der ESM 2019 in das Zentrum von politischen Debatten in Italien rückte und die Reformpläne erst einmal ein Jahr beiseitegelegt wurden.

Nun ist die Kuh also endlich vom Eis. Oder doch nicht? Natürlich lief es auch gestern noch nicht rund: Der Botschafter Estlands konnte die Verträge noch nicht unterzeichnen. Wegen eines Regierungswechsels in Tallin fehlte das Mandat. Aber, so wurde fest versichert, die Unterschrift werde natürlich so schnell wie möglich nachgeholt.

Aber dann kommen jetzt ja auch noch die nationalen Ratifizierungsprozesse in allen 19 Euro-Staaten. Sie sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden, damit die Vereinbarungen Anfang 2022 in Kraft treten können: die Einführung einer Letztsicherung für den SRF, die stärkere ESM-Rolle in künftigen Krisen, der angepasste Instrumentenkasten. Nicht nur in Italien dürfte es noch hitzige Diskussionen im Parlament geben. Auch Länder wie die Niederlande, die sich in der Eurogruppe in den letzten Jahren immer als Hardliner gegeben hatten, stehen nun im Fokus. Das Misstrauen, dass die Kreditkonditionen aufgeweicht werden könnten, hatte die Debatten ja ebenfalls lange ausgebremst.

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