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Die Nische Crowdinvesting schafft die Milliarde

Von Antje Kullrich, Düsseldorf Börsen-Zeitung, 23.1.2020 Der noch junge Markt für Crowdinvesting hat im vergangenen Jahr die Milliardengrenze überschritten. Seit 2011 - damals starteten die ersten Plattformen mit einem Mini-Volumen - haben Anleger...

Die Nische Crowdinvesting schafft die Milliarde

Von Antje Kullrich, DüsseldorfDer noch junge Markt für Crowdinvesting hat im vergangenen Jahr die Milliardengrenze überschritten. Seit 2011 – damals starteten die ersten Plattformen mit einem Mini-Volumen – haben Anleger als Schwarm und in jeweils kleinen Abschnitten mittlerweile über 1 Mrd. Euro in Immobilien, Start-ups und Wachstumsunternehmen gesteckt. Die Nische etabliert sich. Allerdings ist der Markt im vergangenen Jahr längst nicht so stark gewachsen wie zuvor. Genaue Daten fehlen noch, doch schon jetzt ist klar, dass Wachstumsraten von 50 % und mehr der Vergangenheit angehören und 2019 nicht erreicht wurden.So hat die Hamburger Immobilienplattform Exporo, unangefochtene Marktführerin im Crowdinvesting, die eigenen Wachstumsziele klar verfehlt. Vor einem Jahr kündigte Gründer und CEO Simon Brunke vollmundig an, 2019 ein Finanzierungsvolumen von insgesamt 500 Mill. Euro vermitteln zu wollen. Ziel sei es, sich mindestens jedes Jahr in näherer Zukunft zu verdoppeln. So schnell ging es dann doch nicht. Exporo hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr rund 300 Mill. Euro vermittelt, seit Gründung 569 Mill. Euro.Allerdings hat die Plattform strategisch einiges abgearbeitet im vergangenen Jahr. Dazu zählen Markteintritte in den Nachbarländern Österreich und Niederlande. Das nötige Kleingeld für die Expansion kam im Juni von mehreren internationalen Venture-Capital-Investoren, die 43 Mill. Euro in das fünf Jahre junge Unternehmen pumpten. Exporo wurde in der Finanzierungsrunde mit 150 Mill. Euro bewertet. Anfang Oktober folgte die Ankündigung des Zusammenschlusses mit dem härtesten Wettbewerber im Immobiliensegment, Zinsland. Damit zementiert Exporo die Vormachtstellung bei der Schwarmfinanzierung. Bei Ankündigung der Übernahme schätzte das Unternehmen den künftigen Marktanteil im Immobilien-Crowdinvesting auf 85 %. Für das laufende Jahr prognostiziert Exporo ein Vermittlungsvolumen von 450 Mill. Euro. Ausfallquoten noch geringAuf ihre blütenweiße Weste in Sachen Performance kann Exporo jedoch nicht mehr verweisen. Im November musste die Plattform die Insolvenz von zwei Projekten in Marburg melden. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass bei weiteren fünf Projekten die ursprünglich avisierte Rückzahlung verschoben wurde. In die betroffenen Projekte haben die Exporo-Schwarmfinanzierer rund 12 Mill. Euro investiert. Gemessen an dem bisherigen Finanzierungsvolumen von Exporo sind das gerade mal 2 %. Die Plattform gibt an, dass dem rund 209 Mill. Euro bereits zurückgezahltes Kapital gegenüberstehen. Die Renditeversprechen liegen bei Bestandsimmobilien bei 3 bis 6 % pro Jahr, bei Projektentwicklungen mit Laufzeiten zwischen einem und drei Jahren sind es 4 bis 6 % endfällige Verzinsung pro Jahr. Für die Blockchain geeignetDie Ausfallquoten halten sich bislang bei den Crowdinvestments im deutschen Markt generell in Grenzen. Das Portal Crowdinvest.de beziffert die harte Ausfallquote mit 1,7 %. Zurückgezahlt seien von der gut 1 Mrd. Euro eingesammelter Gelder bislang etwa 23 %.Ein Thema, das viele Crowdinvesting-Plattformen beschäftigt, ist die Blockchain-Technologie. Als einen der Vorreiter sieht sich die Berliner Kapilendo, die kleinen und mittelständischen Unternehmen einen Zugang zum Kapitalmarkt über die Emission von tokenbasierten Schuldverschreibungen und Genussrechten bieten will. Im Dezember gab das Unternehmen die Gründung der Kapilendo Custodian AG bekannt, die einer der ersten Kryptoverwahrer in Deutschland werden will. Auch Exporo wickelt Transaktionen bereits als tokenbasierte Anleihen ab – in den Niederlanden und in Frankreich ausschließlich auf diese Art.Der Wettbewerb unter den Crowdinvesting-Plattformen ist hart. Einige sind schnell wieder vom Markt verschwunden, andere einstige Vorreiter wie Seedmatch erreichen nicht die Volumina, um zu den Top-Playern in der Nische zu gehören. In die Spitzengruppe hat sich hingegen Funding Circle vorgearbeitet. Die britische Plattform, die seit Oktober 2018 an der London Stock Exchange notiert ist, rangiert im Crowdinvesting-Markt in Deutschland auf Rang 2. Nach eigenen Angaben wurden bislang 290 Mill. Euro an kleine und mittlere Unternehmen hierzulande vermittelt, allein 84 Mill. Euro in den ersten drei Quartalen 2019. Das Wachstum habe sich jedoch etwas abgeschwächt, teilte eine Sprecherin mit. Für 2020 prognostiziert die Plattform, wieder stärker auf Wachstumskurs zu gehen.An der Börse ist Funding Circle indes kein Wachstumswert. Der Kurs ist seit dem IPO 2018 an der London Stock Exchange um etwa drei Viertel eingebrochen. Der Weg deutscher Plattformen an die Börse ist wohl eher noch weit. Vor einem Jahr liebäugelte Exporo-Chef Brunke mittelfristig mit einem Going Public. Nach der Insolvenz der beiden Marburg-Projekte muss sich Exporo aber Fragen zur eigenen Due Diligence der Immobilientransaktionen stellen lassen, weil die Plattform hier wohl Betrügern aufgesessen ist. Companisto wandelt sichEinen neuen Weg im Wettbewerb der Crowdinvesting-Anbieter ist Companisto gegangen. Die Plattform hat im vergangenen Jahr ihr Geschäftsmodell geändert und will sich als Investoren-Netzwerk für professionellere Anleger positionieren. Statt Nachrangdarlehen geht es jetzt um Eigenkapital-Finanzierungsrunden. Im Companisto Angel Club liegt die Mindestbeteiligungssumme bei 25 000 Euro. Von der ursprünglichen Idee, Beteiligungen an bzw. Finanzierungen von interessanten, nicht börsennotierten Unternehmen oder Immobilien für kleines Geld via Internet möglich zu machen, hat sich Companisto damit ein ganzes Stück entfernt.