Die Russland-Affäre weitet sich aus
Die Russland-Affäre der Deutschen Bank zieht Kreise: Nach dem Verdacht der Geldwäsche ist nun auch die Frage des Verstoßes gegen Sanktionsbestimmungen Gegenstand der Untersuchung von US-Behörden.bn Frankfurt – Die Russland-Affäre der Deutschen Bank zieht weitere Kreise. Laut einem Bericht der “Financial Times” haben die US-Behörden ihre Untersuchung ausgeweitet und ermitteln nun nicht mehr nur wegen Geldwäsche, sondern auch wegen Verstößen gegen die im vergangenen Jahr gegen Russland verhängten Sanktionen. Dabei gehe es um eine Serie sogenannter “Mirror Trades”, in deren Zuge russische Kunden über die Niederlassung der Deutschen Bank in Moskau Wertpapiere in Rubel gekauft und identische Wertpapiere zugleich in ausländischen Währungen, auch US-Dollar, verkauft hätten, berichtet das Blatt unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen. Insgesamt nehmen das US-Justizministerium und das New Yorker Department of Financial Services demnach Transaktionen in einem Volumen von rund 6 Mrd. Dollar unter die Lupe. Anleger verkaufen AktieAm Aktienmarkt reagierten die Anleger verschnupft auf diese Nachricht. Mit einem Minus von 1,4 % auf 27,375 Euro gingen Aktien der Deutschen Bank am Montag als einer der schwächsten Werte aus dem Handel im Dax 30. Die Sanktionen gegen Russland waren nach Annexion der Krim verhängt worden. Es sei einer der ersten Fälle, in welchen wegen entsprechender Verstöße eine Untersuchung in den USA gegen ein Finanzinstitut eingeleitet worden sei, heißt es. Wie die “Financial Times” schreibt, zählten zu den mit Sanktionen belegten russischen Kunden der Bank unter anderem die Brüder Arkady und Boris Rotenberg, die als enge Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin gelten. Sie kontrollieren den Energiedienstleister Stroygazmontazh sowie das Finanzinstitut SMP Bank, haben nach Beginn der Sanktionen aber Vermögenswerte an ihre Söhne übertragen, um die Aktiva offenbar vor der Wirkung der Sanktionen zu schützen. Heikler ZeitpunktFür die Deutsche Bank kommt diese Ausweitung der Untersuchung zu einem heiklen Zeitpunkt, steht die Bank in den USA doch schon wegen mutmaßlicher Verstöße gegen andere Sanktionsbestimmungen im Mittelpunkt von Untersuchungen. Wie es im jüngsten Quartalsbericht heißt, untersuchen Regulierer sowie Strafverfolgungsbehörden, ob Zahlungsanweisungen in Dollar in der Vergangenheit den US-Bestimmungen genügten. Die Bank betont, sie habe sich 2006 aus freien Stücken dazu entschieden, kein neues Dollar-Geschäft mit Gegenparteien im Iran, Sudan, Nordkorea und Kuba sowie mit bestimmten syrischen Banken mehr einzugehen sowie bestehendes US-Dollargeschäft mit solchen Gegenparteien so weit wie möglich aufzugeben. Im folgenden Jahr wurde dieser Beschluss auf alle Währungen ausgeweitet, wobei dieses Geschäft im Falle Kubas lediglich eingeschränkt wurde. Man kooperiere mit den Behörden, bekräftigte ein Sprecher der Bank am Montag.Mit der Ausweitung der Untersuchungen haben sich die Chancen der Bank, die finanzielle Belastung im Zuge eines Vergleichs mit den US-Behörden gering zu halten, nicht verbessert. Vergleiche in den USA wegen Sanktionsbestimmungen können teuer sein. So berappte die Commerzbank im März im Zuge eines Vergleichs mit fünf US-Behörden insgesamt 1,45 Mrd. Dollar (rund 1,2 Mrd. Euro), um Untersuchungen wegen Verstoßes gegen US-Sanktionsbestimmungen sowie von Versäumnissen in der Geldwäscheprävention aus der Welt zu schaffen. Rückstellungen steigenErst im jüngsten Quartal hat die Deutsche Bank nochmals einen Milliardenbetrag, und zwar 1,2 Mrd. Euro, für Rechtsrisiken zurückgestellt, allerdings vor allem für Streit über US-Hypothekengeschäfte. Unerwartete weitere Belastungen würden die Kapitaldecke des Instituts schmälern, welche im Zuge des vor wenigen Tagen angekündigten Rekordverlusts von gut 6 Mrd. Euro im dritten Quartal sowie anstehender Restrukturierungskosten ohnehin angegriffen wirkt.Was mutmaßliche Geldwäscheaktivitäten bei der Deutschen Bank in Moskau angeht, so hat Deutschlands größte Bank die Regulierer und Strafverfolgungsbehörden in verschiedenen Ländern, darunter Deutschland, Russland, Großbritannien und die USA, bereits über eine interne Untersuchung informiert, wie es im Quartalsbericht heißt. In deren Zuge hat sich das Institut bereits von seinem Chef-Händler in Russland getrennt, der seine Entlassung mit juristischen Mitteln anfechtet. In Anbetracht der herausgehobenen Position des Chefhändlers gingen die Ermittler auch der Frage nach, ob seine mutmaßliche Rolle auf ein breiter angelegtes, von Führungskräften geduldetes System hindeute, schreibt die “Financial Times”.