Die TAA kann ein Risikomanagement nicht ersetzen
In den letzten Jahren wurden Asset-Management-Mandate zunehmend statt in diversen Einzellösungen in einem Masterfonds umgesetzt. Damit verbinden viele Anleger neben der Bündelung sämtlicher Assets bei einer Kapitalanlagegesellschaft (KAG) die Optimierung der Asset Allocation sowie die Steuerung des Fonds auf Gesamtfondsebene. In der Regel spielt die taktische Allocation im Sinne eines Markttimings nur eine untergeordnete Rolle. Nicht zuletzt auf Basis der Erfahrungen der Krisenjahre werden Fragen laut, inwieweit durch die Einbeziehung taktischer Entscheidungen die Performance der Mandate positiv beeinflusst werden kann.Zur Untersuchung dieser Fragestellung wird zunächst auf die Bedeutung der strategischen Allocation bei der Mandatsausrichtung eingegangen. Anschließend werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie Entscheidungen zur taktischen Asset Allocation (TAA) in Mandaten umgesetzt werden können. Bedeutung der SAADie Grundausrichtung eines Fonds erfolgt anhand einer strategischen Asset Allocation (SAA) im Sinne einer langfristigen Portfolio-Optimierung. In einem ersten Schritt wird dabei üblicherweise eine Analyse des Anlegerprofils hinsichtlich der Anlageziele, der Risikobereitschaft sowie des Zeithorizontes vorgenommen. Im darauf folgenden Prozessschritt sind die Struktur des Portfolios sowie die Verteilung des anzulegenden Kapitals auf die verschiedenen Anlageklassen und Kategorien innerhalb des Anlageuniversums von zentraler Bedeutung.Der strategischen Asset Allocation wird nicht erst seit den Veröffentlichungen von Brinson, Hood, Beebower in den 80er Jahren die höchste Relevanz für den Gesamterfolg zugesprochen. Danach lassen sich über 90 % der Renditeschwankungen eines Fonds durch die SAA erklären. Der taktischen Allokation, die das Markttiming (Steuerung des Betas) sowie die Einzeltitelselektion umfasst, wird nur ein geringer Beitrag zugerechnet.Zu welchen Schlussfolgerungen führen diese Aussagen? Ist die TAA grundsätzlich zu vernachlässigen? Diese Frage ist aus unserer Sicht grundsätzlich zu verneinen, denn die Studien zeigen lediglich das tatsächliche Verhalten der Investoren, nicht aber potenzielle Effekte aus (nicht ausgeübten) Strategien auf. Zudem wird bei der Ausgestaltung eines Masterfonds üblicherweise die Möglichkeit des Einzelmanagers, ein starkes Markttiming zu betreiben, in hohem Maße eingeschränkt. Auch die Aggressivität der Einzelselektion wird durch Tracking-Error-Vorgaben limitiert. Ohne die notwendigen Freiräume sind die Einflüsse auf die Gesamtperformance dadurch zwangsläufig gering und lassen noch keine Wertung zu.Um die ökonomische Bedeutung der Asset-Allocation-Entscheidung für den Investor einzuschätzen, ist zu untersuchen, welche Entscheidungsebene welchen potenziellen Einfluss auf die Performance besitzt. In einer Studie hat beispielsweise Alpha Portfolio Advisors festgestellt, dass sich die Performance im Verhältnis 60 : 40 auf die strategische Asset Allocation und die Asset-Manager-Selektion zurückführen lässt. Wie kann also die strategische Ausrichtung eines Fonds verändert werden, um das Ziel zu verfolgen, eine günstigere Performancesituation zu erreichen? Diese Möglichkeiten werden nachfolgend aufgezeigt (nicht relevant ist hier die bereits genannte Alphaquelle der Titelselektion). Veränderungen der SAAIm Folgenden werden Maßnahmen diskutiert, die zumindest temporär zu einer Abweichung der Fondspositionierung von der strategischen Allokation führen. Hier wird zwischen dem Risiko-Overlay sowie der taktischen Asset Allocation im Sinne eines chancenorientierten Markttimings unterschieden.Unter einem Risiko-Overlay wird die systematische Gestaltung des Investitionsgrades eines Fonds verstanden mit dem Ziel, die Einhaltung eines Risikobudgets zu gewährleisten. Das Schema zeigt die übliche Konstruktion in einem Masterfonds.Die in den Teilsegmenten 1 bis 3 eingesetzten Manager steuern das Mandat gegen eine Marktbenchmark. Ihr Managementauftrag besteht darin, auf Basis geeigneter Einzelmaßnahmen (Titelselektion) eine Outperformance gegenüber der Benchmark zu erzielen. Eine Risikosteuerung oder ein Risikobudget sind explizit nicht relevant, eine Steuerung des Investitionsgrades nicht Aufgabe des Managers. Der Overlay Manager steuert den Investitionsgrad auf Gesamtfondsebene, indem er durch den Einsatz von Derivaten das Marktexposure (Betasicherung) reduziert. Die Sicherung ist umso erfolgreicher, je weniger Abweichung die Segmentmanager von der Benchmark eingehen (idealerweise Passivmandate). Jeder Freiraum der Manager erhöht hingegen das Abweichungsrisiko der Sicherung durch den Risikomanager.Wenn die SAA die wesentliche Determinante für die Wertentwicklung eines Mandates ist, stellt sich die Frage, warum ein Risiko-Overlay implementiert wird? Es kann grundsätzlich zwischen verschiedenen Intentionen unterschieden werden:1.Der Risikogehalt eines Gesamtportfolios ist im Sinne eines Maximalverlustes über einen Betrachtungszeitraum von zum Beispiel einem Kalenderjahr zu aggressiv. Ein Eintreten dieses potenziellen Verlustes ist zu verhindern.2.Es wird eine Vorsorge gegenüber nicht vorhersehbaren Ereignissen mit Verlusten getroffen, die die historisch beobachtbaren Maximalrisiken berücksichtigt bzw. noch überschreitet (Schwarze Schwäne).3.Es wird unterstellt, dass das frühzeitige Absenken des Investitionsgrades eine sinnvolle Vorgehensweise ist, um hohe Marktrückschläge zu vermeiden. Taktische Asset AllocationDie TAA bezieht sich hier auf das Markttiming, also auf die Steuerung des Marktexposures mit dem Ziel, eine Outperformance zu erreichen. Die TAA kann sowohl durch den Overlay Manager selbst als auch durch Segmentmanager mit Freiheiten zur TAA ausgeübt werden. Damit wird einerseits eine neue Alphaquelle erschlossen, andererseits aber auch ein zusätzliches Managerrisiko eingegangen.Mit der Möglichkeit, ein aktives Markttiming zuzulassen, wird dem Overlay Manager ein eigenes Alpha-potenzial eingeräumt. Die Synchronisierung und Abstimmung im Rahmen des Risiko-Overlays ist in dieser Konstellation am besten möglich. Das führt jedoch zu folgenden Fragen:- Weist der Overlay Manager die entsprechende Expertise auf?- In welchem Ausmaß darf die TAA durch den Overlay Manager ausgeführt werden? (Die Steuerung der Marktrisiken durch einen Einzelmanager darf nicht die alles dominierende Performancedeterminante werden.)- Gibt es ein separates Risikobudget für die TAA?Eine weitere Möglichkeit zur TAA besteht darin, Mandate zu vergeben, die explizit die Steuerung des Marktexposures zum Inhalt haben. Dabei kann es sich um sogenannte Balanced- bzw. Multi-Asset-Mandate handeln, die eine Kombination von Märkten als Benchmark haben. Alternativ können Long-/Short-Mandate eingesetzt werden, die in der Regel gegen eine Geldmarktbenchmark ausgerichtet sind und deren Benchmark keine sonstigen Marktgrößen enthält. Abweichend von den erstgenannten Mandaten gibt es hier keine Neutralposition, die ein Marktexposure außer dem Geldmarkt enthält.Im Zuge der ersten Ausgestaltungen von Masterfonds wurden diese drei Mandatstypen eher zurückgedrängt, da eine klare Trennung der Assetklassen präferiert wurde. Hieraus resultieren folgende Fragen:- Wenn Balanced- oder Multi-Asset-Mandate Marktgrößen in der Benchmark haben, welchen Effekt haben diese dann auf die SAA?- Wie werden Long-/Short- oder Absolute-Return-Mandate in die SAA einbezogen?- Bei den genannten Mandaten vermengen sich Alpha- und Betarisiken. Wie werden die Korrelationen berücksichtigt?- Durch die Positionierungen der Segmentmanager weicht die tatsächliche Allokation eines Fonds zumindest temporär von der SAA ab. Was bedeutet dies für das Risiko-Overlay?- Wie sind Chancen und Risiken von Alphaquellen in unterschiedlichen Marktphasen?- Zusätzliche Alphaquellen bedeuten auch zusätzliche Alpharisiken, wie fließen diese in das Risikobudget und damit in das Risiko-Overlay ein? Inwieweit lassen sich Übernachtrisiken und Drawdowns von Alphaquellen von Long-/Short- und Absolute-Return-Strategien einschätzen?- Sofern die Strategien nicht physisch direkt in Segmenten umgesetzt werden, sondern über Vehikel wie Publikumsfonds oder Sicav, ist dann eine zeitnahe Transparenz für den Overlay Manager möglich?Auch ohne Einbeziehung von Multi-Asset-Mandaten könnte eine TAA umgesetzt werden, indem einem Spezialist in einem Einzelmarkt (zum Beispiel Aktienselektion in Euroland) die Möglichkeit eingeräumt wird, eine Steuerung des Investitionsgrades (Markt) vorzunehmen. Hier ergeben sich die folgenden Fragen:- Welche Auswirkungen hat dieser Effekt auf die Benchmark des Spezialfondsmandates?Beispiel: Bei einem Benchmarkexposure von 100 %, eine Übergewichtung ist nicht möglich, eine mögliche Untergewichtung stellt eine asymmetrische Verschiebung des Mandatsprofils dar. Um eine faire Konstellation herzustellen, dürfte die neutrale Aktienquote nicht mehr bei 100 %, sondern müsste niedriger liegen. Damit dürfte sich der durchschnittliche Investitionsgrad auch unter 100 % bewegen, was für den Investor mit Opportunitätskosten verbunden ist. Auf diese Weise hätte man zudem indirekt ein Balanced Mandat eingeführt.- Hat man mit den ursprünglich für die Titelselektion bestimmten Managern auch für diese deutlich abweichende Fragestellung die richtigen Manager ausgewählt?- Werden die Segmentmanager tatsächlich den Freiraum nutzen?Fazit – Mit dem Ausschluss der TAA aus Master-Mandaten wurde eine mögliche Alphaquelle vernachlässigt, möglicherweise eher unbewusst. Allerdings ist eine TAA nicht so einfach einzuführen bzw. freizugeben, denn die Auswirkungen können wie aufgezeigt vielfältig sein. Daher ist im Vorfeld behutsam über die Auswirkungen dieser Managementkomponente nachzudenken. So hat die TAA zumindest temporär Auswirkungen auf die SAA. Wie groß dürfen die Freiräume sein, um die Auswirkungen überschaubar zu halten? Die TAA kann nur eine Zusatzkomponente sein und darf nicht die Gesamtperformance eines Mandates determinieren. Sie wirft zudem neue Fragestellungen für das Risiko-Overlay auf. Ernüchternde US-StudienDie Diskussion um eine mögliche TAA kam verstärkt im Zuge der Finanzmarktkrise auf. Verbunden wird damit teilweise die Hoffnung, durch diese Freiheit in einem Zeitraum mit insgesamt schwächeren Märkten erfolgreicher zu sein. Dieser Hoffnung ist sehr skeptisch zu begegnen. US-Studien sind da eher ernüchternd, denn demnach war das Beta in langen Aufwärtsphasen im Schnitt nie größer als 1, in 2008 lag das Beta kaum unter dem ermittelten Mittelwert von 0,93. Das bedeutet, dass jederzeit eine recht hohe Partizipation an den Marktbewegungen erfolgte. Die TAA kann ein Risikomanagement nicht ersetzen und ist auch nicht kongruent bezüglich der Ziele. Ein signifikanter Ausstieg aus Risiken kann realistisch nur durch ein Risiko-Overlay gewährleistet werden.