Schweizer Banken

Die UBS hat schon im Dezember mit der Übernahme gerechnet

Die UBS wird die Übernahme ihrer Erzrivalin mit einem Milliardengewinn abschließen. Das ist kein Zufall sondern das Ergebnis einer minutiösen Vorbereitung.

Die UBS hat schon im Dezember mit der Übernahme gerechnet

Die UBS hat lange und gut gerechnet

Neues Dokument zeigt: Die Schweizer Großbank bereitete sich schon ab Oktober auf den Credit-Suisse-Deal vor

Von Daniel Zulauf, Zürich

Das Drehbuch der Credit-Suisse-Übernahme ist noch nicht geschrieben. Aber nach und nach kommen Dokumente zum Vorschein, die geeignet sind, das noch sehr unvollständige Bild über die Hintergründe dieses Jahrhundertdeals zu vervollständigen. Ein solches Dokument hat die UBS am Mittwoch bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC eingereicht.

Es ist den amerikanischen Aktionären der Schweizer Großbank zugedacht, deren Aktien auch an der New York Stock Exchange gehandelt werden. Aus dem öffentlich zugänglichen Papier geht hervor, dass die UBS schon im Dezember begonnen hatte, die Übernahme ihrer Erzrivalin durchzurechnen – notabene unmittelbar, nachdem sich die Credit Suisse in einer Kapitalerhöhung Ende November 4 Mrd. sfr frische Eigenmittel beschafft hatte. Das ist insofern bemerkenswert, als in der Wahrnehmung einer breiteren Öffentlichkeit die Milliardentransaktion zwischen den Banken mit sehr aktiver Unterstützung der Schweizer Regierung quasi aus dem Stegreif über das Wochenende vom 18. und 19. März gestrickt worden war.

Das vorliegende Dokument zeigt nun aber, dass zumindest die UBS schon sehr gut vorbereitet in jene eiligen Verhandlungen eingestiegen war. Bereits im Oktober 2022, als die Credit Suisse ihre neue Strategie bekannt gegeben hatte und im gleichen Zusammenhang auch noch einen Verlust im dritten Quartal von 4 Mrd. sfr ausweisen musste, hatte der UBS-Verwaltungsrat unter Führung von Präsident Colm Kelleher ad hoc ein Strategiekomitee ins Leben gerufen, um die Vorgänge bei der schon damals offensichtlich schwer angeschlagenen Konkurrentin genau zu verfolgen.

„Nicht wünschenswert“

Anfang Dezember beauftragte dieses UBS-Verwaltungsratskomitee sein Management, eine vorläufige Bewertung eines Szenarios durchzurechnen, unter dem die UBS angefragt würde, eine aktive Rolle bei einer allfälligen Rettungsaktion für die Credit Suisse zu übernehmen. Das UBS-Management unter der damaligen Leitung von Ralph Hamers präsentierte das Ergebnis dieser Analyse am 19. Dezember seinen Auftraggebern im UBS-Verwaltungsrat. In einer Sitzung vom 20. Februar bewertete das Verwaltungsrat-Komitee der UBS eine Übernahme der Credit Suisse als „nicht wünschenswert“. Drei Tage später gelangte der Gesamtverwaltungsrat zum gleichen Schluss.

Gleichzeitig wurde aber die Notwendigkeit weiterer Analysen und Bewertungen festgestellt. Man wolle gewappnet sein für den Fall, dass die Credit Suisse in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geraten sollte, heißt es in dem aktuellen Dokument der UBS. Dementsprechend beauftragte der UBS-Verwaltungsrat sein Management, den Eventualfall einer Notrettung der Credit Suisse unter Beteiligung der UBS weiter zu vertiefen.

Die UBS spannte auch externe Kräfte ein. Zwischen Januar und Mitte März habe die Bank nebst ihren eigenen Teams auswärtige Rechtsexperten und die US-Investmentbank Morgan Stanley in die Arbeiten eingebunden. Morgan Stanley ist pikanterweise die Bank, in der UBS-Präsident Kelleher vor seinem Wechsel in die Schweiz 30 Jahre tätig gewesen war.

Die UBS analysierte in jener Phase auch das Szenario einer Abwicklung der Credit Suisse. Dabei wurden insbesondere die potenziell negativen Konsequenzen einer solchen Abwicklung für die eigene Bank und die Reputation des Schweizer Finanzplatzes beurteilt. Fast zeitgleich, zwischen Dezember und Mitte Januar, führten auch Credit-Suisse-Präsident Axel Lehmann, dessen CEO Ulrich Körner und Chefjurist Markus Diethelm Gespräche mit Schweizer Regierungsvertretern, in denen es um Eventualszenarien wie eine Übernahme der Bank ging.

Richtig los ging es dann am 15. März, als der bereits auf sehr tiefem Niveau oszillierende Credit-Suisse-Aktienkurs schlagartig absackte, nachdem ein Vertreter der im November frisch zur CS-Hauptaktionärin aufgestiegenen Saudi National Bank eine weitergehende Finanzhilfe für die Schweizer Bank in einem Interview öffentlich ausgeschlossen hatte. Bereits am Nachmittag des gleichen Tages traf sich dann der UBS-Präsident, sekundiert von anderen UBS-Managern, mit Vertretern der Schweizerischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht.

Harte Bedingungen

Es kam, wie die UBS vorausgesehen hatte: Die Behördenvertreter machten deutlich, dass ihre bevorzugte Lösung eine Übernahme der Credit Suisse durch die UBS war. Die UBS willigte ein, setzte aber ein ganzes Bündel von sehr harten Bedingungen durch. Die Nationalbank musste Liquiditätshilfen in Höhe von 250 Mrd. sfr stemmen und als Sicherheit dafür unter anderem mit einem Konkursprivileg der Credit Suisse vorliebnehmen. Die Regierung ihrerseits musste der UBS eine Verlustabsicherungsgarantie in Höhe von 9 Mrd. sfr zusichern für den Fall, dass die UBS mit dem Rückbau der Credit-Suisse-Bilanz mehr als 5 Mrd. Verlust erleiden würde. Vorerst aber hat die UBS mit der Credit Suisse einen Buchgewinn von fast 35 Mrd. Dollar erzielt, wie eine in dem vorliegenden Dokument gezeigte Pro-forma-Rechnung per Ende 2022 ausweist. Der Gewinn wird nach Abschluss der Übernahme in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Bank einfließen. Mindestens vorläufig ist der UBS mit dem Credit-Suisse-Deal ein „Lucky Buy“ gelungen. Dieser kam aber offensichtlich nicht von ungefähr.

Die UBS wird die Übernahme ihrer Erzrivalin mit einem Milliardengewinn abschließen. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer minutiösen Vorbereitung. Nach und nach kommen Dokumente zum Vorschein, die geeignet sind, das Bild über die Hintergründe dieses Jahrhundertdeals zu vervollständigen.

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