Die Verwertung Wirecards hat begonnen

Insolvenzverwalter schlägt Tochter in Brasilien los - Bankgeschäft stößt auf Interesse - Von Knoop bei Kreditinstitut abgetreten

Die Verwertung Wirecards hat begonnen

Beim Ex-Dax-Konzern Wirecard beginnt die Verwertung. Am Freitag hat Insolvenzverwalter Michael Jaffé im Falle von Wirecard Brazil Vollzug gemeldet und Hoffnungen auf eine Veräußerung auch des Kerngeschäfts geweckt. Eine solche Transaktion könnte auch die sich wacker haltende Wirecard Bank umfassen.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer vorläufige Insolvenzverwalter von Wirecard hat mit der Verwertung der Aktiva des Konzerns begonnen. Am Freitag informierte die Kanzlei Jaffé über den geplanten Verkauf von Wirecard Brazil an eine Tochter des brasilianischen und an der New York Stock Exchange notierten Fintechs Pagseguro Digital. Ein Vertrag sei unterzeichnet, die brasilianische Aufsicht müsse aber noch zustimmen, hieß es. Zum Erlös äußerte sich die Kanzlei auf Anfrage nicht. Zweistelliger MillionenerlösIn Marktkreisen war am Freitag von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag die Rede. Angesichts eines weit verzweigten Konzerngeflechts liegt der größte Teil der Strecke bei der Verwertung noch vor dem Insolvenzverwalter. Der Bilanzbetrug beim Aschheimer Fintech mit dem Slogan “Beyond Banking” umfasste nach Angaben der Staatsanwaltschaft München Luftbuchungen über 1,9 Mrd. Euro und verursachte insgesamt einen Schaden von 1,9 Mrd. Euro. “Weit fortgeschritten”Jaffé machte Gläubigern am Freitag Hoffnung, dass er bald weitere Erlöse erzielen kann. Im Falle der Tochter Wirecard North America sei der Verkaufsprozess “bereits weit fortgeschritten”, teilte die Kanzlei mit. Demnach werden für die US-Tochter, die sich schon Anfang Juli ins Schaufenster gestellt und die Investmentbank Moelis & Company mandatiert hatte, in Kürze finale Angebote erwartet. Die im Geschäft mit Prepaid-Karten und im elektronischen Zahlungsverkehr aktive englische Tochter Wirecard Card Solutions hat unterdessen mit dem Konkurrenten Railsbank Technology Limited im Grundsatz den “Verkauf bestimmter Kundenbeziehungen und weiterer Vermögensgegenstände erzielt”, wie es hieß. Auch Verwertungsprozesse für weitere Beteiligungen machten Fortschritte.Vor allem dürfte das Augenmerk der Kanzlei auf den Kernaktivitäten des Acquiring- und Issuing-Geschäfts liegen, die den Löwenanteil der Verwertungserlöse versprechen. Als Interessenten wurden dieser Tage unter anderem die Deutsche Bank, Santander, Paypal sowie dessen Konkurrent Heidelpay herumgereicht, was Marktkreisen zufolge indes mit einem Korn Salz zu nehmen ist. Veräußerung dürfte dauernDem Vernehmen nach hat eine hohe einstellige Anzahl von Adressen Interesse an diesen Aktiva angemeldet. “Es gibt mehrere namhafte Interessenten, die indikative Angebote abgegeben haben”, wird der vorläufige Insolvenzverwalter und Kanzleigründer Michael Jaffé in einer Mitteilung zitiert. Die Verhandlungen mit potenziellen Investoren gingen “nunmehr in die nächste Phase”.Eine Veräußerung dürfte allerdings noch einige Zeit beanspruchen. Denn bei Sichtung der Angebote gilt es neben anderem zu entscheiden, was konkret Teil der Transaktion sein soll: Manche der Interessenten wollen mit dem Kerngeschäft auch die Wirecard Bank übernehmen, andere nicht. Gibt Jaffé einem Käufer den Zuschlag auch für die Bank, winkt ein höherer Erlös. Die Bank hält sich wackerAllerdings sind dann auch regulatorische Hürden zu überwinden. Denn wer die Bank haben will, muss zunächst ein Inhaberkontrollverfahren der Bankenaufsicht meistern, das sich schon einmal ziehen kann. Dies hat zuletzt das Vorhaben einer Übernahme der Oddo Seydler Bank durch die Beteiligungsgesellschaft Obotritia Capital des Investors Rolf Elgeti gezeigt, welches dieser nach knapp zwei Jahren im Juni entnervt abbrach. Die Wirecard Bank hält sich derweil wacker, wie zu hören ist. Das Geschäft läuft, die Bank funktioniert. Die vor Wochen geäußerte Erwartung, das Institut werde nach dem Kollaps seines Mutterkonzerns alsbald dem Beispiel des Konzerns folgen, hat sich damit nicht bewahrheitet. Vor dem Insolvenzantrag der Muttergesellschaft kam die Wirecard Bank auf Einlagen von insgesamt gut 1,3 Mrd. Euro. Per Ende vergangenen Jahres wies das Haus ein hartes Eigenkapital von knapp 159 Mill. Euro laut EU-Eigenkapitalverordnung aus.Die Bank, die im Startquartal einen Überschuss von 4,7 Mill. Euro erzielt hatte, ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens, aber gleichwohl ein Kandidat für die Verwertung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter. Um die Liquiditätslage der Wirecard-Konzerntochter zu überwachen, hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Juni die Deutsche Bundesbank als Sonderbeauftragte für das Institut eingesetzt. Wenige Tage später, zum Ende des Halbjahres, hat Vorstandsmitglied Alexander von Knoop seinen Hut bei der Wirecard Bank genommen, wie der Konzern auf Anfrage bestätigt. Als Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft führt deren Website ihn nach wie vor auf. Von Knoop war Anfang 2018 als Finanzvorstand des Dax-Konzerns angetreten und ist wie andere Mitglieder des Vorstands von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft betroffen.