Die Vorbereitungen für ARUG II laufen

Verstärkte Mitwirkung der Aktionäre und verbesserte Transparenz sollen als gute Corporate Governance zum Erfolg beitragen

Die Vorbereitungen für ARUG II laufen

Die Bundesregierung hat im März 2019 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der 2. EU-Aktionärsrechterichtlinie vorgelegt (ARUG II). Der Regierungsentwurf berücksichtigt zahlreiche Anregungen aus der Praxis. Unter anderem das Deutsche Aktieninstitut, der DIRK – Deutscher Investor Relations Verband und die DSW Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hatten zum vorangehenden Referentenentwurf des Justizministeriums vom Herbst 2018 Stellungnahmen abgegeben. Börsennotierte Unternehmen stellen nun die Weichen für die notwendigen Veränderungen.Der Regierungsentwurf bietet hierfür eine stabile Grundlage. Größere Anpassungen im parlamentarischen Verfahren sind nicht zu erwarten. Bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist im Juni 2019 bleibt nicht viel Zeit. Der Gesetzesentwurf wurde als besonders eilbedürftig eingestuft. Es ist mit einer schnellen Verabschiedung durch den Gesetzgeber zu rechnen. Ziel der neuen Regelungen ist es, die Mitwirkung der Aktionäre börsennotierter Gesellschaften zu stärken und Transparenz und direkte Kommunikation zwischen Gesellschaft und Investoren zu fördern. Dies soll als gute Corporate Governance zum Unternehmenserfolg beitragen. Förderung der StimmabgabeAktionäre sollen gerade auch grenzüberschreitend in die Lage versetzt werden, ihre Stimmen bei Hauptversammlungen (HV) abzugeben. Bisher scheitert dies oft daran, dass vor allem Privataktionäre im Ausland keine Informationen zur Hauptversammlung bekommen. Umgekehrt haben sie auch keine Möglichkeit, ihre Stimmen abzugeben. Bei Inhaberaktien ist das schon deshalb so, weil Intermediäre zur Weiterleitung der HV-Einladung an den Aktionär in das Ausland und zur Abfrage und Rückleitung der Stimmen nicht verpflichtet sind. Bei Namensaktien bekommen zwar alle ins Aktienregister eingetragenen Aktionäre ihre Unterlagen direkt an die eingetragene Anschrift zugeschickt, auch in das Ausland. Sie können dann auch direkt abstimmen. Im EU-Ausland ansässige Privataktionäre werden aber – anders als zunehmend die institutionellen Investoren – vielfach noch nicht an das Aktienregister gemeldet und sind daher ebenso auf die Durchleitung durch Intermediäre angewiesen.Diese Ungleichbehandlung wird durch das ARUG II beseitigt. Intermediäre sind dann generell verpflichtet, die vom börsennotierten Emittenten erhaltenen Informationen an die Aktionäre weiterzugeben. Will der Aktionär abstimmen, muss der Intermediär dafür sorgen, dass die Stimmabgabe an den Emittenten zurückgeleitet wird. Für Emittenten sind deutlich mehr Stimmabgaben aus dem EU-Ausland zu erwarten. Umgekehrt müssen die Gesellschaften dadurch mit zusätzlichen Kosten rechnen. Die Aufwände der Intermediäre sind sehr weitgehend durch die Gesellschaften zu tragen. Das kann schwierige Diskussionen nach sich ziehen. Ein Privileg gilt hier für die Namensaktie: Weil die Gesellschaft jeden in das Aktienregister Eingetragenen direkt informiert und dessen Stimmen direkt abfragt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Weiterleitung von Intermediären zum Aktionär durch Aktienregistereintragung vermeidbar ist. Die Weiterleitung muss von den Intermediären zwar immer noch durchgeführt, aber nicht von der Gesellschaft bezahlt werden.Neu ist, dass nach dem ARUG II künftig auch Gesellschaften mit Inhaberaktien das Recht erhalten, ihre Aktionäre zu identifizieren. Intermediäre müssen auf Anfrage die entsprechenden Informationen liefern. Bei Namensaktien ist es jetzt schon Standard, das tagaktuell geführte Aktienregister anlassbezogen oder regelmäßig im Rahmen solcher Auskunftsverlangen zu ergänzen. Für die Inhaberaktie ist dies eine völlig neue Möglichkeit, die bei regel-mäßiger Nutzung die Frage aufwerfen wird, ob nicht die dauerhafte Führung eines Aktienregisters mit Namensaktien die effizientere Lösung ist.Inhaltlich wird die Hauptversammlung durch das ARUG II künftig aufgewertet. Die Aktionäre werden sich intensiver mit Vergütungsthemen befassen (müssen). Der bisher freiwillige Say-on-Pay über die Vorstandsvergütung wird verpflichtend: Vorstand und Aufsichtsrat müssen jährlich einen – so das Gesetz ausdrücklich – klaren und verständlichen Bericht über die Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat erstellen. Die Hauptversammlung beschließt jährlich über den Bericht. Das Vergütungssystem des Vorstands muss der Hauptversammlung bei wesentlichen Veränderungen, mindestens aber alle vier Jahre zur Billigung vorgelegt werden. Die Aufsichtsratsvergütung steht künftig auch spätestens alle vier Jahre auf der Tagesordnung.Auch für Interessenkonflikte bei Geschäften mit nahestehenden Personen (sogenannte Related-Party-Transactions) könnten sich die Aktionäre künftig stärker interessieren. Die Unternehmen müssen hier allerdings erst einmal intern ein System schaffen, um solche Geschäfte lückenlos zu dokumentieren. Bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte muss die Zustimmung des Aufsichtsrats eingeholt werden. Auf der Hauptversammlung kann dies in der Debatte zum Thema werden, auch wenn die Schwellen für ein Zustimmungserfordernis recht hoch sind. Eine formale Befassung der Aktionäre erfolgt nur, wenn der Aufsichtsrat die Zustimmung verweigert hat und der Vorstand die Sache eskaliert. Das sollte in der Praxis so gut wie nie vorkommen. Das Geschäft würde schon weit vorher gestoppt. Stärker engagierenInstitutionelle Anleger und Vermögensverwalter werden durch zusätzliche Transparenzpflichten dazu angehalten, sich als Aktionäre stärker zu engagieren. Sie müssen künftig eine Mitwirkungspolitik veröffentlichen. Gegenstand ist unter anderem, wie Aktionärsrechte ausgeübt werden und welche Kommunikation mit Vorstand und Aufsichtsrat der Unternehmen erfolgt, in die investiert wird. Über die Umsetzung der Mitwirkungspolitik ist ebenso zu berichten wie über das Abstimmungsverhalten. Außerdem müssen institutionelle Anleger und Vermögensverwalter künftig verschiedene Informationen insbesondere zur Anlagestrategie offenlegen. Mitwirkungspolitik und Offenlegungen sind dabei sowohl für die Investor-Relations-Arbeit des Emittenten von Bedeutung, als auch für Fondsanleger und Kunden auf der Investorenseite.Schließlich werden durch das ARUG II erstmals die Pflichten der Stimmrechtsberater näher geregelt. Im Sinne eines “comply or explain” müssen sie einen näher bestimmten Verhaltenskodex entweder befolgen oder erklären, inwieweit und aus welchen Gründen dies nicht geschieht. Informationen zur Arbeitsweise müssen jährlich veröffentlicht werden. Dies betrifft zum Beispiel eingesetzte Methoden, bestehende Verfahren zur Qualitätssicherung sowie die Qualifikation der beschäftigten Mitarbeiter. Auf konkrete Vorgaben zur inhaltlichen Arbeit verzichtet das Gesetz. Durch mehr Transparenz soll eine stärkere Marktkontrolle erreicht werden. Einige Vorbereitung nötigUnternehmen haben aufgrund des ARUG II einiges an Vorbereitung zu leisten. Die Einrichtung eines Systems zu Related-Party-Transactions, die Berichterstattung über die Vergütung und die Vorbereitung entsprechender Hauptversammlungsbeschlüsse werden erhebliche Ressourcen beanspruchen. Entsprechende Arbeiten haben bereits begonnen. Erfreulich für die Unternehmen sind die Verbesserung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Aktionäre und die stärkere Einbindung von institutionellen Investoren und Stimmrechtsberatern. Das hilft langfristig der Investor-Relations-Arbeit und stärkt die Hauptversammlung nicht nur inhaltlich. Es sorgt im Interesse des Unternehmens auch für stabile Präsenzen und eine breitere Beschlussbasis. Konrad von Nussbaum, Geschäftsführer der ADEUS Aktienregister-Service-GmbH, ein Unternehmen der Allianz