Pläne für US-Listing sorgen für Fantasie

Die wundersamen Kurssprünge von Northern Data

Es kursiert das Gerücht, Northern Data werde im kommenden Frühjahr ein US-Listing für ihre Cloud- und KI-Rechenzentren durchführen. Die Bewertungen sollen sich dann im zweistelligen Milliardenbereich bewegen. Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein.

Die wundersamen Kurssprünge von Northern Data

Die Kurssprünge von Northern Data

Ambitionen für hoch bewertetes US-Listing treiben die Aktie um

Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt

Buy on rumours, sell on facts? Die an Kurskapriolen nicht arme Geschichte der Aktie von Northern Data hat diese Woche eine Fortsetzung gefunden. Dabei wurden nicht zum ersten Mal über einen Bloomberg-Bericht weitreichende Unternehmenspläne publik gemacht, die kursrelevant sind. Am Montag und am Dienstag zog die Aktie sprunghaft an, Mittwochfrüh sackte sie um 7,8% ab.

Die Geschichte dahinter: Gestreut wurde, dass Northern Data einen Börsengang ihres Geschäfts mit Cloud Computing und Rechenzentren in den USA plant. Es fänden Gespräche mit mehr als einem Dutzend Investmentbanken statt, und es werde auf ein Nasdaq-Listing im zweiten Quartal 2025 gezielt. Und als Bewertung würde das in einer Spanne von 10 bis 16 Mrd. Dollar gehandelt. Northern Data kommentiert diese Berichte nicht.

So weit, so schön. Allerdings liebäugelt Northern Data nicht das erste Mal mit einem US-Listing, ohne dass es konkret geworden wäre. Das hilft der Aktie zwar kurzzeitig auf die Sprünge, wirft aber auch die Frage auf, ob in dem Zusammenhang alle Vorschriften zur Kapitalmarktkommunikation eingehalten werden – die BaFin hatte schon einmal Strafanzeige gegen Northern Data erstattet wegen des Verdachts der Marktmanipulation, das war 2021. Die Staatsanwaltschaft lehnte dann aber Ende November 2021 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab. Und 2020 hatte die BaFin eine Geldbuße gegen das Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen die Marktmissbrauchsverordnung verhängt.

Hoch bewertete Peers

Northern Data ist in der Hinsicht also ein gebranntes Kind, was einen gewissen Argwohn begründen kann, wenn wieder große Zukunftspläne ventiliert werden. Wobei ein gesundes Maß an Kursfantasie nicht unbegründet ist, weitet Northern Data doch ihr Geschäft als Betreiber von Rechenzentren für das Bitcoin-Mining auf KI- und Cloud-Dienste aus. Und da werden Vergleichswerte in den USA zu gigantischen Bewertungen gehandelt. Auch Northern Data rechnet für 2024 schon damit, dass das Cloud-Geschäft 60% des prognostizierten Umsatzes von 200 bis 240 Mill. Euro 2024 ausmachen soll. Und für 2025 wird eine Umsatzverdopplung in Aussicht gestellt.

Das Nvidia-Privileg

Aber selbst für den Fall, dass diese Prognose eintrifft oder sogar leicht übertroffen wird: Ein Umsatzmultiple von mindestens 20 (bezogen auf Konzernerlöse) bei bestenfalls geringer Profitabilität erscheint sehr ambitioniert. Die Investmentbanker reichen beim Peergroup-Vergleich folgende Rechnung herum: Der Cloud-Konkurrent Coreweave komme auf eine Marktkapitalisierung von 19 Mrd. Dollar und habe wie Northern Data einen privilegierten Zugang zu den KI-Chips von Nvidia. Diese Hochleistungschips sind ein knappes Gut, und wer sie hat, hat was zu bieten. Aber all diese Rechenzentren befinden sich noch in Planung und Aufbau – und wer garantiert, dass diese tolle Lieferbeziehung zu Nvidia auch noch übermorgen besteht?

Was außerdem noch wichtig werden kann: Wegen des Rechenzentren-Ausbaus steigen die Kohlendioxid-Emissionen, was je nach Region und Regulatorik Strafen und Einschränkungen nach sich ziehen kann. Google macht gerade Schlagzeilen mit einer solchen Planüberschreitung. Die Betreiber von Rechenzentren sind gefordert, ihren Energiehunger vornehmlich aus erneuerbaren Quellen zu stillen. In der Hinsicht sieht Northern Data bislang ganz gut aus.

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