Die Zeit heilt alle Krisen
Der Fondak, Deutschlands ältester Aktienfonds, hat schon viele Verlustphasen überwunden. Das stimmt den Fondsmanager zuversichtlich.Von Jan SchraderNach der Krise ist vor der Krise: Nach der Revolution im Iran 1969, dem “Schwarzen Montag” 1987 und dem Vorgeplänkel des Irakkriegs 1990 tauchten die Aktienmärkte ab. Auch der Fondak, nach Angaben der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors der älteste Aktienfonds in Deutschland, rauschte in die Tiefe. Doch stets hatte der “Fonds für deutsche Aktien” innerhalb von wenigen Jahren den alten Kursstand wieder erreicht, wie die Allianz-Fondstochter für das Traditionsprodukt ausweist. Der Kursrutsch nach dem Platzen der Dotcom-Blase ab Sommer 2000 wurde durch den 11. September gut ein Jahr später noch verschärft, war aber nach fünf Jahren wieder aufgeholt, während der Höchststand kurz vor der weltweiten Finanzkrise nach annähernd sieben Jahren wieder erreicht war. Die Coronakrise war zwar mit einem Minus von zeitweilig mehr als einem Drittel im laufenden Jahr besonders heftig, doch auf Jahressicht ist der Fonds bereits wieder im Plus, die Krise scheint somit vorerst überwunden. Die Historie des Fonds stimmt den verantwortlichen Fondsmanager Thomas Orthen optimistisch. “Krisen wird es immer geben”, sagt er. “Auf lange Sicht zahlen sich Aktien aber aus.” Sage und schreibe um ungefähr das 900-Fache hat der Wert des Fonds seit Gründung zugelegt, eine Geschichte mit etlichen Höhen und Tiefen. Auf Jahressicht bleibt über die gesamte Zeit hinweg rechnerisch ein Plus von durchschnittlich etwas mehr als 10% stehen, allerdings lagen auch Inflation und Zinsen in früheren Jahrzehnten viel höher als heute. Im Oktober 1950 hatte die “Allgemeine Deutsche Investment-Gesellschaft” (Adig) den Fonds aufgelegt. Damit ist das Produkt der älteste reine Aktienfonds in Deutschland. Noch älter ist den Angaben zufolge nur der “Fonds für Renten und Aktien” (Fondra), ein Mischfonds, der im August 1950 lanciert wurde. “Wer weiter sieht, kauft Fondak”, lautet eine Reklame aus den 1950er Jahren. Später ging die Adig im Fondsgeschäft der Commerzbank auf, die ihrerseits die Sparte später an die Allianz verkaufte. Fondak und Fondra sind ähnlich wie etwa der 1956 gegründete Deutschlandaktienfonds Concentra aus der damaligen Zeit geblieben. Mit 2,1 Mrd. Euro ist der Fondak heute ein Schwergewicht. “Man lernt in jeder Krise etwas hinzu”, sagt Orthen. Eine übertriebene Euphorie sei um die Jahrtausendwende prägend gewesen, während zur Finanzkrise das Vertrauen in das System erschüttert wurde. Die jüngste Pandemie und die Wirtschaftskrise sorgen heute weiter für Unsicherheit, die Gewinnerwartungen von Unternehmen seien im Augenblick wenig belastbar. Orthen glaubt, dass sich IT- und Technologiefirmen in der Krise bewähren werden. Annähernd ein Drittel des Portfolios entfällt auf diesen Sektor. Im Portfolio liegen etwa der Softwareriese SAP, der Chiphersteller Infineon, die Kreditplattform Hypoport, das Vergleichsportal Scout24 und die Software AG. “Die Digitalisierung ist kein Strohfeuer, sondern erlebt gerade in der Coronakrise einen stärkeren Push”, sagt Orthen. Zwar sitzen die weltweit größten Technologiekonzerne in den USA, doch auch am deutschen Aktienmarkt seien interessante Unternehmen zu finden. Das jüngste Kursdebakel des Internetdienstleisters United Internet hat jedoch auch den Fonds belastet. Das Gesicht hat sich verändertIn den 70 Jahren hat sich der Fonds gewandelt: Wenige Monate nach Beginn war das damals neuartige Produkt in etlichen Branchen investiert, die damals stark waren – vorneweg in der Maschinen- und Metallindustrie, gefolgt von Textilwerken und der Montan- und Schwerindustrie, die im Laufe der Jahrzehnte im Zuge der Globalisierung in andere Länder umgezogen sind. Auch andere Zweige wie Elektrizitätswerke, die Papierindustrie, Brauereien, Zuckerhersteller sowie Banken und Versicherer zählten zum Portfolio, wie die Übersicht von Mitte 1951 zeigt. Einige der Firmennamen sind heute noch bekannt, etwa Daimler, Krauss-Maffei, Allianz, Münchener Rück, Deutsche Bank und Siemens, die damals zum Teil noch anders aufgestellt waren. Die allermeisten der oft kleinen Firmen existieren heute in dieser Form nicht mehr. Der Fonds hat also viele Aktiengesellschaften überdauert.Auch das Fondsmanagement selbst hat sich verändert: Lag einst eine Fülle an Aktien in dem Fonds, sieht sich Orthen heute vermutlich unter Druck, sich in seiner Auswahl auf wenige Titel zu beschränken. Zwar liegen jüngsten Angaben nach mehr als 40 Titel in dem Fondak, und seit wenigen Jahren nimmt der Fonds auch kleinere Aktientitel etwas stärker in den Blick. Annähernd die Hälfte des Vermögens entfällt aber auf gerade einmal zehn Unternehmen, vorneweg SAP, Allianz und Infineon. Der Preisdruck der Indexfonds, die für wenig Geld einen Aktienindex wie den Dax, den MDax und den SDax nachzeichnen können, prägt damit auch den “Fondak”, der als aktiver Fonds etwas teurer ist. Angesichts laufender Kosten in Höhe von 1,69% pro Jahr muss Orthen eine klare Auswahl treffen, um sich hervortun zu können. Seit seinem Antritt als Verantwortlicher des Produkts Anfang 2017 schlägt er sich wacker: Der Fondak liegt mit einem Plus von seither 21% bis Mitte September in etwa gleichauf mit dem selbst gewählten Vergleichsmaßstab, der sich aus Dax, MDax und SDax zusammensetzt und keine Kosten berücksichtigt.Der Fokus auf Deutschland sei hilfreich, um sich in der Kapitalanlage hervorzutun, sagt er. Deutsche Unternehmen seien wegen ihrer vielfältigen und exportorientierten Ausrichtung ein gutes Abbild für die globale Entwicklung, zugleich aber sei ihre Zahl im Vergleich zum globalen Aktienmarkt noch einigermaßen überschaubar. “Zu einer tiefen Marktkenntnis gelangt man eher, wenn man fokussieren kann.” Investieren sollten Anleger idealerweise auf lange Sicht und in mehreren Schritten, zum Beispiel über einen Sparplan, sagt er. Orthen sieht eine mangelnde Aktienkultur in Deutschland. Als Fondsmanager habe er natürlich eine positive Sicht auf das Instrument der Aktie, sagt er.Der Bilanzpfusch des mittlerweile kollabierten Zahlungsdienstleisters Wirecard dürfte auch Orthen überrascht haben: Spektakuläre Firmenpleiten und Betrug seien für das Ansehen von Aktien nicht hilfreich, zugleich seien Krisen für aktive Fondsmanager eine Chance, ihr analytisches Gespür unter Beweis zu stellen. Das Team um den Fondak habe Vertreter von Wirecard getroffen und das Unternehmen analysiert, auf eine Investition jedoch verzichtet. “Es ist nicht unsere originäre Aufgabe, Betrug aufzudecken”, sagt Orthen. “Aber wenn das Gesamtbild eines Unternehmens zu viele Fragen unbeantwortet lässt, investieren wir nicht.” Manchmal lässt sich eine Krise umschiffen.—- Etwa 900-fachhat der Aktienfonds Fondak seit seiner Gründung vor sieben Jahrzehnten im Oktober 1950 seinen Wert gesteigert. Pro Jahr hat er damit rechnerisch um etwas mehr als 10% zugelegt. Eine beachtliche Leistung, allerdings haben Zinsen und eine Inflation die Aktienmärkte in früheren Jahrzehnten anders geprägt als heute. Auf ein Renditeziel für die Zukunft will sich Senior Portfolio Manager Thomas Orthen nicht festlegen, doch langfristig führe der Weg an der Börse bergauf, sagt er.