Digitale Assets erreichen die Vermögensverwaltung

Der Krypto-Markt reift immer mehr - Banken und Vermögensverwalter sollten ihre Chance jetzt nutzen

Digitale Assets erreichen die Vermögensverwaltung

Die extreme Volatilität und Komplexität der Krypto-Assets hält viele Anleger bisher von solchen Investitionen ab. Dennoch reift bei etlichen Kunden die Erkenntnis, dass die neuen digitalen Assets erhebliche Wachstumsmöglichkeiten eröffnen und einen inhärenten Wert besitzen – das richtige Management vorausgesetzt. Vermögensverwalter und Privatbanken haben jetzt die Chance, ihre Kundenbeziehung von den traditionellen Finanzanlagen auf den Investmentprozess für Krypto-Assets auszuweiten: Viele ihrer Kunden wünschen sich auch hier umfassende Management- und Beratungsdienstleistungen.Um das Potenzial von Krypto-Assets zu beurteilen, ist der Kontext entscheidend. Denn Blockchain-Technologie ermöglicht nicht nur Krypto-Währungen, sondern auch Tokenisierung: die Generierung digitaler Tokens, die verschiedene Arten von Assets repräsentieren. Bisher wurde die Tokenisierung hauptsächlich von Ethereum ermöglicht und für viele Initial Coin Offerings (ICOs) jenseits von Bitcoin genutzt. Auch nach dem Hype um Bitcoin und ICOs eröffnet Blockchain noch das große Potenzial, eine ganze Reihe verschiedener Arten digitaler Assets durch Token zu unterstützen.Sogar Regulierungsbehörden wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sprechen inzwischen von einem Paradigmenwechsel und betrachten den digitalen Token als Wertpapiergattung sui generis. Aus mehreren Gründen können sich Krypto-Assets auch für seriöse Investoren lohnen: Krypto-Assets fungieren als antiinflationärer Wertspeicher, eröffnen Wachstumspotenziale und bieten Diversifikationseffekte. Krypto-Assets als Wertspeicher – Die Verwendung als Wertspeicher ist ein wesentliches Merkmal von Geld. Wegen der Inflation sucht aber gerade die Bevölkerung in Schwellenländern nach Alternativen. Während beispielsweise der argentinische Peso 2018 gegenüber dem Dollar um mehr als 50% nachgab, verdoppelte sich in dem Zeitraum das Volumen der mit argentinischen Pesos gekauften Bitcoins. Wachstumsspekulation – Krypto-Assets werden zudem spekulativ gehandelt. Ungeachtet des Preisverfalls nach der Rallye 2017 belegen die Handelsvolumina das nach wie vor große Interesse. Tatsächlich werten viele Analysten das Platzen der Krypto-Blase sogar als Zeichen der wachsenden Reife digitaler Assets. Der Diversifikationseffekt – Beim Aufbau eines Portfolios ist die Korrelation zwischen den enthaltenen Vermögenswerten wichtig. Für eine maximale Diversifikation sollte das Risiko auf mehrere, nicht korrelierte Marktfaktoren verteilt werden. Weil Bitcoin nicht durch einen Sachwert gestützt wird, korreliert es meist nicht mit anderen finanziellen Vermögenswerten. Da die Volatilität von Krypto-Produkten derzeit hoch ist, kann sie auch die Portfolio-Performance steigern – die richtige Absicherungspolitik vorausgesetzt. Die Krypto-Währungs-Variante der Stablecoins – zu denen auch das jüngst vorgestellte Project Libra von Facebook zählt -, schränkt diese Volatilität bewusst ein.Noch hält sich die Akzeptanz von Krypto-Assets in Grenzen, bei Investoren wie bei Finanzinstituten. Herausforderungen sind die technische Komplexität und die Unsicherheit der Marktteilnehmer. Wo fängt ein Privatanleger an, der sich prinzipiell für Krypto-Währungen entschieden hat? Wer sind die vertrauenswürdigen Akteure am Markt? Welche Liquidität bieten diese Börsen und wie zufriedenstellend sind die Custodian-Vereinbarungen?Zudem berichten Medien fast täglich über Cyber-Angriffe auf Krypto-Börsen, Schlüsselverluste und verschwundene Guthaben. Neben den Fragen, die sich bereits für Privatanleger stellen, sind für Banken und Wealth Manager auch Aspekte wie Marktliquidität, Abwicklung und Compliance bedeutsam. Welchen Einfluss haben die Krypto-Aktivitäten auf die Bilanz und wie lässt sich Geldwäsche bekämpfen? Wie werden die Vermögenswerte verwahrt und sind die neuen Krypto-Assets in den bestehenden Anlageprozess integrierbar? Diese Fragen zu beantworten, ist komplex. Der Krypto-Markt und seine Technologie sind noch unreif, was es Vermögensverwaltern und Banken besonders schwer macht, Krypto-Anlagen allein zu erforschen und aufzubauen.Schon bald könnte es aber ein negatives Differenzierungsmerkmal sein, Krypto-Produkte nicht anzubieten. Ein Ansatz: Die Bank lagert Teile der Krypto-Wertschöpfungskette an spezialisierte Anbieter aus. So könnte sie kryptobasierte Fonds von einem Vermögensverwalter oder Hedgefonds beziehen, um sie den eigenen Kunden zu offerieren. Dieser Outsourcing-Zugang zum Krypto-Markt vermeidet viele Belastungen für die Bank, schöpft aber auch nicht alle Vorteile der zugrundeliegenden Krypto-Assets aus. Ebenso wäre der Zugang zu direkten Krypto-Investitionen über Drittverwahrer und Handelsplätze möglich – Krypto-Custodians bieten Cold-Wallet-Dienstleistungen an, die Assets sicher offline halten.Weil Blockchain als Asset Repository fungiert, das von jedem Akteur entlang der Wertschöpfungskette genutzt wird, vereinfacht sich die Abwicklung – mit entsprechend disruptiven Effekten für Depotverwahrer und Central Security Depositories (CSD). Wer über die Kryptoschlüssel verfügt, kann Transaktionen durchführen – die Beziehung zwischen Kunden und Depotbank wird unmittelbar. Wenn Banken und Vermögensverwalter den gesamten Krypto-Asset-Prozess integrieren, werden sie für Kunden zum Custodian ihrer Digital Assets – solche Krypto-Key-Management-Dienstleistungen werden für viele von ihnen wohl ein Muss.Der große Vorteil für Kunden: Sie hätten dann einen One-Stop-Shop für traditionelle Anlagen und Krypto-Assetmanagement. Der entscheidende USP (Unique Selling Proposition) für etablierte Banken und Vermögensverwalter besteht in ihrer nahtlosen Integration von Krypto-Assets in den gesamten Anlageprozess. Krypto-Anlagen stünden, wie alle anderen Anlagen auch im Investmentportfolio des Kunden zur Verfügung, ebenso wie das Reporting und die Analysen über Positionen, Performance und Risiko. Krypto wird MainstreamDerzeit sind viele Krypto-Unternehmen bestrebt, eine breite Palette zusätzlicher Assets zu tokenisieren – insbesondere bestehende traditionelle Assets. Es scheint gut möglich, dass Tokenisierung sich zum nächsten großen Trend entwickelt. So ließe sich etwa ein Token ausgeben, der die Passivseite eines nicht regulierten Fonds repräsentiert. Anstelle eines umständlichen, papierbasierten Prozesses zur Realisierung der Haftung im Namen des Kunden könnte eine Bank Fondsanteile als Token ausgeben. Dies verringert den Verwaltungsaufwand und erlaubt es zugleich, kleinere Stückelungen des Fonds zu verkaufen und eine breitere Kundenbasis zu adressieren.Der Krypto-Markt reift immer mehr – Banken und Vermögensverwalter sollten ihre Chancen jetzt nutzen. Denn sie haben einen überzeugenden USP: Sie verbinden die Stärke und Bewährtheit ihres traditionellen Anlageangebots mit den Vorteilen der neuen Krypto-Asset-Welt. Karl im Brahm, CEO und Head of Germany der Avaloq Sourcing (Europe) AG