Digitale Disruption bedroht die Bankbranche
Dirk RadetzkiChief Regional Officer DACH bei BisnodeBlockchain ist das Schlagwort der Stunde. Kein anderer Begriff sorgt in der Finanzbranche für ähnlich große Aufbruchstimmung auf der einen und tiefe Sorgenfalten auf der anderen Seite: Während immer mehr junge Fintechs in der Blockchain eine Technologie sehen, die die gesamte Finanzindustrie grundlegend verändern wird, tun sich die etablierten Institute vielfach schwer, sich dem damit einhergehenden Wandel konsequent zu stellen. Im Kern ermöglicht die Blockchain im Finanzsektor, was in anderen Bereichen längst gang und gäbe ist: die direkte Interaktion zwischen Konsumenten ohne Beteiligung von Intermediären. Schließlich ist die Blockchain nichts anderes als eine gut verschlüsselte Datenbank, die jede dort hinterlegte Transaktion eindeutig und unabänderlich festschreibt. Das geschieht dezentral auf allen beteiligten Computern, so dass nachträgliche Eingriffe und Fälschungen praktisch unmöglich sind. Damit wird der Konsument zum zentralen Akteur, der lediglich eine passende Plattform braucht. Klassische Vermittlungsdienstleistungen sind hier nicht mehr gefragt. Dieser Trend ist grundsätzlich nicht neu: Bereits seit 20 Jahren entwickeln sich Konsumenten zunehmend zu sogenannten Prosumenten – zu Kunden, die gleichzeitig als Anbieter agieren. Prominentestes Beispiel für diese Entwicklung ist Ebay. Dem gleichen Prinzip folgen Airbnb und Uber. Diese Entwicklung zeichnet sich ebenfalls im Energiesektor ab. Dort sind Verbraucher heute immer häufiger gleichzeitig Erzeuger. Hier erlaubt die Blockchain die Vernetzung von Haushalten einer Straße, um die Überschüsse aus einer Fotovoltaik-Anlage direkt ohne Mittelsmann an den Nachbarn zu verkaufen. Vergleichbare Modelle werden sich zunehmend im Finanzsektor durchsetzen. Allerdings ist die Blockchain nur ein sehr markantes Beispiel für die disruptiven Kräfte, die sich aus dem digitalen Wandel ergeben. Die Finanzbranche offenbart hier vielfach einen erheblichen Nachholbedarf. Klar ist dabei: Um im digitalen Transformationsprozess zu bestehen, sind ganz unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen, die der digitale Wandel mit sich bringt. Diese gilt es zu verzahnen und für sich nutzbar zu machen. So gilt es, Prozesse durch Automatisierung zu optimieren und so Kosten zu sparen. Im Kern aber geht es darum, eine Antwort auf ein verändertes, zunehmend von modernen Technologien geprägtes Konsumverhalten zu finden. Und hier kommt ein weiterer Aspekt der Digitalisierung ins Spiel: die zielgerichtete Analyse großer Datenmengen. Dabei erweist sich die Wertschöpfung aus der Datenanalyse bis heute als äußerst komplex. Branchenübergreifend mangelt es vielen Managern bis heute an den nötigen Kenntnissen in Sachen Datenanalyse, ergibt eine Untersuchung des schwedischen Beratungsunternehmens Kairos Future im Auftrag von Bisnode. Das sollte gerade auch für die Bankbranche ein Weckruf sein. So gilt es insbesondere, die Kenntnisse über qualifiziertes Personal zu erweitern und Investitionen in die Datenanalyse nicht länger auf die IT-Abteilungen zu beschränken.Zwar definieren sich viele Unternehmen zunehmend über digitale Prozesse. Etliche Unternehmen gehen aber auch den umgekehrten Weg und setzen beispielsweise auf einen Ausbau der Beratungs- und Serviceleistungen. Schließlich präferiert auch heute längst nicht jeder Kunde die digitale Selbstbedienung. Jedes Institut muss daher seine ganz eigene Strategie entwickeln, um mit der Digitalisierung der Prozesse und den daraus resultierenden Veränderungen der Kundenvorlieben umzugehen. Nur eines wird nicht funktionieren: die digitale Disruption zu ignorieren und Entscheidungen wie noch vielfach üblich aus dem Bauch heraus zu treffen.