Direct Line lässt Aviva abblitzen
Direct Line lässt Aviva abblitzen
Spekulationen um weitere Offerte des größeren Rivalen, der 3,3 Milliarden Pfund bot
hip London
Direct Line hat den größeren Rivalen Aviva mit seinem 3,3 Mrd. Pfund schweren Übernahmeangebot abblitzen lassen. Die Offerte sei „in hohem Maße opportunistisch“, teilte der Board der FTSE-250-Gesellschaft per Pflichtveröffentlichung mit. Direct Line werde dadurch wesentlich unterbewertet. Am Markt wird nun darauf spekuliert, dass Aviva nachlegen wird.
Direct Line ist nach mehreren Gewinnwarnungen und harschen Kursverlusten in den Fokus von Schnäppchenjägern gerückt. Im Februar schmetterte der einst von der Royal Bank of Scotland (heute: Natwest) ausgegliederte Versicherer ein 3,1 Mrd. Pfund schweres Angebot der belgischen Aegas ab, das 233 Pence je Aktie entsprochen hatte. Gemeinsam wäre man im britischen Autoversicherungsgeschäft auf einen Marktanteil von 14% gekommen.
Angebot teilweise in Aktien
Aviva legte den Aktionären die Einzelheiten ihres Angebots dar, das sie dem Board des Übernahmeziels am 19. November unterbreitete. Die Eigner von Direct Line hätten demnach 112,50 Pence in bar sowie 0,282 neue Aviva-Aktien je Anteilsschein erhalten. Das entsprach 250 Pence je Aktie und einer Prämie von annähernd 60% zum Schlusskurs des Tages vor Abgabe der Offerte.
„Aviva glaubt, dass eine Übernahme von Direct Line konsistent mit ihrer Strategie wäre, das Wachstum des britischen Geschäfts zu beschleunigen und die Gruppe weiter auf weniger kapitalintensive Geschäftsbereiche auszurichten“, heißt es in der Pflichtveröffentlichung des Kaufinteressenten.
Wesentliche Synergien erwartet
Die Analysten von Panmure Liberum haben kurz zusammengefasst, warum es sich aus ihrer Sicht um ein attraktives Angebot handelt: Die Aktien von Aviva werden zum 9,6-Fachen des für 2025 erwarteten Ergebnisses und einer auf 7,8% geschützten Dividendenrendite gehandelt. Direct Line kommen auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7,6 für 2025 und eine Dividendenrendite von 8,8%.
Die Offerte entspreche dem Zwölffachen des für 2025 erwarteten Ergebnisses. Um es abzulehnen, müsse man glauben, dass das normalisierte Ergebnis um 30% höher ausfallen wird. A"ngesichts des Ausmaßes der überlappenden Geschäfte werden die Kapital- und Kostensynergien signifikant sein, was bedeutet, dass Aviva Spielraum haben könnte, ein etwas höheres Angebot zu machen", heißt es in einer ersten Einschätzung des Brokers.
„Schwierige Situation“
Direct Line lässt sich von Morgan Stanley und Robey Warshaw beraten. RBC Capital Markets fungiert als Corporate Broker. Aviva gehen Citigroup und Goldman Sachs zur Hand. Direct-Line-CEO Adam Winslow, der das Amt Anfang des Jahres übernahm, hatte zuvor das Versicherungsgeschäft von Aviva auf dem Heimatmarkt und in Irland geführt.
„Das Management von Direct Line befindet sich in einer schwierigen Situation, weil es vermutlich ernsthaft davon überzeugt ist, auf dem richtigen Weg zu sein“, schrieben die Versicherungsanalysten von Keefe, Bruyette & Woods (KBW). Am Markt werde das aber offenbar anders gesehen, was ein Blick auf den Aktienkurs nahelege.
Aktienkomponente im Fokus
Die Branchenexperten halten mit Blick auf die unter dem Durchschnitt der Wettbewerber liegende Solvenzquote von Aviva nur eine Aufstockung der Aktienkomponente der Offerte für möglich. Auf diese Weise wären bis zu 300 Pence pro Direct-Line-Aktie möglich.