Direktnotierungen kommen in Schwung
Bisher konnten Unternehmen beim Börsengang per Direktnotierung kein frisches Kapital durch neue Aktien einsammeln. Das ändert sich jetzt. Die US-Börsenaufsicht SEC hat entschieden, dass an der New York Stock Exchange künftig neue Regeln gelten. Sie ermöglichen Kapitalerhöhungen bei den beliebter werdenden Direktnotierungen.cru Frankfurt – Aus der Sicht von US-Wagniskapitalgebern bringen Investmentbanken neue Aktien von jungen Tech-Unternehmen oft mit zu hohen Abschlägen auf die Bewertung in den vorhergehenden Finanzierungsrunden an die Börse – damit die Kurse am ersten Handelstag steigen. Zudem machen die Banken die Aktien lediglich einer kleinen Gruppe guter Kunden zugänglich – und verlangen dann auch noch hohe Gebühren. Deshalb sind Direktnotierungen als Alternative zu traditionellen IPOs zusehends in Mode gekommen.Bei den Direktnotierungen wird das aufwendige Preisbildungsverfahren mit Konsortialführern, Underwritern und tagelangen Roadshows durch eine kurze Auktion zu Beginn des ersten Handelstages ersetzt. Investmentbanken haben dann nur noch eine beratende Funktion, an der sie weniger verdienen.Jetzt bekommt das Instrument der Direktplatzierung noch zusätzlichen Schwung durch eine Reform der Regeln: Bisher konnten bei Direktplatzierungen nur die schon bestehenden Aktien der bisherigen Eigentümer an der Börse verkauft werden. Nun hat die New Yorker Böre Nyse grünes Licht von der US-Börsenaufsicht erhalten, dass sich bei den Direktplatzierungen auch die Unternehmen selbst durch die Schaffung neuer und zusätzlicher Aktien mit frischem Eigenkapital versorgen können. Voraussetzung für ein neues Direct Listing an der Nyse ist, dass am ersten Handelstag Anteile im Wert von mehr als 100 Mill. Dollar verkauft werden. Als Kandidaten für Direct Listings gelten etwa Airbnb und Coinbase. Nach dem Vorbild SpotifyProminente Beispiel für frühere Direktplatzierungen waren der Musik-Streaming-Dienstleister Spotify und der Kurznachrichtendienst Slack. Jetzt kommt eine neue Welle von Unternehmen mit Milliardenbewertungen per Direktplatzierung an die Börse. Die beiden größten sind die Datenanalysefirma Palantir des deutschen Milliardärs und Finanzinvestors Peter Thiel sowie der Unternehmenssoftware-Spezialist Asana, der eine Marktkapitalisierung von 20 Mrd. Dollar anstrebt. Aber auch der Videospiele-Tech-Ausrüster Unity Software sowie Sumo Logic, Jfrog, und der Cloud-Datenanalyse-Spezialist Snowflake beantragten in der gerade abgelaufenen Woche den Börsengang bei der SEC – und zwar allesamt per Direktplatzierung.Die US-Börsenaufsicht erklärte, dass der Nyse-Vorschlag eine “andere Preisfindungsmethode für Börsengänge vorsieht, die nach Ansicht einiger (Akteure) zu einer angemesseneren Preisfindung für die angebotenen Aktien führen könnte”. In Frage stand der Investorenschutz. Die SEC fügte hinzu: “Die Kommission ist der Ansicht, dass die vorgeschlagene Regeländerung Effizienzen bei der Preisfeststellung und Zuteilung von IPOs ermöglichen kann, ohne den Anlegerschutz zu opfern.”Aktien aus Technologie-Börsengängen sind derzeit heiß begehrt, und eine ganze Herde neuer Einhörner stürmt an die Börsen, um davon zu profitieren. Nicht alle diese jungen Unternehmen rechtfertigen ihre Milliardenbewertungen plausibel. Der Sektor mit der größten Aufregung und dem größten Risiko der Übertreibung ist Software. Investoren setzen auf Software, weil ihre Begeisterung über die digitale Transformation der Unternehmen wächst und sich eine Revolution durch den Wechsel zum Cloud Computing abzeichnet. So sind 2020 bis dato schon 18 Softwarefirmen an die Börse gegangen und haben 5,5 Mrd. Dollar eingesammelt. Beeindruckenderweise haben sich ihre Kurse im Durchschnitt verdoppelt. Welle direkter Tech-IPOsEs ist kein Wunder, dass weitere Softwarefirmen versuchen, schnell an die Börse zu gehen, bevor die Begeisterung nachlässt. In dieser Woche haben zahlreiche Tech-Unternehmen ihre Emissionsprospekte eingereicht – darunter Unity mit einem Videospielentwicklungsprogramm und Asana mit Projektmanagement-Software. Bemerkenswert ist neben dem Geheimdienst-Softwareanbieter Palantir auch Snowflake. Das Unternehmen bietet eine Software an, die die Hürde für den Wechsel in die Cloud und von einem Cloud-Anbieter zum anderen senkt – und hat damit gute Chancen auf Wachstum. Laut Bloomberg-Analyst Mandeep Singh werden erst 30 % der Datenanalysen in der Cloud durchgeführt. Das versetze Snowflake in eine gute Position, um von den alten Vor-Ort-Anbietern von Software Marktanteile zu erobern.