Dividenden können Zinsen nicht ohne Weiteres ersetzen

Strategie mit Absicherung wird sowohl dem Sicherheits- als auch dem Wirtschaftlichkeitsaspekt gerecht

Dividenden können Zinsen nicht ohne Weiteres ersetzen

Von Daniel Jakubowski, Equity Portfolio Management Assenagon und Matthias Kunze, Kundenbetreuung AssenagonKontinuierliche ordentliche Erträge sind für Stiftungen besonders wichtig, um langfristig und planbar ihren Stiftungszweck erfüllen zu können. Angesichts niedriger Zinsen rücken Dividenden hier vermehrt in den Fokus. Dividenden seien die neuen Zinsen, heißt es mitunter in der aktuellen öffentlichen Diskussion. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. Stiftungen, die Zinserträge durch Aktienausschüttungen kompensieren wollen, könnten letztlich ihren Stiftungszweck gefährden.Zur Finanzierung haben Stiftungen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Ordentliche Erträge aus der Kapitalanlage einerseits und Spenden andererseits. Im Rahmen der Kapitalanlage müssen sie laut Stiftungsgesetz unter anderem auf Sicherheit und Wirtschaftlichkeit achten, um ihrem Stiftungszweck gerecht werden zu können. Sicherheit bedeutet die Vermeidung von Wertverlusten, so dass zumindest nominaler Kapitalerhalt gewährleistet wird. Der Begriff der Wirtschaftlichkeit wird als Forderung nach ertragsbringender Vermögensanlage in angemessener Höhe interpretiert.Studien für den deutschen Stiftungsmarkt zeigen, dass die Stiftungsrenditen in den vergangenen fünf Jahren zwischen 3 % und 3,5 % gelegen haben. Mit Blick auf diese Zielgrößen waren Anlageentscheidungen für Stiftungen vor einigen Jahren noch deutlich einfacher als heute. So gab es 2011 für eine zehnjährige Bundesanleihe bis zur Fälligkeit noch jedes Jahr 3 % Zinsen. Eine solche Bundesanleihe mit attraktiven Kupons wird dem Anlageprofil einer Stiftung auf ideale Weise gerecht.Ein Vergleich mit den aktuellen Anlagekonditionen verdeutlicht jedoch das Dilemma, vor dem Stiftungen inzwischen stehen: Kaufen sie heute eine zehnjährige Bundesanleihe und halten diese bis zur Fälligkeit, liegt die erzielte Rendite bei 0,5 % jährlich (Stand 23. Oktober 2015). Das ist gerade im Hinblick auf die erforderliche Wirtschaftlichkeit problematisch. Ältere Anleihen mit höheren Kupons, deren Kurse jedoch über pari notieren, bieten vor diesem Hintergrund keine Alternative. Hier stimmen zwar die ordentlichen Erträge, aber das Kapital wird bis zum Laufzeitende aufgezehrt, da diese Anleihen zu pari und damit unter dem Einstiegskurs zurückgezahlt werden. Überhaupt ist es durch traditionelle Anleiheinvestments aktuell kaum möglich, angemessene ordentliche Erträge und Kapitalerhalt zu erreichen.Wer nach alternativen ordentlichen Erträgen sucht, kommt nicht umhin, einen Blick auf den Aktienmarkt und die dortigen Dividenden zu werfen. Die Renditelandschaft in Europa zeigt, dass Dividenden als Zinsersatz attraktiv erscheinen: In den vergangenen Jahren sind die Zinsen sowohl bei Staats- als auch Unternehmensanleihen stetig gefallen, während die Dividendenrenditen europäischer Aktien vergleichsweise stabil blieben und heute bei ca. 3,6 % liegen. Aktienausschüttungen haben sich dabei als sehr verlässlich erwiesen: So gab es für 100 Euro Anlagevermögen in den vergangenen Jahren am europäischen Aktienmarkt jährlich 3 bis 4 Euro Dividende, auch in konjunkturell schwachen Zeiten.Der Stellenwert der Dividende als Renditetreiber wird noch deutlicher, wenn die Ertragsquellen genauer in Kursgewinne und Dividenden unterschieden werden: Wer im Jahr 2003 einen Betrag von 100 Euro im europäischen Aktienmarkt investierte, konnte bis Ende September 2015 rund 58 Euro Dividenden vereinnahmen. Die Kurse legten gleichzeitig um 64 Euro zu, allerdings mit deutlich größeren Schwankungen. Insgesamt machten Dividenden im europäischen Aktienmarkt seit 2003 also fast die Hälfte des Gesamtertrags eines Aktionärs aus.Aktienausschüttungen passen augenscheinlich ideal zum Anforderungsprofil von Investoren, die wie Stiftungen im Rahmen der Kapitalanlage laufende ordentliche Erträge suchen. Neben dem kontinuierlichen Ertragsbeitrag lassen sich weitere Besonderheiten bei Dividendeninvestments nachweisen, etwa der Aufholeffekt des Aktienkurses nach erfolgter Ausschüttung oder langfristige Faktorprämien bei gesunden Dividendenaktien. Insofern ist es wenig verwunderlich, wenn Dividenden in der öffentlichen Diskussion zum neuen Zins erklärt werden. Allerdings vernachlässigt diese Betrachtungsweise das Aktienkursrisiko, dem jeder Aktionär ausgesetzt ist.Ein Wandel in der Anlagepolitik weg vom Zinsertrag hin zu Dividenden hätte gerade für Stiftungen größere Umstellungen zur Folge. Traditionell haben Stiftungen hauptsächlich Anleihen gekauft, den Anleihekupon vereinnahmt und Kursschwankungen durch Zinsveränderungen bis zum Laufzeitende “durchgehalten”. In Aktienmärkten kann es dagegen sehr lange dauern, bis Einstiegskurse wieder erreicht werden: Wer im Jahr 2007 am europäischen Aktienmarkt eingestiegen ist, hat bis Mitte 2015 gewartet. In anderen Märkten, wie etwa in Japan, wurden die Einstiegskurse der achtziger Jahre nach wie vor nicht erreicht. Wird ein Verkauf der Aktien oder eine Bewertungsanpassung nötig, muss eine Stiftung den entstandenen Kursverlust über ihre Rücklage ausgleichen, um ihr Stiftungsvermögen in der Substanz zu erhalten. Stiftungen mit höheren Aktienquoten, deren Rücklagen als Risikopuffer nicht ausreichen, sind hierdurch existenziell bedroht. Dies veranschaulicht, dass klassische Dividendenstrategien im Hinblick auf den Sicherheitsaspekt bei der Anlage von Stiftungsvermögen nicht unproblematisch sind. Trotz der erkennbaren Attraktivität von Dividenden gilt auch für Stiftungen: Das Risikoprofil muss letztlich zum Investor passen, gerade wenn dieser traditionell hauptsächlich weniger riskante Anlagen wie Anleihen genutzt hat. Diversifikation und ein breites Anlagespektrum sind im Aktienbereich wichtig, aber nur der erste Schritt. Wenn Aktienmärkte wie im August 2015 fallen, schützt ein Portfolio von 500 Titeln nicht signifikant besser als ein Portfolio von 50 Werten. Auch Dividendenstärke muss nicht unbedingt stark risikomindernd wirken, was unter anderem die jüngste Kurskorrektur 2015 veranschaulicht. So hat etwa der auf dividendenstarke europäische Werte fokussierte MSCI Europe High Dividend Yield einen Kursverlust von bis zu 19 % erlitten (Stand 23. Oktober 2015).Um das Risikoprofil nachhaltig zu verbessern, sollten andere Maßnahmen ergriffen werden. Sinnvoll kann zum Beispiel eine Absicherungsstrategie sein, die Kursverluste systematisch begrenzt. Zur Finanzierung eines solchen Schutzes können wiederum anteilig Dividenden dienen: Indem Dividenden das ganze Jahr über – durch Ausnutzen unterschiedlicher Dividendenzyklen – gesammelt werden, lässt sich der jährliche Dividendenertrag im europäischen Aktienmarkt auf 8 % steigern. Aus diesem hohen Dividendenertrag lässt sich zum einen eine planbare Ausschüttung von 4,5 % finanzieren. Zum anderen kann das Aktienkursrisiko durch den gezielten Erwerb von Absicherungsinstrumenten signifikant reduziert werden.Eine solche Strategie ermöglicht weiterhin hohe Erträge mit einem attraktiven Kupon bei gleichzeitig verringerten Risiken. Dass ein solcher Ansatz aufgeht, zeigt der europäische Dividendenfonds Assenagon Substanz Europa. Dieser hat seit seiner Auflage im März 2013 bis Ende September 2015 eine marktnahe Rendite von 9,1 % pro Jahr erzielt. Verlustrisiken sind für Anleger dabei deutlich reduziert: Kursschwankungen und -rückgänge wurden durch die Absicherung im Vergleich zu gängigen Aktienmarktindizes etwa halbiert (siehe Grafik). Gleichzeitig werden jährlich 4,5 % aus den ordentlichen Erträgen ausgeschüttet.Im Ergebnis wird eine Dividendenstrategie mit Absicherung sowohl dem Sicherheits- als auch dem Wirtschaftlichkeitsaspekt bei der Anlage von Stiftungsvermögen gerecht. Als Baustein kann ein solcher Ansatz dazu beitragen, die aktuelle Anlageherausforderung für Stiftungen zu lösen und die Umsetzung des Stiftungszweckes auch langfristig zu gewährleisten.