Drei grundsätzliche Stufen für Krypto-Angebote
Das Interesse von Kunden an Kryptowährungen und Krypto-Assets wächst. Etablierte Banken und Vermögensberater müssen jetzt eine geeignete Strategie für entsprechende Handels-, Verwahr- und Beratungsangebote entwickeln. Für Finanzinstitute stehen drei verschiedene Niveaus im Fokus, auf denen sie ihr Krypto-Engagement realisieren können.
Es gibt mehrere Faktoren, die ein breites Engagement in Sachen Krypto-Assets hemmen. Es wundert nicht, dass Finanzinstitute im Kryptobereich schon jetzt stark unterschiedliche Ambitionen haben. Der Business Case ist nicht selten komplex, neue Modelle und Infrastrukturen wie Public Cloud und SaaS werden erforderlich, es gilt, Legacy-Systeme zu integrieren, Prozesse zu automatisieren und die Vorschriften einer regulatorischen Landschaft einzuhalten, die sich noch immer wandelt.
Hohe Hürden
Zudem sind Krypto-Ökosysteme nicht leicht zu verwalten, Märkte sind mitunter intransparent, und auch in Sachen Due Diligence stellen sich neue Herausforderungen. DLT verlangt von Instituten entsprechendes technologisches Know-how, neue Prozesse und für die Beratung im Bereich digitaler Assets gegebenenfalls neues, fachkundiges Personal.
Aktuell zeichnen sich drei verschiedene Ambitionsstufen für das Engagement im Kryptobereich ab. Diese Stufen unterscheiden sich nicht zuletzt danach, auf welche Weise das Finanzinstitut Verwahrungsaufgaben für seine Kunden nachkommt. Grundsätzlich besteht die Rolle eines Krypto-Custodians darin, sich für seine Kunden um die Verwahrung und den Schutz ihrer digitalen Vermögenswerte zu kümmern – und so das mit einer Selbstverwahrung der Kryptoschlüssel verbundene Risiko deutlich zu reduzieren.
Das Sub-Custody-Modell ist einfach, erfordert nur geringe initiale Investitionen und ist schneller zu realisieren. Die Bank bietet ihren Kunden dabei an, für sie Kryptowerte zu kaufen, zu verwahren und zu verkaufen. Die eigentlichen Verwahrungsaufgaben lagert sie aber an einen externen Partner aus, der als professioneller Sub-Custodian fungiert.
Vorteile eines Sub-Custody-Modells sind, dass es die Time-to-Market für das Finanzinstitut beschleunigt, Komplexität reduziert und in der Regel mit geringeren Kosten einhergeht – es ist aber auch nicht ohne Risiken und strategische Implikationen. So könnte ein Sub-Custody-Ansatz die operative Flexibilität der Bank einschränken, eine eigene Digital-Asset-Strategie umzusetzen, weil es nur einen indirekten Zugang zu den Private Keys gibt.
Zudem setzen sich Finanzinstitute so Gegenparteirisken aus, die durch den Sub-Custodian entstehen können – etwa durch dessen Bilanztiefe, seine betrieblichen Abläufe oder mögliche Änderungen der Eigentumsverhältnisse. Abhängig von dem Rechtsraum des Sub-Custodians könnten zudem geopolitische oder regulatorische Risiken entstehen.
Direkte Verwahrung
Besonders für Finanzinstitute, die eine große Kundennachfrage nach Digital Assets erwarten, und für kryptonative Unternehmen bietet sich dagegen die direkte Verwahrung an. Dies schließt beispielsweise die sichere Verwahrung mithilfe von Cold-Wallet-Lösungen ein, die die Private Keys der Anleger schützen.
Auf dieser Stufe hat das Finanzinstitut die vollständige Kontrolle über das Angebot an digitalen Assets, agiert hocheffizient und bestimmt auch die Nutzererfahrung der Anleger beim Investieren und Handeln mit den Kryptowerten.
Für die Bank verringert sich das Kontrahentenrisiko, und gleichzeitig kommt sie in den Genuss einer Hebelwirkung auf die eigene Marke und die eigene Bilanz. Alle Funktionalitäten und die gegebenenfalls erforderlichen Partner, Makler und Börsen kann die Bank flexibel wählen. Einige deutsche Banken wie etwa Commerzbank und DZ Bank bewegen sich bereits in diese Richtung und bringen entsprechende Kryptoverwahrplattformen – zunächst für institutionelle Kunden – an den Markt. Entsprechende Kryptoverwahrlizenzen sind bei der BaFin beantragt beziehungsweise von ihr schon erteilt.
DLT, DeFi und Tokenisierung
Einen Schritt weiter gehen Finanzinstitute, wenn sie sich nicht nur für ein direktes Bank-Custody-Modell mit Fokus auf den Handel mit Kryptowährungen entscheiden, sondern selbst digitale Tokens emittieren: eine selbständige Ausgabe tokenisierter Vermögenswerte.
Digitale Tokens können etwa beliebig gestückelte Fondsanteile repräsentieren. Oder sie machen bislang illiquide Vermögenswerte erstmals in Form digitaler Eigentumsanteile handelbar. Auf dieser Stufe kommen auch weitere DLT-Leistungen ins Spiel, etwa die Verwahrung tokenisierter non-bankable Assets, die Generierung komplexer Wallet-Modelle oder auch Staking-Services.
Beim Staking werden Anleger dafür belohnt, dass sie ihre digitalen Vermögenswerte vorübergehend sperren, so dass sie zur Validierung von Transaktionen auf der Blockchain beitragen können. Ebenso sind Kreditdienste denkbar, bei denen Anleger sich Bargeld leihen, indem sie ihre Kryptobestände als Sicherheiten hinterlegen.
Mit DLT-Services macht sich ein Finanzinstitut auch die ganze, potenziell disruptive Kraft von Decentralized Finance (DeFi) zunutze – von Smart Contracts, die dazu dienen, Finanzdienstleistungen in einem Peer-to-Peer-Modell anzubieten. Die in der Fiat-Welt oft erforderlichen Intermediäre wären dann überflüssig. DeFi vereinfacht Prozesse, reduziert Transaktionskosten, beschleunigt das Settlement, erhöht die Transparenz und verspricht leichteren Zugang zu Liquidität.
Eine aktuelle Avaloq-Umfrage bestätigt das grundsätzliche Anlegerinteresse. Während derzeit noch 84% der Krypto-Anleger selbstständig agieren und Kryptobörsen nutzen, würden 92% aller Investoren, die derzeit noch keine Krypto-Anlagen haben, sich von ihrem traditionellen Finanzdienstleister ein entsprechendes Angebot wünschen. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass es eine Entweder-oder-Entscheidung zwischen TradFi (Traditional Finance) und DeFi braucht.
Das Beste aus zwei Welten
In Zukunft dürften sich jene Finanzinstitute durchsetzen, die beide Welten klug miteinander verbinden und innovative Geschäftsmodelle kreieren. Dafür ist eine solide Grundlage allerdings unverzichtbar: Erst eine nahtlose Integration in vorhandene Banksysteme gewährleistet Zukunftssicherheit und Skalierbarkeit.
Wie ausgeprägt das Engagement in Sachen Krypto-Angebot sein sollte, muss jedes Finanzinstitut selbst entscheiden. Zumal die verschiedenen Niveaus ausbaufähig sind – eine Integration vorausgesetzt. Der Weg kann vom Sub-Custody-Modell über die direkte Bank-Custody bis hin zu eigenen Tokenisierungs- und DeFi-Angeboten führen. Etablierte Finanzinstitute spielen hier in jedem Fall einen wichtigen Vorzug aus: Ideal an der Schnittstelle zwischen der Krypto- und der Fiat-Welt positioniert, genießen sie bereits das Vertrauen der Kunden.