DWS warnt vor Bedeutungsverlust der Fondsbranche
DWS warnt vor Bedeutungsverlust der Fondsbranche
Hoops: Rolle der Assetmanager tritt im Finanzvertrieb in den Hintergrund – Milliardenabfluss im zweiten Quartal – Mehr Gewinn für 2024 prognostiziert
jsc Frankfurt
Die DWS sieht Fondsanbieter vor einem Umbruch: Künftig stelle die Branche das Assetmanagement zunehmend nur noch als weiterverwertbare Ware („Commodity“) zur Verfügung, während im direkten Kundenkontakt die Sichtbarkeit der Fondsadressen zurücktrete, sagte Stefan Hoops, Chef der börsennotierten Fondstochter der Deutschen Bank, am Mittwoch während einer Präsentation der Zahlen für das zweite Quartal im Gespräch mit Analysten. Dieser Trend sei bisher in Ansätzen erkennbar, gewinne aber an Fahrt. „Das ist weit mehr als nur eine Umstellung auf die Digitalisierung, sondern könnte ein tektonischer Bruch für die Branche sein.“
So böten Privatbanken ihren Kunden eigene Vermögensverwaltungskonzepte an, in denen Assetmanager nur noch die Bausteine lieferten („Asset Management as a Service“). Zugleich adressierten Online-Broker und Neobanken die Kundschaft. Nicht allein die Performance von Fonds, sondern die technische Schnittstelle, Inhalte und Verfügbarkeit seien hier entscheidend.
Seine „Paranoia“ begründete Hoops mit einem Beispiel aus dem Zahlungsverkehr. Wenn ein Kunde auf Amazon eine Ware erwerbe und mit Paypal bezahle, wickele häufig die Deutsche Bank die Zahlung ab. Für den Kunden sei die Rolle der Bank aber nicht erkennbar. Ähnliches drohe dem Assetmanagement.
Hoops beschreibt das Prinzip als „b2B2C“, wobei das kleine „b“ für die untergeordnete Rolle der Fondsadressen steht und die Distributoren – das mittlere „B“ – über die Schnittstelle zum Kunden („C“) verfügen und damit Marktmacht ausüben. Die DWS vertiefe daher den Kontakt zu verschiedenen Distributoren.
Bausteine für Versicherer und Broker
Die Beschreibung passt in Teilen bereits heute zur DWS: Während in Deutschland die Rivalen Deka und Union Investment an die weitläufigen Vertriebsnetze von Sparkassen und Kreditgenossenschaften gekoppelt sind, stellt die DWS bereits heute häufig Fonds für verschiedene Partner bereit. So ist sie wesentliche Anbieterin für fondsgebundene Lebensversicherungen, die DWS-Fonds als Bausteine verwenden. Das Prinzip will die DWS im Ausland ausbauen. Im ETF-Segment wiederum seien Online-Broker ein tragender Kanal für Neugeschäft, sagte Hoops.
Eine nachgelagerte Rolle einzelner Fondsgesellschaften ist allerdings nicht neu, sondern im institutionellen Geschäft weithin üblich. So lassen Investoren ihr Vermögen von sogenannten Master-Kapitalverwaltungsgesellschaften bündeln. Dritte Fondsadressen bieten ihre Expertise dann nur noch für einzelne Bausteine in Masterfonds an. Der Preiswettbewerb ist im institutionellen Segment höher als etwa im herkömmlichen Massengeschäft mit privaten Sparern.
ETF-Segment sticht hervor
Die DWS kämpft mit hohen Nettomittelabflüssen: Im zweiten Quartal zogen die Anleger rund um die Welt unterm Strich 18,7 Mrd. Euro aus den Fonds und Mandaten der Gesellschaft ab, nachdem das Startquartal noch ein Plus von 7,8 Mrd. Euro gezeigt hatte, wie die DWS weiter mitteilte. Dahinter stehe unter anderem der Verlust eines milliardenschweren Mandats eines Versicherers, sagte Hoops. Hohe Abflüsse meldet die Gesellschaft in Beratungsmandaten (−10,8 Mrd. Euro). Aus das Segment alternativer Anlagen, das die DWS als Wachstumssegment auserkoren hat, flossen 1,4 Mrd. Euro ab. Hier kämpfen derzeit die offenen Immobilienfonds um Kunden.
Deutlich hervor sticht jedoch das Passivsegment, wo auch das ETF-Geschäft der DWS aufgehängt ist: Hier flossen 8,5 Mrd. Euro zu. Es ist das sechste Quartal mit Zuflüssen in Folge. Mit einem Volumen von 290 Mrd. Euro handelt es sich um das größte Konzernsegment. Insgesamt verwaltet die DWS 933 Mrd. Euro.
Mehr Gewinn im Gesamtjahr erwartet
Weil das verwaltete Vermögen aber wegen Wertzuwächsen an den Kapitalmärkten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zulegte, verfügt die Gesellschaft über eine solide Ertragsbasis. 695 Mill. Euro betragen die Einnahmen im zweiten Jahresviertel, ein Plus von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Weil die Kosten mit 458 Mill. Euro leicht unter dem Vorjahreswert lagen, blieb im zweiten Jahresviertel unterm Strich ein Nettogewinn von 163 Mill. Euro stehen, ein Plus von 9%.
Der Gewinn je Aktie soll im laufenden Gesamtjahr höher ausfallen als 2023, als 2,76 Euro je Papier und insgesamt 553 Mill. Euro erzielt worden waren. Der Zielwert für 2025 liegt bei 4,50 Euro je Aktie, was bei aktuell 200 Millionen Stück 900 Mill. Euro entspräche. Die Aktie legte am Mittwoch um 2,05% auf 32,86 Euro zu.