Earthport modernisiert Payments

Londoner Start-up stellt Technologie für beschleunigten grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr

Earthport modernisiert Payments

Das Korrespondenzbankensystem für den Zahlungsverkehr ist veraltet, langsam und teuer. In diese Lücke stößt das englisch-amerikanische Start-up Earthport, das bei in der Handelsfinanzierung tätigen Großbanken zunehmend Anklang findet.Von Björn Godenrath, FrankfurtDass Wall-Street-Manager ihrem Job als Investmentbanker auf Wiedersehen sagen und irgendwo in der boomenden Fintech-Szene anheuern, ist dieser Tage nichts Besonderes mehr. Raus aus dem Mief der Bankentürme und hinein in die Welt des Casual Dress, die Miteigentümern eine Perspektive nicht minderen Reichtums eröffnet – die Bewertungen von Fintech-Start-ups gehen derzeit durch die Decke. Vom Investor zum CEOEiner, der sich schon vor gut zehn Jahren aus dem Investment Banking verabschiedete, ist Hank Uberoi, der zunächst seinen Job als Co-Head für Technologie bei Goldman Sachs aufgab, um sich dann nach einem Zwischenspiel beim Hedgefonds Citadel 2004 aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Uberoi ließ es erst einmal etwas ruhiger angehen, widmete sich seiner beeindruckenden Weinsammlung und betätigte sich als Venture-Investor. Eines seiner Investments war das Londoner Payment-Start-up Earthport, das aber nicht so recht in die Gänge kam. Und so übernahm Uberoi Anfang 2010 kurzerhand selbst den CEO-Posten, um das schlingernde Schiff auf Kurs zu bringen.Fünf Jahre später kann Uberoi nun anfangen, die Früchte seiner Arbeit zu ernten. Denn Earthport ist mit ihrer Cloud-basierten Technologie zum beschleunigten grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr endlich zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Die Großbanken sind mit dem in die Jahre gekommenen System des Korrespondenzbankings zunehmend unzufrieden und zeigen sich aufgeschlossen, ihre Zahlungsströme über neuartige technologische Infrastrukturen zu leiten. Per Swift (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) benachrichtigen sich die miteinander verbundenen gut 10 000 Banken nur über Zahlungsanweisungen – Geld wird dabei nicht bewegt. Working Capital verschenktUnd genau da hakt es: Bis grenzüberschreitende Transaktionen eingebucht und abgewickelt sind, vergehen Tage, was bei multinationalen Konzernen, die Rohstoffe ordern und global Zulieferer bezahlen müssen, zunehmend für steigenden Blutdruck sorgt – modernes Working Capital Management sieht anders aus. Und da werden die in der Handelsfinanzierung tätigen Banken schon gefordert, für höhere Effizienz zu sorgen, in einem System, das mit Swift 1973 geschaffen wurde und nun doch ein wenig in die Jahre gekommen ist. Gelder wandern durch die Bücher von bis zu fünf Banken, bis eine Zahlung ab 50 000 Dollar beim Empfänger angekommen ist.Das ist nicht nur ineffizient und damit teuer – hinzu kommen Währungsrisiken. Mindestens 50 Dollar plus Extragebühren werden pro Transaktion in Rechnung gestellt bei einer Fehlerrate von 4 %. Earthport will das für weniger als 5 Dollar pro Buchung bewerkstelligen. Im Prinzip läuft das so, dass eine Bank ihre Zahlungsanweisung in die Earthport-Plattform “Global ACH” einzahlt, die das Geld dann direkt an den Zahlungsempfänger ohne weiteren Mittelsmann weiterleitet.Dafür muss natürlich eine Menge Technologie bereitstehen sowie ein Netzwerk an Geschäftsbeziehungen, um Sender und Empfänger direkt miteinander zu verbinden. Pro Jahr werden 21 Bill. Dollar grenzüberschreitend bewegt, davon will Earthport in diesem Jahr 10 Mrd. Dollar transferieren. Die Kundenliste wächst und wächst, 31 Banken konnten im vergangenen Jahr gewonnen werden, von denen mehr als 20 schon live gegangen sind. Bank of America, die Weltbank, HSBC, Standard Chartered, Banco do Brasil und Western Union zählen dazu. Schritt für SchrittDabei werden dann aber nicht gleich Milliardensummen durch das Earthport-System gejagt. Die Großbanken gehen die neue Welt des Zahlungsverkehrs angesichts hoher aufsichtlicher Compliance-Anforderungen zur Verhinderung von Geldwäsche, Betrug und wegen des Datenschutzes schrittweise an. Für Earthport blieben so im ersten Halbjahr lediglich 19,25 Mill. Pfund an operativen Erträgen hängen, ein Plus von 78 %. Vor 2017 dürfte Earthport keine schwarzen Zahlen schreiben, will Uberoi mit anziehendem Geschäft doch die Investitionen hochfahren und zusätzliche Infrastruktur aufstellen.Uberoi sieht jedenfalls eine steigende Akzeptanz von Earthport “als Industriestandard”. Und um mit anziehender Nachfrage in die Vollen zu gehen, hat Earthport in der abgelaufenen Woche mit Hilfe von Ripple Echtzeitzahlungen eingeführt. Dabei nutzt man die Technologie der dezentralen Register, die eine Speicherung von Transaktionsdaten in einem Netzwerk von Servern ermöglicht – im Gegensatz zu einer zentralen Datenbank. Dank des Ripple Protocol kann das Settlement von Transaktionen bei reduzierten Gegenparteirisiken quasi sofort geschehen, da das Earthport-Konto des Senders mit Cash gefüllt ist. Zudem werden mit Abwicklung nahezu in Echtzeit Währungsrisiken ausgeschaltet, werben die Partner.Noch steht dieses Geschäft jedoch in den Kinderschuhen, auch wenn Banken unisono bekunden, dass sie die Möglichkeiten von Ripple und Blockchain als grundlegende Infrastruktur des Zahlungsverkehrs hoch einschätzen. Earthport stellt dabei eine kundennahe Schnittstelle dar, was die Verbreitung im Zahlungsverkehr beschleunigen kann.