Cum-ex-Prozess

Ehemaliger Prokurist belastet Maple-Manager

Der ehemalige Leiter der Steuerabteilung der Maple Bank hat als Zeuge im Cum-ex-Prozess bezweifelt, dass die Wertpapiergeschäfte rund um den Dividendenstichtag ohne illegale Absprachen erfolgten.

Ehemaliger Prokurist belastet Maple-Manager

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Im Cum-ex-Prozess am Landgericht Frankfurt hat am Montag der frühere Leiter der Steuerabteilung der insolventen Maple Bank als Zeuge ausgesagt. In seiner Befragung durch den Vorsitzenden Richter Werner Gröschel äußerte Michael B. Zweifel an der Darstellung, dass die umstrittenen Wertpapiergeschäfte mit Dax-Werten rund um den Dividendenstichtag ohne illegale Absprachen mit anderen Marktteilnehmern erfolgten. Der 69-Jährige steht in dem Fall ebenfalls unter Anklage, sein Verfahren wurde jedoch abgetrennt. Der Vorsitzende Richter dankte ihm dafür, dass er dennoch nicht von seinem Schweigerecht Gebrauch machte. Fragen der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung will B. jedoch nicht beantworten.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wirft den Managern um den früheren Bankchef Wolfgang Schuck vor, Handelsstrukturen aufgebaut zu haben, mit dem Ziel, sich falsche Steuerbescheinigungen zu erstellen. Mit diesen habe sich das Institut beim Finanzamt Frankfurt am Main Kapitalertragsteuer in dreistelliger Millionenhöhe erstatten lassen, die es zuvor nicht gezahlt hatte (Az.: 5/24 KLs 17/19). Der Angeklagte Paul H., einst Geschäftsführer und Head of European Trading der Maple Bank, weist diesen Vorwurf unter Verweis auf die Anonymität der Kapitalmärkte zurück. Da die Deutsche Börse auf ihrer Handelsplattform Eurex bei Derivatgeschäften die Anonymität der Handelspartner gewährleiste, seien die von der Staatsanwaltschaft angenommenen Kreisgeschäfte mit Aktien und Aktienoptionen rund um den Dividendenstichtag nicht möglich gewesen (BZ vom 9. Juli).

Wie im Rahmen der Beweisaufnahme des Verfahrens deutlich wurde, vermuteten jedoch nicht nur die Staatsanwälte im Zusammenhang mit Aktien- und Derivatgeschäften rund um den Dividendenstichtag illegale Absprachen. Bereits in den Jahren 2006 und 2007 bekam die Maple Bank demnach Post von der Handelsüberwachungsstelle, kurz HÜSt. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Börsenorgan, das systematisch Daten über den Handel und die Abwicklung erfasst. Um sicherzustellen, dass es im Aktienhandel mit rechten Dingen zugeht, wertet die HÜSt diese Daten gemäß Börsengesetz aus und leitet im Verdachtsfall Ermittlungen ein.

Ordnungsgeld akzeptiert

Im Fall der Cum-ex-Geschäfte der Maple Bank weckten demnach die sehr hohen Handelsvolumina in Einzeltiteln offenbar die Aufmerksamkeit der Überwachungsstelle. Wie der Steuerexperte B. am Montag im Zeugenstand aussagte, wurde der Brief der HÜSt zumindest im Jahr 2007 auch in der Sitzung der Geschäftsleitung thematisiert. Nach seiner Darstellung hatte die Überwachungsstelle handwerkliche Fehler bemängelt, die zum Anlass für eine interne Überprüfung genommen worden seien. „Das war ein Thema, das in der Handelsabteilung zu klären war“, ergänzte er.

Ein in diesem Zusammenhang verhängtes Ordnungsgeld in Höhe von 25 000 Euro zahlte die Maple Bank. Dies sei jedoch nicht als stillschweigendes Schuldeingeständnis zu verstehen, unterstrich B. Ein Widerspruch hätte vielmehr zu viele Kapazitäten gebunden. So hätte ein Anwalt mandatiert und gebrieft werden müssen. Angesichts der überschaubaren Höhe des Ordnungsgelds habe sich das Institut stattdessen lieber dafür entschieden zu zahlen.

Den Vorwurf der illegalen Absprachen hatte die Maple Bank damals entschieden zurückgewiesen. „Im Zusammenhang mit den Order-Eingaben auf dem Xetra-Handelssystem gab es keine Absprachen mit Handelsteilnehmern, Unternehmen und Personen“, heißt es in einem von Schuck und dem damaligen Leiter der Rechtsabteilung unterzeichneten Schreiben an die HÜSt, aus dem der Vorsitzende Richter zitierte. Auf seine Frage, ob diese Aussage richtig sei, erwiderte der Zeuge B. am Montag: „Nach heutiger Aktenlage nicht.“

Die Zeugenaussage von Michael B., der die Maple Bank bereits Ende 2010 verließ, wirft auch in anderen Punkten kein gutes Licht, vor allem auf den Angeklagten Paul H. So berichtete B. aus einem im Frühjahr 2009 geführten Telefonat, in dem es um Formulierungen in einem Bericht für den Prüfungsverband ging. Darin sei es darum gegangen, den Begriff „Steuerstrategie“ zu vermeiden. Stattdessen hätte nach dem Willen des für den europäischen Wertpapierhandel zuständigen Kollegen der Begriff „Arbitragestrategie“ verwendet werden sollen. Die in der ersten Fassung des Berichts verwendete Formulierung „Vereinnahmung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag“ sei auf Betreiben von Paul H. ganz gestrichen worden.

Damit stützt H. den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf, dass das Maple-Management die wahre Natur der Cum-ex-Geschäfte gegenüber Geschäftspartnern, Aufsichts- und Steuerbehörden bewusst verschleiert habe. Der Prozess wird am 26. August fortgesetzt.

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