Eigenkapitalstärkung ohne Anteilsverwässerung

Mit Mezzanine den Kreis der Investoren diversifizieren und die Kapitalstruktur verbessern - Neue Finanzierungsspielräume durch "Uni-Tranchen"

Eigenkapitalstärkung ohne Anteilsverwässerung

Die regulatorischen Anforderungen an Banken steigen weiter. Das wird größere klassisch fremdfinanzierte Sprunginvestitionen für Unternehmen mit Cross-Over- und Non-Investment-Grade-Bonität künftig tendenziell erschweren. Mezzanine als eigenkapitalnahe Finanzierung kann helfen, regulatorisch notwendige Eigenkapitalquoten zu erfüllen und die Aufnahme von weiterem Fremdkapital zu erleichtern. Zudem dient es als Katalysator für Wachstum ohne erhebliche Veränderung der Eigentümerstrukturen. Attraktive KonditionenGewinne, zurückhaltende Investitionen sowie die Nutzung des Kapitalmarktes durch größere Unternehmen haben laut Bundesbank zur Abnahme des Bestands an Unternehmenskrediten in Deutschland und Europa geführt. In Deutschland führt diese rückläufige Kreditnachfrage aktuell zu einem starken Bankenwettbewerb mit attraktiven Finanzierungskonditionen. Aber wie nachhaltig ist diese Entwicklung?Neue regulatorische Vorgaben für Kreditinstitute wie Basel IV werden die Vergabe vor allem für mittelgroße Unternehmen unterhalb der Investment-Grade-Bonität erschweren. Gleichzeitig werden die gesetzlichen Vorgaben für bankenunabhängige Kapitalgeber in Deutschland erleichtert und mit den europäischen Vorgaben harmonisiert (Ausreichen von Kapital ohne Banklizenz; Neufassung Anlageverordnung). Das führt zu einer deutlichen Erhöhung der Finanzierungsangebote über unterschiedliche Kapitalstrukturen hinweg.Besteht bei Unternehmen Finanzierungsbedarf, etwa durch Akquisitionsvorhaben oder Sprunginvestitionen, aber auch um konjunktureller Unsicherheit zu begegnen, kann es für Unternehmen sinnvoll sein, den Kreis der Kapitalgeber zu diversifizieren und die Kapitalstruktur zu verbessern. Die Aufnahme von Mezzaninekapital kann dabei ein wichtiger und stützender Finanzierungsbaustein sein. Mezzanine ist eine nachrangige Finanzierungsform, die aufgrund ihrer hybriden Merkmale zwischen Eigenkapital und klassischen Fremddarlehen einzuordnen ist. Bei entsprechender Strukturierung wird Mezzaninekapital seitens der Banken als “wirtschaftliches” Eigenkapital anerkannt und kann zur deutlichen Bonitätsverbesserung führen.Anders als bei klassischen Eigenkapitalfinanzierungen führt die Aufnahme von Mezzanine in der Regel nicht zu Veränderungen in der bestehenden Eigentümerstruktur eines Unternehmens, weil Mezzanine als unbesicherte, schuldrechtliche Verschreibung mit zeitlicher Begrenzung analog zu einem Kredit strukturiert wird. Daher wird es auch als Verbindlichkeit in der Handelsbilanz ausgewiesen. Zur Anerkennung als Eigenkapitalersatz durch Finanzierungspartner müssen gewisse Vorgaben zwingend erfüllt werden, die eine deutliche Abgrenzung zur klassischen Fremdfinanzierung gewährleisten.Dies wird durch unterschiedliche vertragliche Gestaltungen erreicht. Dazu gehören insbesondere Rangrücktrittsvereinbarungen und die Verpflichtung des Mezzaninekapitalgebers, bestimmte Rechte nicht auszuüben, wenn das Unternehmen die Verpflichtungen der Mezzaninekapital-Überlassungsvereinbarung nicht (vollständig) erfüllt. Das Mezzaninekapital steht dann während einer Laufzeit im Ergebnis als haftendes Kapital und Eigenmittelersatz zur Verfügung. In einzelnen Fällen kann eine Bilanzierung des Mezzanine als “bilanzielles” Eigenkapital in der Handelsbilanz erforderlich sein. In diesem Fall muss das Kapital zusätzlich Verlustbeteiligung sowie gewinnabhängige Vergütung (analog zu Dividenden) aufweisen, was das Risikoprofil des Kapitals deutlich erhöht und sich in deutlich höheren Zinskosten widerspiegelt. Grundsätzlich kann die Vergütung aber individuell strukturiert werden. Sie unterteilt sich meist in eine fixe sowie eine variable Komponente, die sich an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens orientiert und während der Wachstumsphase auch thesauriert werden kann.Mezzanine ist jedoch kein vollständiger Eigenkapitalersatz. Die Unternehmen müssen in der Lage sein, die laufenden Zinsen zu zahlen und diese aus ihren operativen Cash-flows zu bedienen. Zudem sollten sie Wachstumspotenzial besitzen, um am Ende der Laufzeit das Nominal zurückführen zu können. Daher scheidet Mezzanine als Finanzierungsoption bei jungen Unternehmen in der Wachstumsphase häufig aus. Aufgrund seiner in der absoluten Höhe begrenzten Rendite und des Nachrangs eignet sich Mezzanine ebenso nur eingeschränkt für Finanzierungen in Restrukturierungssituationen, in denen der Unternehmenswert mittelfristig unterhalb des Fremdkapitals liegt und akute Insolvenzgefahr besteht. Eine sichere mittelfristige Gesamtfinanzierung mit Fremd- und/oder Eigenkapital ist daher eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Aufnahme von Mezzanine.Als potenzielle Investoren haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Private-Debt-Fonds etabliert. Diese Fonds konnten mit dem Versprechen überdurchschnittlicher Renditen hohe Kapitalvolumen einwerben. Die in den letzten Jahren dauerhaft niedrigen Zinsen führten zu erhöhter Risikobereitschaft und Investitionsdruck, die Unternehmensfinanzierungen mit unterschiedlichen Kapitalstrukturen bis in Non-Investment-Bonitäten hinein ermöglichen.Kapitalgeber der gemanagten Fonds sind im Wesentlichen Versicherungen und Pensionskassen. Anders als Banken, die Fristen transformieren und einen hohen Anteil von Fremdkapital einsetzen, stützen sich Private-Debt- und Equity-Anbieter auf langfristige Kapitalzusagen ihrer Anleger. Dies begünstigt die Vergabe risikoreicher und langfristiger Finanzierungen, die mit den Zahlungsverpflichtungen der Investoren harmonieren.Ergänzend stehen Unternehmen unter dem zusammenfassenden Begriff “Uni-Tranche” seit geraumer Zeit Finanzierungsinstrumente und -strukturen zur Verfügung, die vor- und nachrangige, eigenkapitalnahe Komponenten kombinieren können. Diese Finanzierungen beinhalten eine theoretische Eigenkapitalkomponente und erlauben daher einen deutlich höheren Verschuldungsgrad, als er üblicherweise von klassischen Finanzierungspartnern gewährt werden kann. Gerade für Unternehmen in Sprunginvestitionsphasen und Turnaround-Situationen, mit schwankenden Cash-flow-Profilen oder vor M & A-Transaktionen eröffnen sich dadurch neue Finanzierungsspielräume. Eine oftmals siebenjährige Laufzeit, tilgungsfreie Anfangsjahre und variable Vergütungskomponenten erlauben eine effiziente Nutzung des Cash-flows. Das verschafft zusammen langfristig enorme Freiheitsgrade im Hinblick auf den (Gesamt-) Verschuldungsgrad und ermöglicht eine schnelle, bilaterale Umsetzung, ohne eine Verwässerung bestehender Gesellschafteranteile. Anders als bei singulärem Mezzanine gewährleistet eine Uni-Tranche von vornherein eine langfristige und gesicherte Gesamtfinanzierung. Bisher eingeschränkt nutzbarIm Gegensatz zu Frankreich, Italien und Großbritannien, wo Unternehmen bereits seit geraumer Zeit auf Uni-Tranche-Lösungen zurückgreifen können, ist dies in Deutschland bisher nur eingeschränkt möglich. Die Gründe hierfür sind vielfältig: der weiterhin starke Bankenwettbewerb, etablierte Kapitalmarktlösungen für mittelgroße Anleihen, bisher nur wenige in Deutschland ansässige Investoren. Mezzanine hingegen ist vielen Unternehmen in Deutschland bereits bekannt, und eine Vielzahl nationaler Investoren steht mit Investitionsvolumen von jeweils bis zu 10 Mill. Euro zur Verfügung. Bei höheren Volumen ist bisher aber in der Regel die Einbindung weiterer, bisweilen internationaler Investoren unabdingbar.Die stetig steigenden Regulierungsanforderungen sowie der vermehrte Einstieg internationaler Investoren in den attraktiven deutschen Kreditmarkt werden diese Situation jedoch in naher Zukunft grundlegend verändern und zu einer zunehmenden Bedeutung eigenkapitalnaher Finanzierungslösungen führen.—Tilo Kraus, Head of Financial Markets bei der IKB Deutsche Industriebank—Olaf Schreckenberg, Director Financial Markets bei der IKB Deutsche Industriebank