GENOSSENSCHAFTSBANKEN

Ein alter Zopf

Da hat aber jemand ein perfektes Gefühl für Timing. Passgenau zum Verbandstag der Sparda-Banken in Frankfurt schickt die Sparda-Bank Baden-Württemberg eine Pressemitteilung heraus und rüttelt damit an der Festung des praktizierten Regionalprinzips...

Ein alter Zopf

Da hat aber jemand ein perfektes Gefühl für Timing. Passgenau zum Verbandstag der Sparda-Banken in Frankfurt schickt die Sparda-Bank Baden-Württemberg eine Pressemitteilung heraus und rüttelt damit an der Festung des praktizierten Regionalprinzips der Genossenschaftsbanken. Die Baden-Württemberger wollen künftig niemandem mehr die Tür weisen, der aus dem Ländle wegzieht oder der auf digitalem Wege – im Global Village ohne Grenzen – auf die Angebote der Sparda-Bank stößt. Was folgerichtig erscheint in Zeiten des Online und Mobile Banking, verstößt gegen ein ungeschriebenes Gesetz, sich innerhalb der genossenschaftlichen “Familie” nicht in die Quere zu kommen. Insofern wird der Vorstoß von Vorstandschef Martin Hettich nicht auf ungeteilte Begeisterung stoßen.Die zwei bisherigen Versuche anderer Genossenschaftsbanken, in fremden Geschäftsgebieten zu wildern, hatten in den Vorjahren für richtig böses Blut gesorgt. Der Vorstoß der Volksbank in Paderborn sorgte für Streit mit Bielefeld und Halle, der im Gerichtssaal endete. Die PSD Bank in Niederbayern hat im Streit um Geschäfte außerhalb des Stammgebiets sogar den PSD-Verband verlassen. Jetzt also ein echtes Schwergewicht, ohnehin schon die größte deutsche Genossenschaftsbank nach Mitgliedern und Nummer 2 nach Bilanzsumme. Es bleibt abzuwarten, wie die Diskussionen jetzt in der Gruppe verlaufen. Längst wird hinter den Kulissen über die Internetplattformen auch bei anderen Adressen Geschäft außerhalb des Stammgebiets gerne angenommen, ohne dass dies für große Aufregung sorgt. In Zeiten von Niedrigzins, digitalem Wandlungsdruck und verschärfter Regulierung muss schließlich jeder zusehen, wo er bleibt.Vielleicht ist es an der Zeit zu erkennen, dass das Regionalprinzip ein alter Zopf ist, den man abschneiden kann. Angesichts der gewaltigen Veränderungen im Kundenverhalten durch das Internet wandelt sich der Markt grundlegend. Da laufen Bankleiter, die auf das eigene Geschäftsgebiet pochen, Gefahr, als aus der Zeit gefallen belächelt zu werden. Auf einem anderen Blatt steht natürlich die Rücksichtnahme innerhalb einer Familie, da hat betriebswirtschaftliche Logik wenig zu suchen.Der Vorstoß aus Stuttgart ist allerdings mitnichten als Kampfansage an die anderen Sparda-Banken zu verstehen, die intern bereits von der Satzungsänderung vor der offiziellen Mitteilung erfahren hatten. Das haben auch die Baden-Württemberger angesichts solider Zahlen nicht nötig. Aber einen Stein ins Wasser geworfen haben sie. Und das kann die Gruppe voranbringen.