Ein gut bestelltes Haus
Wer bietet mehr? Nord/LB 65 Mill. Euro, DZ Bank 130 Mill., BayernLB 151 Mill., Commerzbank 233 Mill., KfW 592 Mill. Euro: Quartalsverluste im Zeichen der Corona-Pandemie und ihrer schon eingetretenen Folgen für die Kapitalmärkte sowie vor allem der noch zu befürchtenden Auswirkungen auf die Unternehmen. Nur die Deutsche Bank schlägt mit einem Vorsteuergewinn von 206 Mill. Euro zum 31. März aus der Art. Und was bietet die Helaba? Wir werden es wohl nie erfahren. Die drittgrößte Landesbank zeigt, wie die LBBW schon 2019, unterjährig fortan nur noch Halbjahreszahlen. Der neue Vorstandsvorsitzende Thomas Groß, der Anfang Juni die Nachfolge von Herbert Hans Grüntker antritt, mag nicht ganz unfroh über diese Fügung sein, die ihm mutmaßlich einen vermaledeiten Einstand erspart.Die Nichtkommunikation ändert indes nichts an den Zahlen und Fakten. Und die Bedingungen, unter denen Banken eingedenk des Einflusses eines neuartigen und extrem gefährlichen Virus arbeiten, sind für die Helaba grundsätzlich dieselben wie für die Branche insgesamt: Vor dem Hintergrund weltweit absehbar rapide zunehmender Zahlungsprobleme von Unternehmen und Privatpersonen sprang die Risikokostenquote (Vorsorgeaufwand bezogen auf das Kreditvolumen) großer europäischer Banken im ersten Quartal in starkem Maße coronagetrieben annualisiert auf historisch hohe 105 Basispunkte, nach 45 Basispunkten Anfang 2019, wie eine am Mittwoch erschienene, höchst lesenswerte Covid-19-Studie des Research just der Helaba offenbart. Und abgesehen davon, dass heute keine Bank verbindlich weiß, wie mit diesen Risiken bilanziell korrekt umzugehen ist: Vor allem kann niemand halbwegs belastbar abschätzen, welche Belastungen im Zuge der Pandemie noch auf die Zunft zukommen werden.Die gute Nachricht nicht nur für Groß persönlich, sondern auch für alle Stakeholder der Helaba: Grüntker, den die aktuellen Umstände um den verdienten feierlichen Abschied bringen, übergibt seinem Nachfolger das sprichwörtliche gut bestellte Haus. Die “Landesbank Hessen-Thüringen-Nordrhein-Westfalen-Brandenburg” – so heißt sie zum Glück nicht, als solche fungiert sie aber – gehört zu jenen Häusern, die ertrags- und kapitalstark und in zukunftsfähiger strategischer Aufstellung in diese Krise gehen und es sich leisten können, dafür angemessen vorzusorgen. Die Helaba, die schon in der Finanz- und Staatsschuldenkrise ihren Ruf als weißer Rabe des Gewerbes festigen konnte, ist mit einem gut sortierten Portfolio als Geschäftsbank, Zentralbank für 40 % der 377 deutschen Sparkassen, Förderinstitut und nicht zu vergessen einer der führenden Zahlungsverkehrsdienstleister in der Lage, auch säkularen Herausforderungen standzuhalten. Die eigene Nahtoderfahrung, die die Risikokultur des Hauses nachhaltig geprägt hat, liegt mittlerweile bald ein halbes Jahrhundert zurück.Die Reihe der unter Grüntkers Vorgängern Günther Merl und Hans-Dieter Brenner etwa mit der Übernahme der Frankfurter Sparkasse 2005 oder der Verbundbank der untergegangenen WestLB 2012 gesetzten Meilensteine wurde unter der Ägide des scheidenden CEO respektabel verlängert: weitere Fokussierung des an sich bewährten Geschäftsmodells, Abgabe von Randaktivitäten, Erwerb der Dexia Kommunalbank Deutschland, Übernahme des Land-Transport-Finance-Portfolios der DVB Bank, um einige Beispiele zu nennen. Das wegweisende Programm “Wachstum durch Effizienz” wurde aus einer Position der Stärke – also im positiven Sinne: ohne Not – gestartet. Wer die Zahl der Bereiche und ihrer Leiter halbiert und Hunderte Stellen streicht, gewinnt wenig neue Freunde, baut aber im Interesse aller Beteiligten klug für Zeiten wie diese vor. Strategisch wäre noch mehr drin gewesen. Doch die große Chance einer Übernahme der siechen Nord/LB durch die Helaba als erster Schritt auf dem Weg zu einer öffentlich-rechtlichen Superbank wurde 2018 nicht in Frankfurt und Erfurt, sondern vor allem in Hannover fahrlässig vermasselt. Ob sie noch mal wiederkommt? Stattdessen wurde der Versuch einer Verbindung von DekaBank und Helaba auf- und coronabedingt gleich wieder ausgesetzt. Erstens gibt es in dieser Krise andere Prioritäten, zweitens sind komplexe Fusionsgespräche per Videokonferenz nicht gerade das Nonplusultra. In der Nach-Corona-Zeit die Kräftebündelung zumindest am Finanzplatz Frankfurt voranzubringen, gehört – in Anlehnung an den Markenclaim der Helaba – zu den Werten, die dann der neue Bankchef Groß bewegen muss. ——Von Bernd WittkowskiStabwechsel im Zeichen der Coronakrise und ihrer Folgen: Thomas Groß übernimmt bei der Helaba den Vorstandsvorsitz von Herbert Hans Grüntker.——