Ein neuer Stern am chinesischen Brokerhimmel
Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie aus der Fusion von zwei staatlich kontrollierten chinesischen Wertpapierhäusern hervorgegangene Shenwan Hongyuan Group hat ein furioses Börsendebüt hingelegt und sich damit in der Spitzengruppe der insgesamt 120 Brokergesellschaften im Reich der Mitte etabliert. Am Montag schossen die an der Börse Shenzhen neu eingeführten Aktien um 42 % über den Ausgabepreis von 14,88 Yuan je Aktie hinaus.Shenwan Hongyuan kommt danach auf eine Börsenkapitalisierung von knapp 300 Mrd. Yuan oder umgerechnet rund 42 Mrd. Euro. Damit liegt der Börsenwert der Gesellschaft nur noch knapp hinter dem chinesischen Marktführer, der ebenfalls staatlich kontrollierten Citic Securities, deren Marktwert am Montag auf umgerechnet rund 43,5 Mrd. Euro kletterte. Damit bringen die größten chinesischen Broker bei der Marktkapitalisierung deutlich mehr auf die Waage als führende europäische Banken mit extensivem Aktiengeschäft; bei der Deutschen Bank oder der Credit Suisse etwa liegen die Marktwerte gegenwärtig bei 36 Mrd. beziehungsweise 31 Mrd. Euro.Shenwan Hongyuan profitierte von einer in der vergangenen Woche neu angefachten Rally für chinesische Finanzwerte. Eine seit gut zwei Monaten währende Megahausse am chinesischen Aktienmarkt hat den Wertpapierhäusern in einem von Kleinanlegern dominierten Börsengeschehen enormen Zulauf gebracht und dürfte den Instituten im vergangenen Jahr Rekordgewinne beschert haben. Fette Gewinne in SichtZwar sind die Einzelabschlüsse noch nicht veröffentlicht, doch geht aus einer Mitteilung der Verbandsorganisation Securities Association of China hervor, dass die 120 als Broker registrierten Gesellschaften in China im Jahr 2014 Einnahmen über gut 260 Mrd. Yuan verbuchten, aus denen Gewinne über 97 Mrd. Yuan, gezogen wurden, das sind knapp 14 Mrd. Euro. Analysten betonen allerdings, dass der Höhenflug für Brokeraktien bald ausgereizt sein könnte, nachdem börsennotierte Adressen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres fast durchweg ihren Marktwert mehr als verdoppeln konnten. Neue Daten für Januar zeigen, dass die durchschnittlichen Handelsumsätze etwa 45 % unter den im Dezember erreichten Spitzenwerten liegen, während die Zahl der neu eröffneten Brokerkonten um etwa 50 % zurückgedrängt wurde.Zuletzt hatte es Anfang vergangener Woche einen schweren Kurseinbruch gegeben, nachdem die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde China Securities Regulatory Commission (CSRC) einen restriktiveren Umgang beim boomenden Geschäft mit dem sogenannten Margin Financing, also der Gewährung von Wertpapierkrediten auf Basis laufender Einschussverpflichtungen, verordnet hatte. Im vergangenen Jahr hatten die Broker insgesamt Zinseinnahmen aus dem Wertpapierkreditgeschäft von über 45 Mrd. Yuan verbucht, wie die Daten des Brokerverbandes zeigen. Die CSRC hatte den Branchenführern Citic Securities, Haitong Securities und Guotai Junan Securities wegen Regelverstößen im Wertpapierkreditgeschäft mit Kleinanlegern ein drei Monate währendes Verbot für Margin Financing mit Neukunden erlassen, und gegenüber neun weiteren Branchenadressen Strafen ausgesprochen. Nach einer anfänglichen Schockreaktion haben die Aktien der Brokerhäuser die Hausse wieder aufgenommen. In ihrem Sog erreichten auch die führenden Aktienindizes ein neues Fünfjahreshoch. Der marktbreite Shanghai Composite etwa legte um weitere 0,9 % auf 3 383 Punkte zu und liegt nun auf dem höchsten Stand seit August 2009. KorrekturbedarfShenwan Hongyuan ist aus der Verbindung zweier staatlicher Brokergesellschaften entstanden, nachdem die Regierung eine Konsolidierung in dem noch sehr fragmentierten Markt angeregt hatte. Dabei übernahm die bislang nicht gelistete Shenyin & Wanguo Securities die börsennotierte Hong Yuan Securities für knapp 39,6 Mrd. Yuan (5,6 Mrd. Euro). Experten bezweifeln, dass die neue Gesellschaft ihre hohe Marktkapitalisierung halten können wird. Gegenwert notiert die Aktie mit dem rund 7,8 fachen ihres Buchwerts und damit etwa doppelt so hoch wie der Branchenprimus Citic Securities, der beim 3,4-Fachen des Buchwerts liegt.