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Ein Sparkässler vom Scheitel bis zur Sohle

Von Bernd Wittkowski, Frankfurt Börsen-Zeitung, 29.11.2017 Helmut Schleweis ein "unbeschriebenes Blatt" zu nennen, wäre zweifelsohne maßlos übertrieben. Richtig ist aber sicher: Überregional und außerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe kann der...

Ein Sparkässler vom Scheitel bis zur Sohle

Von Bernd Wittkowski, FrankfurtHelmut Schleweis ein “unbeschriebenes Blatt” zu nennen, wäre zweifelsohne maßlos übertrieben. Richtig ist aber sicher: Überregional und außerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe kann der Bekanntheitsgrad des 63-jährigen Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Heidelberg als noch ausbaufähig gelten. Im öffentlich-rechtlichen Finanzverbund hingegen ist der designierte Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) schon lange alles andere als ein Leichtgewicht. Seit 2010 ist er – inzwischen zweimal für je drei Jahre wiedergewählt – Bundesobmann der Vorstände der 396 deutschen Sparkassen, also oberster Interessenvertreter dieser Institute in den Gremien des Dachverbandes, damit zugleich Vizepräsident des DSGV und Mitglied in dessen fünfköpfigem Präsidialausschuss, des engsten Führungszirkels. Ferner ist er unter anderem stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der DekaBank sowie Mitglied des Aufsichtsrats der Berlin Hyp und der Trägerversammlung der Helaba. Höchstes VertrauenskapitalSolche Ämter kann nur sammeln, wer nicht allein über eine herausragende Sachkompetenz verfügt, sondern auch mit höchstem Vertrauenskapital ausgestattet ist und sich breitester Wertschätzung bei den Kollegen erfreut. Die noch nicht so ausgeprägten Kontakte in die überregionale, nicht zuletzt die europäische Politik sowie zu Notenbanken und Aufsichtsinstanzen werden sich im neuen Amt schnell knüpfen lassen.Die Gesprächspartner in Berlin, Brüssel, Bonn oder Frankfurt werden einen Interessenvertreter kennenlernen, der nicht nur seine fachlichen Qualitäten unter Beweis gestellt hat, sondern der auch Klartext redet und die harte Auseinandersetzung in der Sache nicht scheut. Nachhaltigen Eindruck hinterließ Schleweis beispielsweise 2016 mit einem Auftritt beim Deutschen Sparkassentag in Düsseldorf, wo er ein Themenforum “Einfach zukunftsweisend” eröffnete. Dort wandte er sich gegen eine “überbordende Bürokratisierung” und eine “planwirtschaftlich anmutende Regulierung”, die den Sparkassen und vor allem den kleineren Instituten die Luft zum Atmen nehme. Er kritisierte einen “falsch verstandenen Verbraucherschutz” ebenso wie die aus seiner Sicht zu verbraucherfreundliche Rechtsprechung.Beides gehe zulasten der Erträge der Sparkassen, deren Geschäftsmodell obendrein durch die Zinspolitik der EZB – die zudem die Sparer diskriminiere – auf eine harte Probe gestellt werde. Schleweis, der keiner Partei angehört, rief zum Kampf für den Erhalt der Sparkassenidee und zum “Widerstand” gegen die für die Gesamtwirtschaft schädlichen und dem Wohlstand der Gesellschaft abträglichen Entwicklungen wie eben Überregulierung und Null- oder Negativzinsen auf. Auch nach innen schreckt er nicht vor deutlichen Ansagen zurück, mahnt Disziplin an, beklagt die “Geschwätzigkeit in unserer Gruppe”, die nach seiner Meinung zur “interessegeleiteten Veröffentlichung von Halbwahrheiten” führt und nichts mit Transparenz zu tun habe, sondern das Vertrauen in die Solidität der Sparkassen schwäche. “Den Mund halten und härter arbeiten”, statt mit jedem beliebigen Thema auf den Jahrmarkt der Eitelkeiten zu gehen, lautet seine Devise. Für weitere KonsolidierungDie Zukunftsaufgaben seien für die Sparkassen nicht unlösbar, sagt Schleweis. In technologischer Hinsicht etwa müsse sich die Gruppe nicht vor der angestammten Konkurrenz verstecken, auch die gemeinsamen Anstrengungen mit der DekaBank im Wertpapiergeschäft zeugten von der Handlungsfähigkeit und vom Handlungswillen der roten Finanzgruppe. Was die Kräftebündelung bei Landesbanken, öffentlichen Versicherern und Landesbausparkassen angeht, erkennt er Fortschritte und “überzeugende Beispiele”, fügt aber hinzu: “Das reicht nicht.” Der Weg der Konsolidierung müsse konsequent weitergegangen werden.Der gebürtige Heidelberger ist Sparkässler vom Scheitel bis zur Sohle. Der verheiratete Vater zweier Kinder lebt sozusagen in zweiter Ehe schon seit mehr als vier Jahrzehnten mit der Sparkasse seiner Heimatstadt zusammen. Dort begann 1973 nach dem Abitur in Sinsheim sein Berufsweg mit der Ausbildung zum Bankkaufmann. Vier Jahre später absolvierte er den Sparkassenfachlehrgang an der Badischen Sparkassenakademie in Rastatt. Es folgten die Ausbildung an der Deutschen Sparkassenakademie in Bonn mit dem Abschluss Diplom-Sparkassenbetriebswirt und ein Lehrgang an der Führungsakademie des Landes Baden-Württemberg in Karlsruhe.In den Vorstand der Sparkasse Heidelberg, die heute mit einer Bilanzsumme von rund 7,3 Mrd. Euro auf Platz 30 in der bundesweiten Größenrangliste aller Sparkassen liegt, wurde Schleweis 1988 berufen. Nach dem Aufstieg zunächst zum Vize 1997 übernahm er 2002 den Vorsitz. Seit 2007 fungierte er parallel als Landesobmann der Sparkassenvorstände im Südwesten.”Die Menschen sind es, die die Sparkassenorganisation ausmachen”, weiß Schleweis. Und: “Persönlicher Einsatz ist nötiger denn je.” Beides kann er mit hoher Wahrscheinlichkeit schon bald im neuen Amt als oberster deutscher Sparkässler demonstrieren.