GastbeitragDaniel Quinten

Die Institutssicherung – eine deutsche Erfindung und Erfolgsgeschichte

Vor 90 Jahren wurde in Deutschland der Institutsschutz eingeführt. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken setzt sich heute dafür ein, dass die Institutssicherung nicht durch Pläne der EU-Kommission gefährdet wird, die Abwicklung kleiner und mittlerer Banken durch nationale Einlagensicherungs- und Institutsschutzsysteme mitzufinanzieren.

Die Institutssicherung – eine deutsche Erfindung und Erfolgsgeschichte

Gastbeitrag

Die Institutssicherung – eine deutsche Erfolgsgeschichte

Die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) feiert in diesem Jahr ihr 90-jähriges Bestehen als das weltweit älteste private Sicherungssystem für Banken. Diese lange Geschichte ist geprägt von einer außergewöhnlichen Erfolgsbilanz: Das Kundenvertrauen in angeschlossene Banken ist so hoch, dass in Krisen – sei es Herstatt, sei es Finanzkrise, sei es Silicon Valley Bank – die Mitgliedsbanken stets als sichere Häfen angesehen werden.

Beitrag zum Erfolg des dezentralen Wirtschaftsmodells

Die Bedeutung dieser Erfolgsgeschichte kann nicht überschätzt werden, weil sie für den Wirtschaftsstandort Deutschland wichtig ist. Denn die Volksbanken und Raiffeisenbanken finanzieren maßgeblich mittelständische Unternehmen in allen Regionen Deutschlands und tragen so erheblich zum Erfolg, ja zur Existenz des dezentralen Wirtschaftsmodells bei.

Die Fähigkeit der Genossenschaftsbanken, die Regionen mit Bankdienstleistungen zu versorgen, hängt natürlich vom Vertrauen der Kundinnen und Kunden in die Stabilität der Banken ab, die unter der gemeinsamen Marke „Volksbanken Raiffeisenbanken“ auftreten. Ohne die Sicherungseinrichtung wäre dieses Vertrauen gefährdet und die regionale Finanzierung und Versorgung beeinträchtigt.

Die Ursprünge der Sicherungseinrichtung reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als gefährdete Bankgenossenschaften sich durch verschiedenste, wenig systematische Konstrukte gegenseitig vor der Insolvenz retteten. Während der Weltwirtschaftskrise in den späten 1920er Jahren gründeten genossenschaftliche Regionalverbände dann offizielle Garantiegemeinschaften auf freiwilliger Basis.

Der Deutsche Genossenschaftsverband führte 1934 erstmals deutschlandweit den Institutsschutz im Interesse der Sparer ein und legte damit den Grundstein für das heutige genossenschaftliche Institutssicherungssystem. Der „Kreditgenossenschaftliche Garantiefonds“ unterstützte im Bedarfsfall notleidende Banken. Die Raiffeisenorganisation folgte diesem Beispiel 1941. In den 1970er Jahren wurden die Sicherungseinrichtungen der beiden genossenschaftlichen Säulen zum „Garantieverbund der Volksbanken und Raiffeisenbanken“ verschmolzen. Die neu geschaffene Sicherungseinrichtung wurde seitdem kontinuierlich und aus eigenem Antrieb weiterentwickelt. Ab 1985 erhielt sie zusätzliche Instrumente, um auf schädliche Entwicklungen bei einzelnen Banken frühzeitig reagieren zu können. In den 2000er Jahren wurden die Pflichten für angeschlossene Banken konkretisiert und es wurde ein abgestuftes Präventionssystem definiert. In der Folge wurde ein Klassifizierungsverfahren angestoßen, um die Grundlagen für Präventionsmaßnahmen zu schaffen. Die letzte systematische Weiterentwicklung der Sicherungseinrichtung mit einer deutlichen Stärkung der Prävention erfolgte erst im Jahr 2023.

Erklärungsbedürftiges Modell

Die Bedeutung der in Deutschland gewachsenen und erfolgreichen Landschaft von verschiedenen Sicherungssystemen ist oftmals erklärungsbedürftig, weil das Modell nicht in den „One size fits all“-Ansatz passt, der nach der Finanzkrise auf Ebene der Europäischen Union (EU) verfolgt wird. So wurde im Kontext der Bankenunion das Single Rule Book verabschiedet und für die Bankenaufsicht der Single Supervisory Mechanism und für die Bankenabwicklung der Single Resolution Mechanism eingerichtet. Und schließlich wurden die Regelungen für die existierenden nationalen Einlagensicherungssysteme harmonisiert.

Ungeachtet der Bedeutung der Institutssicherung für die deutsche Wirtschaft arbeitet die EU-Kommission unverändert daran, die Sicherungssysteme in der Bankenunion weiter zu vereinheitlichen und dabei willentlich eine Schwächung der deutschen Institutssicherung in Kauf zu nehmen. 2015 hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Finanzmittel aller nationalen Sicherungssysteme zu vergemeinschaften und dem direkten Zugriff der Sicherungssysteme zu entziehen. Ziel war es, schwach ausgestattete Einlagensicherungssysteme durch die Mittel gut ausgestatteter Sicherungssysteme zu finanzieren. Gerade solche Bankensektoren in Mitgliedstaaten mit hohen Risiken hätten davon profitiert, während insbesondere die genossenschaftliche Institutssicherung Nettobeitragszahler gewesen wäre. Trotz erheblicher Kritik an diesem Vorschlag der EU-Kommission hat sie sich bislang geweigert, diesen zurückzunehmen.

Opposition gegenüber CMDI

Im Gegenteil: Mit einem zusätzlichen Vorschlag vom April 2023 zur Neufassung des Krisenmanagementrahmens für Banken (CMDI) verfolgt die EU-Kommission nun parallel das Ziel, institutssichernde Systeme faktisch vom Markt zu nehmen. Die Abwicklung soll auch für kleine und mittlere Banken zum Standard werden; diese Abwicklung soll wiederum durch die nationalen Einlagensicherungs- und Institutsschutzsysteme mitfinanziert werden. Um den Zugriff auf die Finanzmittel durch die Abwicklungsbehörden sicherzustellen, sollen Institutssicherungssysteme ihre eigenen Finanzmittel nicht mehr für ihre eigenen institutssichernden Maßnahmen verwenden dürfen. Die Folgen wären nicht mehr Finanzstabilität, sondern weniger, sowie weitreichende negative Folgen für die Finanzierung der deutschen mittelständischen Wirtschaft. Die Einschätzung zu den ökonomisch negativen Auswirkungen des Kommissionsvorschlags wird übrigens von allen Institutssicherungssystemen in der EU – für ihre jeweiligen Länder – geteilt, darunter in Spanien, Italien, Polen und Österreich.

United in Diversity

Der BVR setzt sich deshalb dafür ein, dass die 90-jährige Erfolgsgeschichte der genossenschaftlichen Institutssicherung nicht durch für hiesige Strukturen unpassende Vergemeinschaftungszwänge der europäischen Institutionen beendet wird. Gerade angesichts der multidimensionalen Krisen und Herausforderungen, denen sich Deutschland und die Europäische Union ausgesetzt sehen, kommt es darauf an, die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit deutscher Unternehmen zu bewahren und zu fördern. Dazu gehört auch, die bestehenden Strukturen anzuerkennen und zu akzeptieren. Insbesondere die EU-Kommission sollte sich hier den Leitspruch der EU zu Herzen nehmen, der auch die 697 Genossenschaftsbanken prägt: United in Diversity, um gemeinsam mehr zu erreichen.

Daniel Quinten

Mitglied des Vorstandes beim BVR

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