Eine Spac für Europas Fintech-Sektor
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Ex-Commerzbank-Chef Martin Blessing macht Ernst mit den Plänen für den Börsengang eines leeren Übernahmevehikels (Special Purpose Acquisition Company/Spac): Die European Fintech IPO Company 1 (EFIC1) wird vermarktet als erste europäische auf den Fintech-Sektor zugeschnittene Spac, soll noch im März an Euronext Amsterdam ihr Listing erleben und mit der Platzierung von Aktien sowie entsprechenden Bezugsrechten bei Institutionellen 365 Mill. bis rund 415 Mill. Euro einspielen.
Als Ankerinvestor mit einem erwarteten Engagement von 40 Mill. Euro tritt die niederländische Anlagegesellschaft HTP unter Führung von Klaas Meertens auf, der in den EFIC1-Board einzieht. Credit Suisse fungiert als Sole Global Coordinator, Joint Bookrunner und Underwriter, ABN Amro und Oddo BHF treten zudem als Joint Bookrunner sowie Listing and Paying Agents auf.
Das Management um EFIC1-Chef Blessing, darunter der frühere Barclays-Ventures-Chef Ben Davey sowie Nick Aperghis, Gründer des nach ihm benannten Beratungshauses, strebt binnen zweier Jahre einen Zusammenschluss mit einem in Europa, Großbritannien oder Israel ansässigen Fintech an.
Wie Blessing der Börsen-Zeitung sagt, will sich EFIC1 nach einem Übernahmeziel mit einem Wert von mindestens 1 Mrd. Euro umschauen: „Wir glauben, dass größere Unternehmen nach einem Listing eine stärkere Beachtung bei Analysten und Investoren erfahren.“ Mit einer Reihe von Long-only-Investoren habe man bereits gesprochen und etwa von Family Offices oder Pensionskassen sehr gutes Feedback erhalten. Auch langfristig orientierte Hedgefonds seien jedoch als Zeichner willkommen. An interessanten Übernahmezielen herrscht kein Mangel, wie Blessing nicht zuletzt mit Verweis auf 15 Mrd. Euro an Pre-IPO-Finanzierungen in Europas Fintech-Sektor in den beiden vergangenen Jahren vorrechnet. Als interessante Segmente nennt er Paytech, Banktech, Insurtech, aber auch Anbieter von Banking-as-a-Service sowie andere Zulieferer von Finanzdienstleistern. Auch eine Kreditplattform könne man sich vorstellen, ergänzt er auf Nachfrage. „Da müsste man allerdings ganz genau hingucken, was im Kreditbuch passiert“, schränkt er zugleich ein. Schließlich ginge es in diesem Fall darum, das Verlustrisiko im Kreditbuch zu bewerten. „Dies ist rund um Covid-19 noch etwas schwieriger.“
Eine abgeklärte Haltung Kreditplattformen gegenüber hatte Blessing schon als Commerzbank-Chef an den Tag gelegt und sinngemäß geunkt, er wolle erst einmal abwarten, wie sich diese über einen gesamten Kreditzyklus hinweg schlagen. Im Gegensatz zu seiner Zeit als Bankchef steht es ihm nun frei, sich solche Risiken erst gar nicht ans Bein zu binden.