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Ekkehard Wenger 65

Von Werner Rüppel, Frankfurt Börsen-Zeitung, 27.5.2017 Als Ekkehard Wenger 1987 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg am Sanderring zu lehren begann, kam dies einer Revolution gleich. Zuvor war Bankbetriebslehre in der Hauptstadt...

Ekkehard Wenger 65

Von Werner Rüppel, FrankfurtAls Ekkehard Wenger 1987 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg am Sanderring zu lehren begann, kam dies einer Revolution gleich. Zuvor war Bankbetriebslehre in der Hauptstadt Unterfrankens ein eher verschlafenes Fach, in dem die Studenten auswendig zu lernen hatten, dass es in Deutschland drei Säulen des Bankgewerbes gibt und welches Institut welcher Säule zuzuordnen war oder wie eine Bankbilanz aufgebaut war. Mit dem damals 35-jährigen Wenger hielt die moderne Kapitalmarkttheorie Einzug, und es wurde interessant: Aktionärsrechte, Principal-Agent-Fragen, Besteuerung von Kapitalgesellschaften, die Bewertung von Optionen mittels Black-Scholes und anderer Modelle, die Duration von Anleihen und vieles mehr stand auf dem Lehrplan. Wobei Wenger, der nicht nur Wirtschaftswissenschaften, sondern auch Physik erfolgreich studiert hatte, auch gerne rechnen ließ. Entsprechend konnten BWL-Studenten, die mathematisch fit waren, gute und sehr gute Noten erzielen, während andere, die nicht in der Lage waren, abzuleiten oder zu integrieren, auf der Strecke blieben. Kein Blatt vor dem MundSpäter wurde der aus Stuttgart stammende Schwabe zum Aktivisten für Aktionärsrechte auf Hauptversammlungen. Wobei er häufig von einigen seiner Studenten begleitet wurde. Als Redner auf den Aktionärstreffen und auch bei anderen Äußerungen in der Öffentlichkeit hat Wenger kein Blatt vor den Mund genommen. Manch ein Ökonom vertritt dabei die Auffassung, Wengers Auftreten sei notwendig und förderlich, um die Aktionärsrechte zu verbessern. Andere meinen, Wenger sei mitunter verletzend und sollte seine Worte mit mehr Bedacht wählen. Gewiss, Urteile von Wenger wie “totale Überbezahlung für eine totale Pfeife” über den früheren Daimler-Chef Jürgen Schrempp lassen sich auch anders ausdrücken. Auch über die früheren Deutsche-Bank-Lenker Hilmar Kopper und Josef Ackermann urteilte Wenger mitunter sehr scharf. Manche Dinge muteten dann auch fast schon ein wenig wie eine persönliche Feindschaft an. Dass Kopper, der die Daimler-Hauptversammlung 1993 leitete, Wenger vom Rednerpult entfernen ließ, nachdem der Professor die zulässige Redezeit überschritten hatte, bleibt in Erinnerung.Bei den Unternehmen ist Wenger stets gefürchtet gewesen. Nicht allein wegen seiner deutlichen Worte. Wenger ist fachlich versiert und kennt die Details. Wer vermag zu beurteilen, ob ein Aktienoptionsprogramm fair gestaltet ist? Wenger kann das und hat auch als Professor, ausgestattet mit einem Lehrstuhl, die Zeit dafür gefunden, solche Dinge auszurechnen oder rechnen zu lassen. Und Wenger gibt auch einmal Widerspruch zu Protokoll und klagt Aktionärsrechte ein.Aus heutiger Sicht wirkt Wengers in den vergangenen Jahren vorgetragene Kritik vielfach treffend, wenngleich man sich über seine Wortwahl sehr wohl streiten mag. Insgesamt ist es aber für die Aktienkultur hiezulande positiv zu beurteilen, dass es Aktivisten wie ihn gibt. Am 29. Mai wird Ekkehard Wenger 65 Jahre alt. Am 1. April 2018 wird er nach mehr als 30 Jahren Lehrtätigkeit an der Universität Würzburg in den wohlverdienten Ruhestand gehen.