Elementarschadenversicherung ist kalkulierbar und möglich
Die SV SparkassenVersicherung ist einer der größten Gebäudeversicherer in Deutschland. In ihrem Geschäftsgebiet in Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Teilen von Rheinland-Pfalz ist sie Marktführer. In Baden-Württemberg und Hessen liegen – aufgrund ihrer Herkunft aus den ehemaligen Monopolanstalten – ihre Marktanteile zwischen 60 und 70 %. Ebenfalls ein Erbe der Monopolzeit ist die umfassende Elementarschadenversicherung. In Baden-Württemberg war sie Teil der Gebäudepflichtversicherung. Neben dem Schutz gegen Feuer enthält sie einen umfassenden Schutz gegen Sturm, Hagel, Hochwasser, Überschwemmung, Schneedruck, Erdfall, Erdrutsch, Bergsturz und Lawinen sowie Erdbeben. In Baden-Württemberg sind immer noch fast alle Gebäude gegen Feuer, Sturm, Hagel und gegen die erweiterten Elementargefahren abgesichert.Wenn es zu einem Naturereignis kommt, gibt es viele Schäden auf kleinem Raum. Der hohe Marktanteil der SV wird dann zu einem Kumulrisiko. Was das bedeutet, hat sich zuletzt am 28. Juli 2013 beim Hagelschlag in der Region Reutlingen gezeigt. Innerhalb von nur 15 Minuten sind 70 000 bei der SV versicherte Häuser beschädigt worden. Die Schadensumme lag bei 600 Mill. Euro. Es war der größte Schaden, den die SV in ihrer Geschichte bislang erlebt hat. Aber es war bei Weitem nicht der einzige. Es gab den Orkan “Lothar” (1999), den Hagel in Villingen-Schwenningen (2006), den Orkan “Kyrill” (2007) oder den Starkregen im Killertal (2008). Wer die Statistiken der Munich Re verfolgt, sieht, dass deutschland- und weltweit der Trend zu immer mehr und immer größeren Elementarschäden seit vielen Jahren eindeutig ist. Wir sehen das auch in unseren Statistiken.Die umfassende Elementarschadenversicherung bei gleichzeitig hoher Marktdurchdringung bildet ein Kumulrisiko für die SV Gebäudeversicherung. Es stellt sich die Frage der Risikotragfähigkeit. Um die Verpflichtungen, die die Versicherer ihren Kunden gegenüber übernommen haben, erfüllen zu können, sind sie nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) verpflichtet, ausreichend Sicherheitsmittel zur Verfügung zu haben. Messlatte ist die Solvabilität.Ermittelt wird die Solvabilität zurzeit nach einer relativ starren Formel, die das Prämienvolumen und den Schadenaufwand berücksichtigt. Künftig wird – nach Solvency II – die Solvabilität nach einer neuen Formel ermittelt. Diese berücksichtigt stärker als bisher das individuelle Risiko aus dem konkreten, vom einzelnen Versicherungsunternehmen gezeichneten Bestand. Versicherungsbestände mit großer Stabilität benötigen weniger Risikokapital als Bestände mit einer hohen Volatilität, das heißt, Bestände, die großen Schwankungen unterliegen. Hierzu zählt die Elementarschadenversicherung.Solvency II legt auch die untere Grenze des Sicherheitsniveaus, die ein Versicherungsunternehmen erreichen muss, neu fest. Zukünftig muss die SV genügend Finanzmittel zur Verfügung haben, um 200-jährige Ereignisse aushalten zu können. Ein 200-jähriges Ereignis ist eines, das statistisch nur alle 200 Jahre auftreten sollte. Was allerdings nicht bedeutet, dass nicht zwei 200-jährige Ereignisse in kurzer Zeit aufeinanderfolgen können. Für die SV Gebäudeversicherung ist dabei das Risiko eines 200-jährigen Elementarereignisses die größte Gefahr. Um dieses abzuschätzen, braucht man realistische Modelle.Die SV ist schon seit längerem dabei, gemeinsam mit der Wissenschaft die Risiken durch Massenelementarschäden zu bewerten und eigene Modelle zu entwickeln. Bereits 2005 wurde mit Hilfe von SV-Daten vom Center für Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine Sturmrisikokarte erstellt. Darauf folgte eine gemeinsame Untersuchung zur Hagelgefährdung in Baden-Württemberg. Die SV hat zusammen mit CEDIM und dem geophysikalischen Institut (GPI) auch das Erdbebenrisiko in der Region genauer erforscht. Aktuell wird ein Forschungsprojekt aufgesetzt, das sich mit dem Überschwemmungsrisiko beschäftigt. Den Forschungen liegen dabei jeweils Bestands- und Schadendaten der SV zu Grunde. Damit wird unser eigenes Asset-Liability-Tool immer weiter verfeinert.Solvency II überträgt mit der möglichst exakten Risikobewertung in die Regulatorik, was wir schon seit vielen Jahren im Zusammenspiel mit den Rückversicherern machen. Elementarschadenversicherung ist ohne Rückversicherung nicht machbar – und auch die Rückversicherer wollen eine adäquate Risikoeinschätzung. Hier schließt sich der Kreis. Auf der einen Seite gibt es die – immer weiter verfeinerten – Risikomodelle. Diese Modelle zeigen, welche Risiken wir abdecken – und entsprechend rückversichern – müssen. Und sie helfen den Rückversicherern, den Preis für den Schutz zu bestimmen. Je exakter die Modelle sind, desto besser für alle.Unsere eigene Modellrechnung hat ergeben, dass der Hagelschlag von Reutlingen ein 200-jähriges Ereignis war. Das Erfreuliche für die SV und ihre Kunden: Alle Maßnahmen der SV haben genauso gegriffen, wie sie geplant waren. Auch die Rückversicherung hat ihre erwartete Wirkung gezeigt. Die SV hätte im Jahr 2013 sogar noch ein zweites Hagelunwetter dieser Dimension ohne Schwierigkeiten überstehen können.Die umfassende Elementarschadenversicherung ist für Unternehmen kalkulierbar und möglich. Das zeigt das Beispiel der SV in Baden-Württemberg, wo mehr als 95 % aller Häuser umfassend versichert sind. Die immer wieder aufflammende Diskussion um die Pflichtversicherung führt deshalb in die Irre. Die Versicherungswirtschaft ist in der Lage, die Elementarschadenversicherung anzubieten und sie ist nicht unbezahlbar teuer – wir reden hier von durchschnittlich 1,36 Euro am Tag für die komplette Gebäudeversicherung eines normalen Einfamilienhauses. Die eigentliche Problematik ist, dass außerhalb Baden-Württembergs das Bewusstsein der Menschen für die Dringlichkeit der Absicherung von Elementarrisiken nur langsam wächst.Es ist unsere Aufgabe, die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig die Absicherung ihres Eigentums ist. Die Versicherungswirtschaft hat in den vergangenen Jahren viel dafür getan. Sie hat gemeinsam mit einigen Bundesländern Elementarschadenkampagnen initiiert. Diese stellen darauf ab, die Versicherungsdichte bei der Elementarschadenversicherung deutlich zu erhöhen. Wir hoffen, dass diese Informationskampagnen, die wir inzwischen mit sechs Bundesländern durchführen, bundesweit Schule machen.——Dr. Klaus Zehner, Vorstand Schaden/Unfall, SV SparkassenVersicherung