NOTIERT IN MADRID

Ende der Erpressung

Spaniens Banker atmen auf, denn sie sind wohl einen sehr unbequemen Gegner losgeworden. Am Freitag wurden der Präsident von Ausbanc, einem vermeintlichen Verbraucherschutzverein für Kunden der Finanzbranche, und der Chef einer selbst ernannten...

Ende der Erpressung

Spaniens Banker atmen auf, denn sie sind wohl einen sehr unbequemen Gegner losgeworden. Am Freitag wurden der Präsident von Ausbanc, einem vermeintlichen Verbraucherschutzverein für Kunden der Finanzbranche, und der Chef einer selbst ernannten Gewerkschaft zur Bekämpfung der Korruption, Manos Limpias (“saubere Hände”), festgenommen. Luis Pineda und Miguel Bernad sitzen nun in Untersuchungshaft. Ihnen wird der Zusammenschluss zu einer kriminellen Organisation, Erpressung und Betrug vorgeworfen.In der Bankbranche war es seit Jahren ein offenes Geheimnis, dass Ausbanc einzelne Personen und ganze Kreditinstitute erpresste, doch kaum jemand wagte dies offen zu sagen. Das “Geschäftsmodell” war äußerst erfolgreich, denn die Fahnder haben bereits 7 Mill. Euro entdeckt, die Pineda und Bernad ins Ausland geschafft haben. Ausbanc brachte die Beschwerden von Kleinkunden, die sich von Banken geprellt fühlten, vor Gericht und erzielte einige achtbare Erfolge. Pineda begann auf diskrete Art Geld zu fordern, um im Gegenzug einige solcher Klagen zurückzunehmen. Die zweite Masche lief wie folgt: Finanzinstitute konnten sich über Pineda eine positive Berichterstattung in den diversen Medien des offiziell gemeinnützigen Vereins Ausbanc kaufen – andernfalls drohte ihnen eine Schmierenkampagne. Die Zahlung erfolgte über Werbung, Veranstaltungssponsoring, den Kauf von Abonnements oder “Beratungstätigkeiten”, wobei ein Teil des Geldes vermutlich auch unter dem Tisch ausgehändigt wurde. Die Magazine und Newsletter von Ausbanc bestachen durch eine eigenartige Mischung aus großen Anzeigen führender Finanzinstitute und einer teils sehr aggressiven Berichterstattung über einzelne Unternehmen.Fast alle gaben der Erpressung von Pineda nach, mit den erwiesenen Ausnahmen von BBVA und Caja Madrid, aus der die heutige Bankia hervorging. Einer der wenigen Betroffenen, die öffentlich die kriminellen Machenschaften von Ausbanc anschwärzten, war Javier López, der Vorsitzende von CreditServices, einem kleinen Dienstleister für die Umstrukturierung von Kundenkrediten. López schilderte den Ermittlern, wie Pineda von ihm vor ein paar Jahren 300 000 Euro verlangte, zahlbar über Werbeanzeigen und Abokäufe. Als er sich weigerte, wurde seine Firma in den Medien des Vereins beständig verunglimpft. López machte dies öffentlich, Pineda verklagte ihn wegen Ehrverletzung und bekam in zweiter Instanz recht.Mit seinem Gesinnungsgenossen Bernad aus der rechtsradikalen Szene der Franco-Nostalgiker baute Pineda das System aus. Manos Limpias begann, prominente Personen und Institutionen zu verklagen, und stützte sich dabei auf die juristische Figur der Anklage, die vermeintlich das öffentliche Interesse vertritt. So etwa im Fall Bankia, wo sich der frühere Vorsitzende und ehemalige Wirtschaftsminister und IWF-Direktor Rodrigo Rato für die vermeintliche Misswirtschaft zu verantworten hat, die den Steuerzahler Milliarden an Hilfsgeldern für das verstaatlichte Kreditinstitut gekostet hat. Auch Manos Limpias erzielte mehrere medienwirksame Erfolge vor Gericht, die Bernad und Pineda ermöglichten, Unternehmer und Firmen zu erpressen. So klagten die “sauberen Hände” unter anderem gegen die Linkspartei Podemos und eine beliebte Kindersendung im Staatsfernsehen, weil diese Puppen einsetzte, die angeblich das junge Publikum moralisch korrumpierten. Beide Fälle sorgten für Schlagzeilen, blieben aber ohne juristischen Erfolg.Das Geld floss nach bewährtem Weg über die Medien und andere Geschäfte von Ausbanc, welche wiederum Manos Limpias mit deren kostspieligen Prozessen finanzierte. Die Ermittlungen gegen beide Organisationen laufen seit einem Jahr. Mit ausschlaggebend für die Verhaftung war die Anzeige von Miguel Roca, dem Anwalt von Prinzessin Cristina. Pineda und Bernad hatten nach dessen Aussagen 3 Mill. Euro gefordert, damit Manos Limpias die Anklage gegen die Schwester von König Felipe im Fall um die vermeintlich korrupten Geschäfte ihres Ehemanns zurückzieht. Nach der Verhaftung der beiden mutmaßlichen Erpresser und einiger ihrer Mitarbeiter dürften in nächster Zeit wohl mehrere Gerichtsprozesse mangels Klägern vorzeitig beendet sein.