Endlich Klarheit
Die europäischen Mühlen mahlen bekanntlich oft sehr gründlich, aber auch sehr langsam. Da braucht es dann Übersetzungen in alle EU-Sprachen, juristische Prüfungen und verstrichene Einspruchsfristen, bis ein Rechtsakt schlussendlich im Amtsblatt erscheinen kann. Von daher ist es keine große Überraschung, dass EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness jetzt angekündigt hat, die überarbeiteten Priips-Beipackzettel nicht schon zum 1. Januar nächsten Jahres einzuführen. Die verbleibende Umsetzungsfrist für alle Beteiligten war einfach zu kurz geworden.
Die geplante zusätzliche Frist von sechs Monaten, die auch für die Ausnahmen der Publikumsfonds gelten soll, ist ein klassischer Kompromiss, der weder in den EU-Staaten noch im Europaparlament oder in der Finanzbranche auf großen Widerstand stoßen sollte – auch wenn es zuvor durchaus auch Forderungen nach einer doppelt so langen Verschiebung gegeben hatte. Doch damit dürften jetzt alle Seiten leben können.
Viel wichtiger ist zudem: Nach dem zum Teil dogmatisch geführten Streit im vergangenen Jahr, wie denn die immer wieder in der Kritik stehenden Anleger-Informationsblätter genau nachgebessert werden sollen, und der anschließenden monatelangen Selbstblockade der drei EU-Finanzregulierungsbehörden (ESAs) hat die Europäische Kommission jetzt endlich für Klarheit gesorgt, wie es im Priips-Dossier weitergeht – sowohl beim Zeitplan als auch inhaltlich. Denn ganz offensichtlich will die Brüsseler Behörde den von den ESAs schließlich doch noch gebilligten Kompromiss auch akzeptieren.
McGuinness, die zuständige Kommissarin, macht bei Priips Druck. Sie hatte im Dezember bereits mit einem Ultimatum dafür gesorgt, die Debatte um die neuen technischen Standards bei den Anlegerinformationen weiter voranzutreiben. Und nun will sie dieses Thema bis Jahresende endgültig vom Tisch haben, weil mit dem großen Review der Priips-Regulierung im ersten Halbjahr 2022 schon eine ganz neue inhaltliche Debatte bevorsteht.
Bei der ersten umfassenden Prüfung des Priips-Rahmens muss es dann unter anderem um eine bessere Abstimmung mit den IDD- oder auch den Mifid-Regeln gehen, die in den vergangenen Jahren immer wieder für Ärger gesorgt haben – zum Beispiel in Bezug auf Offenlegung und Kosten. Die jetzt anstehenden Schnellverfahren, mit denen erst einmal die Zeitpläne für die Umsetzung der neuen Standards geändert werden, sind hierfür eigentlich nur ein Vorspiel.