Romain Mazeries

„EPI passt zum Fahrplan für harmonisierte Dienste“

Keiner weiß so genau, was der Payment-Markt braucht, wie die Unternehmer, die ihn prägen. Mangopay organisiert den Zahlungsverkehr auf multilateralen Online-Plattformen. CEO Romain Mazeries ist sich einer Sache ganz sicher: Europa braucht den über EPI harmonisierten Zahlungsverkehr.

„EPI passt zum Fahrplan für harmonisierte Dienste“

Björn Godenrath

Herr Mazeries, die Unterstützung für die Europäische Zahlungsinitiative (EPI) wird immer geringer. Ist es noch möglich, in einem kleineren Rahmen zu starten und erfolgreich zu sein?

Es stimmt, dass das Projekt langsam vorankommt. Das könnte ein Hindernis für EPI sein, die eine neue Standardzahlungsmethode werden soll. Aber dass Amazon damit drohte, die Visa-Akzeptanz zu verweigern, zeigt, dass die Vorherrschaft der US-Kreditkartenkonzerne zunehmend in Frage gestellt wird. Aus diesem Grund denke ich, dass es eine echte Chance für Europa sein kann, im Zahlungsverkehr innovativ zu sein. Indem sie sich auf wirklich engagierte Akteure konzentriert, kann EPI durchaus zum Erfolg werden. Schon die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl war ein Projekt, das es trotz Skepsis und vieler Widerstände geschafft hat, alles mitzureißen, was ihm im Weg stand. Heute ist Europa der drittgrößte Wirtschaftsraum der Welt – und die Geschichte begann in einem kleinen Gremium von nur sechs Ländern. Da sich der Zahlungsverkehr rasch weiterentwickelt, ist jetzt die Zusammenarbeit europäischer Banken auf globaler Ebene notwendig. Deshalb glaube ich, dass dieses Projekt einen europäischen Standard für grenzüberschreitende und inländische Zahlungen schaffen wird. Alles hängt letztlich von der Überzeugungskraft der Hauptakteure im Zahlungsverkehr ab.

Wie viel europäische Reichweite braucht es, um es zu einem wirklich europäischen Projekt zu machen, das sich skalieren lässt?

Obwohl viele Banken zögerlicher werden, bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass die Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs von allen gewünscht wird. Der wesentliche Grund für die Zurückhaltung ist wohl die extreme Fragmentierung des europäischen Marktes. Viele Mitgliedstaaten haben ihre eigenen Kartenzahlungssysteme behalten und damit ihre eigenen Regeln und Kanäle, über die Geld ausgetauscht wird. In Frankreich ist es die GIE Carte Bancaire (CB), in Deutschland die Girocard. Diese Zersplitterung erschwert den grenzüberschreitenden Austausch, was dazu geführt hat, dass außereuropäische Akteure wie Visa und Mastercard in dieser Nische unverzichtbar geworden sind. Letztendlich sollten alle bestehenden Systeme und Lösungen wie Paylib in Frankreich und Bizum in Spanien in EPI aufgehen.

Meiner Meinung nach könnte eine EPI-Karte schnell erfolgreich werden, da Karten zwangsläufig ausgetauscht werden. Ist die Kartenfunktion ausschlaggebend für den Erfolg oder gibt es andere Merkmale im Backend-/Frontend-Design, die für die Marktdurchdringung von Bedeutung sind?

Händler jeder Größe suchen nach einer vereinfachten Zahlungsintegration, idealerweise nach einer einzigen Lösung, die alle Zahlungsmethoden miteinander verknüpft. Denn es ist schwierig, jeden Zahlungsmarkt unabhängig voneinander zu integrieren, vor allem wenn Unternehmen keine Erfahrung in diesem Bereich haben. Daher würde ein einheitliches Zahlungsnetz europäischen Händlern große Vorteile bringen. Allerdings muss die Lösung sofort verfügbar sein, da der Markt eine wahrhaftige Echtzeit-Zahlungslösung erwartet. Um auf EPI vorbereitet zu sein, müssen die Händler genau verstehen, wie die Umsetzung funktionieren wird und welche Folgen das Projekt mit sich bringt.

Ist EPI nicht eine einmalige Gelegenheit für Banken mit all der Unterstützung von Zentralbanken und EU-Kommission? Alles, was sie tun müssen, ist, Instant Payment zu übernehmen.

In der Tat scheinen alle Voraussetzungen erfüllt zu sein, um EPI zu einem politischen, wirtschaftlichen und technologischen Erfolg zu machen. Die Initiative wird von mehreren nationalen und europäischen Organisationen unterstützt und steht im Einklang mit Europas Fahrplan für harmonisierte digitale Dienste. Es ist jedoch etwas komplizierter, als Instant Payment einfach zu übernehmen. Die Konvergenz der Zahlungssysteme von Banken, Händlern und Zahlungsdienstleistern erfordert nachhaltige technologische Entscheidungen. Denn es muss die gesamte Zahlungskette berücksichtigt werden: von der Ausgabe der Zahlungsmethode bis zur Erfassung der Transaktion, einschließlich des Akzeptanznetzes des Händlers, der Verarbeitung, des Clearings und so weiter. Eine in Europa entwickelte gemeinsame Zahlungslösung würde die Risiken und Schwachstellen von Massenzahlungssystemen verringern und dazu beitragen, die Kontrolle über sensible Zahlungsdaten aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig könnten sich die Banken im Zahlungsverkehr auf der Grundlage von Instant Payments neu positionieren.

Mit Mangopay führen Sie ein echtes europäisches Zahlungsbusiness. Was brauchen Sie am meisten, um die Paymentprozesse für Marktplätze reibungslos zu ge­stalten?

Im E-Commerce ist der Kunde immer nur kurz davon entfernt, bei einem Konkurrenten zu kaufen. Sie können also auch konkurrierende Artikel von Drittanbietern direkt auf Ihrer eigenen Website anbieten, anstatt einen Klick davon entfernt zu sein, den Kunden zu verlieren. Online-Marktplätze sind eine einzigartige Win-win-win-Situation für Verbraucher, Verkäufer und den Marktplatz selbst. Die Komplexität – und die Risiken – entstehen, wenn es um die Logistik und die Abläufe hinter den Kulissen geht, insbesondere was die Zahlungen betrifft. Die Handhabung von Warenkörben, die Artikel von mehreren Verkäufern und manchmal auch vom Marktplatzbetreiber selbst enthalten, wird komplizierter, wenn Gelder an mehrere Dritte und Logistikpartner überwiesen werden müssen und gelegentlich auch Rücksendungen zu bearbeiten sind. Und Händler jeder Größe suchen nach einer vereinfachten Payment-Integration, die alle Zahlungsströme und Provisionen mit einem einzigen Vertrag automatisiert.

 Mangopay ist mit einer E-Geld-Lizenz über Luxemburg tätig. Funktioniert das wirklich reibungslos über die Grenzen hinweg, oder gibt es zusätzliche Anforderungen seitens nationaler Behörden?

Die europäischen Richtlinien haben definitiv dazu beigetragen, einen Binnenmarkt für Zahlungsdienste und die Ausgabe von elektronischem Geld zu schaffen. Insgesamt können wir sagen, dass wir in der Lage sind, unsere Dienstleistungen in allen EU-/EWR-Mitgliedstaaten auf der Grundlage unserer Lizenz reibungslos zu betreiben. Allerdings beobachten wir einige Reibungen zwischen den Mitgliedstaaten bei den Geldwäscheverhinderungsbestimmungen und unterschiedliche Praktiken zwischen den zuständigen Behörden, die zum Teil mit einem möglichen Goldplating einiger Mitgliedstaaten zusammenhängen. Diese Unterschiede im Bereich Anti Money Laundering wirken sich nachteilig auf die grenzüberschreitende Tätigkeit von Payment-Service-Providern aus. Es wird allerdings erwartet, dass sie in naher Zukunft im Rahmen der Verbesserung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Zahlungsdienstleistern harmonisiert werden.

Die Umsetzung der PSD2 war für viele Marktteilnehmer ein Alptraum. Welche Erfahrungen ha­ben Sie gemacht, und was erwarten Sie von der PSD2-Überprüfung?

Online-Zahlungen zu erhalten scheint einfach zu sein, aber für viele Marktplatzbetreiber ist es ein zunehmend komplexes Minenfeld. Dies gilt insbesondere für Änderungen, die durch die neue Verordnung eingeführt wurden, die erhebliche Auswirkungen auf den Online-Handel in Europa hat. Unsere Kunden sind seit Jahren PSD2-konform, das läuft. Aber viele Plattformen mussten einen Rückgang ihrer Transaktionsraten hinnehmen, als mehr und mehr europäische Banken mit der Umsetzung begannen. Die Umsetzung von PSD2 bleibt auch sieben Jahre nach der Richtlinie eine Herausforderung für Mangopay, da diese in den einzelnen EU/EWR-Mitgliedsstaaten unterschiedlich ist. Open-Banking-Themen und die Ausnahmeregelung zur starken Kundenauthentifizierung ge­hören zu den komplexesten Fragen im Zusammenhang mit der PSD2-Umsetzung.

Lässt sich das mit dem PSD2-Review noch heilen? 

Das Problem ist, dass die der PSD2 innewohnende Logik noch nicht vollständig umgesetzt wurde, insbesondere was offene API und Open Banking betrifft. Diese Überarbeitung der PSD2 könnte es ermöglichen, die Lo­gik zu Ende zu denken und die Fragmentierung zu beseitigen, indem eine präzisere und konkretere Spezifikation von API-Standards, Verzeichnisdiensten und Infrastrukturen aufgenommen wird. Um nur einige unserer Erwartungen in Bezug auf die Überarbeitung der PSD2 zu nennen, erwarten wir eine mögliche Konvergenz zwischen E-Geld und Zahlungsdiensten, deren Regelungen manchmal von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich ausgelegt werden. Darüber hinaus vertrauen wir darauf, dass bestimmte Bestimmungen der PSD2 übernommen werden, um der Art der auf Marktplätzen erbrachten Zahlungsdienste besser gerecht zu werden und den Aufwand insbesondere im Hinblick auf eine starke Kundenauthentifizierung im Falle geringerer Risiken zu verringern.

Das Interview führte .

BZ+
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