Erneuter Kartellverdacht gegen vier Banken
ahe Brüssel – Die Europäische Kommission verdächtigt vier Banken, sich im Anleihenhandel unerlaubt abgesprochen und damit gegen EU-Kartellvorschriften verstoßen zu haben. Ohne Namen zu nennen, gab die Brüsseler Behörde bekannt, dass sie die vier Institute über die Ermittlungen informiert habe. Es geht in dem Fall um wettbewerbsverzerrende Absprachen im Zeitraum 2009 bis 2015 beim Handel mit supranationalen, staatlichen sowie halbstaatlichen Dollar-Anleihen, sogenannten SSA-Anleihen. Nach Informationen der EU-Wettbewerbsbehörde wurden mehrfach sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht, und es gab unter anderem Preisabsprachen. Die entsprechenden Kontakte sollen hauptsächlich über Online-Chatrooms erfolgt sein. Deutsche Bank als KronzeugeDie jetzt erfolgte Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Banken ist ein förmlicher Schritt in den Kartelluntersuchungen der EU-Kommission. Die betroffenen Institute können nun die Untersuchungsakten einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen, um ihre Sicht der Dinge in Brüssel vorzutragen. Eine weitere Frist, bis wann dass Verfahren entschieden sein muss, gibt es nicht. Sollten sich die Vorwürfe gegen die Banken allerdings bestätigen, könnte die Brüsseler Kartellbehörde Geldbußen von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes verhängen.Die Namen der vier Banken wurden gestern nicht öffentlich. Aus Finanzkreisen hieß es, die Deutsche Bank – einer der größten Anleihenhändler der Welt – sei in dem Verfahren als Kronzeuge aufgetreten. In diesem Fall könnte sie damit rechnen, dass ihr eine Strafe ganz oder zumindest teilweise erlassne wird. Die Deutsche Bank selbst erklärte auf Anfrage, sie habe “in dieser Angelegenheit proaktiv mit der Europäischen Kommission zusammengearbeitet” und erwarte keine Geldstrafe. Mit Hinweis auf das laufende Verfahren wollte das größte deutsche Geldhaus keinen weiteren Kommentar zu dem Fall abgeben. Nach Informationen der Börsen-Zeitung sollen an dem Kartell zudem Credit Suisse, Crédit Agricole sowie Bank of America Merrill Lynch beteiligt gewesen sein.Die EU-Kommission erklärte, die Untersuchungen beschränkten sich auf das Verhalten bestimmter Händler der vier Banken. Die Ermittlungen implizierten auch nicht, “dass das mutmaßliche wettbewerbswidrige Verhalten eine geschäftsübliche Praxis unter SSA-Anleihenhändlern darstellt”.Händler-Absprachen in Online-Chaträumen spielten auch bei den vor einigen Jahren bekannt gewordenen Manipulationen des Referenzzinssatzes Libor und anderer wichtiger Zinssätze eine Rolle. Auch damals war die Deutsche Bank beteiligt und musste anschließend in der EU, Großbritannien und den USA Strafen von zusammen mehr als 3 Mrd. Dollar zahlen.