Ertragsschock bei Chinas Banken

Gewinne schrumpfen um mehr als 10 Prozent - Corona erfordert gewaltigen Anstieg der Risikovorsorge

Ertragsschock bei Chinas Banken

Die Gewinne der vier führenden Kreditinstitute Chinas sind erstmals seit der Finanzkrise um mehr als 10 % geschrumpft. Dabei erweist sich das Erfordernis, Chinas Kleinunternehmen über die Coronakrise hinweg mit Krediten flüssig zu halten, als schwere Bürde. Weiter anschwellende Kreditausfallrisiken drohen. nh Schanghai – Während sich die chinesische Wirtschaft auf überzeugende Weise von der Corona-Epidemie und einem Wachstumsrückgang im ersten Quartal wieder erholt, hat für die chinesischen Großbanken das Ringen um die Folgen der Coronakrise und das Verarbeiten von Kreditausfallrisiken erst begonnen. Im ersten Quartal konnten die führenden Banken durchgehend noch mittlere einstellige Gewinnanstiege verzeichnen, im zweiten Dreimonatsabschnitt hinterlassen die Corona-Belastungen jedoch immer deutlichere Bremsspuren in den Ergebnissen.In der ersten Geschäftsjahreshälfte sind die Gewinne des Branchenprimus Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) wie auch der weiteren landesweit breit vertretenen Konkurrenten China Construction Bank (CCB), Agricultural Bank of China (ABC) und Bank of China (BOC) um mehr als 10 % zurückgedrängt worden. Zwar haben sich die Zinsmargen angesichts eines sehr moderaten Lockerungskurses der chinesischen Zentralbank in den vergangenen Monaten nur geringfügig eingeengt, doch müssen die Kreditriesen nach einer starken Ausweitung der Ausreichungen an besonders gefährdete kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Reich der Mitte gewaltige Anstrengungen vornehmen, um steil ansteigenden Kreditausfallrisiken mit entsprechender Risikovorsorge zu begegnen.Bei ICBC, dem nach Bilanzsumme weltgrößten Kreditinstitut, ist der Gewinn nach Steuern in der ersten Geschäftsjahreshälfte um 11,4 % von 167,9 auf 148,8 Mrd. Yuan geschrumpft (18,2 Mrd. Euro). Aus Analystenberechnungen ergibt sich, dass das nicht gesondert ausgewiesene Ergebnis im zweiten Quartal für sich genommen auf einen Rückgang der Gewinne um 25,2 % auf 64,3 Mrd. Yuan hinausläuft. Dies bedeutet in jedem Fall die kräftigste Gewinneinbuße für den chinesischen Marktführer seit einer Sanierungsphase im Vorfeld des Börsengangs 2006. Drohende VerlusteDahinter steht in erster Linie eine Aufstockung der Abschreibungen und Risikovorsorge für drohende Verluste. Insgesamt wurde das sogenannte Impairment um 27 % gegenüber der Vorjahresperiode aufgestockt (siehe Grafik). Bei den Konkurrenten, besonders der BOC, ist dieser Posten allerdings noch wesentlich deutlicher ausgeweitet worden. Die von chinesischen Großbanken gerne in den Vordergrund gestellte Kennzahl Non-performing Loan Ratio, mit der notleidende Kredite in Bezug zum gesamten Kreditportefeuille gebracht werden, hat sich bei ICBC nur relativ geringfügig von 1,43 auf immer noch mäßige 1,50% erhöht. Dies liegt auch daran, dass die chinesischen Banken im Zusammenhang mit der Kreditgewährung an von der Coronakrise besonders gefährdete Kleinunternehmen mehr Freiräume bei der Auszeichnung von notleidenden Krediten erhalten haben. Auch bei den anderen drei Banken ist die Quote nur um einige Basispunkte gestiegen.China Construction Bank weist für die zurückliegende Halbjahresperiode einen Rückgang des Gewinns um 10,7 % auf 137,6 Mrd. Yuan aus, im zweiten Quartal für sich genommen schrumpfte der Gewinn aber um 26,5 % auf 77,3 Mrd. Yuan. Der größte Hypothekenkreditgeber des Landes sah seine Nettozinsspanne um 5 Basispunkte auf 2,14 % einkürzen, das Volumen der notleidenden Kredite erhöhte sich auf 246 (226) Mrd. Yuan. Dabei stieg die NPL-Ratio von 1,42 auf 1,49 %.Ähnlich stellt sich das Ergebnis für die drittgrößte Bank des Landes dar, der vor allem in ländlichen Räumen breit vertretenen Agricultural Bank of China. Hier fiel der Gewinn nach Steuern um 10,4 % auf 108,8 Mrd. Yuan, wobei das Ergebnis allein im zweiten Quartal um 25,8 % auf 60,2 Mrd. Yuan schrumpfte.Der im internationalen Geschäft stärker vertretenen Bank of China wiederum ist es zwar gelungen, die Nettozinsmarge im zweiten Quartal von 1,80 auf 1,82 % zu kräftigen, allerdings musste das Institut den größten Impairment-Schub verdauen. Danach stellt sich der Gewinn für die erste Jahreshälfte mit 100,9 Mr. Yuan um 11,5 % niedriger dar. Im zweiten Quartal rutschten die Erträge um 23,4 % auf 63,1 Mrd. Yuan ab. Auch dies bedeutet die kräftigste Gewinneinbuße seit dem Börsengang im Jahr 2006.