"Es entsteht Deutschlands erste Kryptobank"

Bitcoin Group wechselt von Peer-to-Peer zum klassischen Börsenhandel - Ausbau zum Einlagen- und Kreditinstitut - Europäische Expansion rückt auf Agenda

"Es entsteht Deutschlands erste Kryptobank"

Die Bitcoin Group rüstet sich für das zunehmende institutionelle Interesse an Kryptowährungen. Dank einer eigenen Wertpapierhandelsbank kann diese Klientel besser adressiert werden. Auf der Agenda steht zudem der Ausbau zu einem Kredit- und Einlageninstitut, so Bitcoin-Group-Geschäftsführer Marco Bodewein. Von Björn Godenrath, FrankfurtAls Pionier des Bitcoin-Handels in Deutschland ist die Bitcoin Group SE seit 2008 am Markt und betreibt seit 2011 den Handelsplatz Bitcoin.de – mit einigem Erfolg. Zur Jahresmitte zählte man 884 000 Kunden, jeden Monat kommen im Schnitt 6 000 neue Kunden dazu. Erhöhte Kursnotizen der bekanntesten Kryptowährungen sorgen dabei natürlich für anziehendes Handelsvolumen, was im ersten Halbjahr für einen Schub bei den Provisionseinnahmen sorgte und die Erlöse auf 6,23 Mill. Euro stellte. Das Jahresendziel von 900 000 registrierten Nutzern habe man schon per Ende November erreicht, so Marco Bodewein, geschäftsführender Direktor der Bitcoin Group im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Grundlagen gelegtDabei läuft die Abwicklung des Bitcoin-Handels so, dass Kunde gegen Kunde handelt, also kein klassischer Börsenhandel stattfindet mit einer zentralen Gegenpartei. Das aber wird sich bald ändern – dafür hat die Bitcoin Group Ende Oktober mit der Zusammenlegung des Kryptogeschäftsbereichs (Bitcoin.de) mit dem Investment Banking der 2019 erworbenen Wertpapierhandelsbank Futurum Bank AG die Grundlagen gelegt. Bisher unter Fidor-Dach”Es entsteht Deutschlands erste Kryptobank”, so Bodewein. “Wir sind als reine Peer-to-Peer-Handelsplattform für Privatkunden gestartet und haben bis vor kurzem unter dem Haftungsdach der Fidor Bank operiert. Jetzt haben wir mit der Verschmelzung auf die Futurum Bank alle notwendigen Lizenzen unter einem Dach und können Synergien mit dem institutionellen Geschäft herstellen, welches aus dem klassischen Investment Banking herrührt.”Als Verwahrer für Kryptowährungen sei man “seit jeher tätig” und habe dafür ein besonders sicheres Cold-Wallet-System geschaffen – dazu sei nur so viel verraten, dass die Sicherung der sogenannten “Private Keys” zwar eines gewissen erhöhten Aufwands bedarf, es aber nur schwer vorstellbar ist, wie Unbefugte das jemals für sich knacken und nutzen könnten. Lizenzen gebündeltMit Abschluss der Integrationsmaßnahmen auf gesellschaftsrechtlicher Ebene sind nun alle in der Gruppe gehaltenen aufsichtsrechtlichen Lizenzen gebündelt. Auf der Grundlage werde man nun verstärkt als integrierter Anbieter auftreten mit den Kernfunktionen Kryptowährungshandelsplatz und -verwahrstelle, so Bodewein. “Das löst automatisch Synergien aus, denn wir können als Futurum jetzt Eigenhandel betreiben sowie als Market-Maker fungieren. Sprich, wir können zukünftig den klassischen Börsenhandel betreiben, wo institutionelle Anleger gegen die Futurum handeln, die Positionen aufs eigene Buch nimmt.”Ihren Wandel will die Bitcoin Group indes darüber hinaus vorantreiben. Strategisch soll sich die Gruppe in einem nächsten Schritt zu einem Einlagen- und Kreditinstitut weiterentwickeln, so könne man dann das Geschäft mit Referenzkonten flankieren, führt Bodewein aus. Das könne in rund 24 Monaten so weit sein, und mit Erwerb aller Lizenzen sei man dann ein vollumfänglicher Kryptodienstleister, der auch die Fiat-Krypto-Konvertibilität leisten könne. Optionen für ZukäufeMan befinde sich bereits in den Vorbereitungen für einen solchen Lizenzantrag, der nach Plan im ersten Quartal 2021 bei der BaFin eingereicht werde. Daran anknüpfend könne dann auch eine europäische Expansion ein Thema werden, um mit der Lizenz dann das Passporting anzugehen. Auch Akquisitionsmöglichkeiten sondieren Bodewein und sein Vorstandskollege Michael Nowak ständig, es kämen häufig Angebote dafür rein. Noch aber sei nichts Passendes dabei gewesen, um das Produktportfolio zu ergänzen und zu verbessern. Man sei in der Lage, direkte Cash-Investments zu tätigen und würde dann in einem ersten strategischen Schritt Anteile von 10 bis 25 % nehmen, hat Bodewein schon klare Vorstellungen für den Fall der Fälle. Vor den auf den deutschen Markt drängenden ausländischen Wettbewerbern, die im Begriff sind, über deutsche Partner Verwahrlizenzen zu erwerben, ist der geschäftsführende Direktor der Bitcoin Group derweil nicht bange. “Wir haben uns dank unseres langjährigen Know-hows und unserer Lizenzen einen soliden Vorsprung erarbeitet. Unser Marktplatz ist über die Jahre robust gewachsen und wir bauen unsere Produktpalette weiter kontinuierlich aus.” Bodewein sagt, der Kuchen werde insgesamt größer, da sich mit steigender medialer Aufmerksamkeit immer mehr Anleger für Bitcoin und andere Kryptowährungen öffnen. Nichts überstürzen bei STOAuch für den Handel von Security Token (STO), die Wertpapiere oder Schuldtitel repräsentieren, wäre man schon gerüstet, sagt Bodewein. Diese seien gemäß KWG-Vorgaben zu strukturieren, und für den Handel würde man wohl einen parallelen Marktplatz aufbauen, wofür die Anforderungen dann aber vorab mit der BaFin zu klären seien. Es sei ein komplett neuer Produktprozess notwendig, das bedürfe umfangreicher Vorbereitungen, hängt er die Erwartungen niedrig für eine schnelle Umsetzung.Was aber jetzt schon passiert, ist, dass institutionelle Anleger digitale Assets wie Bitcoin in ihre Anlagestrategie integrieren wollen; auch bauen erste Corporates Bestände auf für ihr Treasury. In Deutschland befindet sich Hauck & Aufhäuser als erste institutionelle Adresse auf dem Weg, ein Kryptoanlageprodukt in Form eines Spezialfonds aufzulegen. “Institutionelle Investoren suchen auf unserem Marktplatz Handelsmöglichkeiten für Direktinvestments sowie die Option, über Derivate Exposure zu erhalten”, sagt Bodewein. “Das können wir alles anbieten.” Bitcoin im EigenbestandNicht genau beziffern will er, wie viel Bitcoin die Gruppe im Eigenbestand hat – es handele sich um einen zweistelligen Millionenbetrag. Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man auf die (im Freiverkehr gehandelte) Aktie der Bitcoin Group blickt: Bei aktuellen Kursen um 36,65 Euro beläuft sich die Marktkapitalisierung auf 183 Mill. Euro. Das Papier hatte im Gefolge der Bitcoin-Rally ab November kräftig angezogen – deckungsgleich mit der Bitcoin-Notiz entwickelt sich die Aktie aber nicht, auch wenn dieses “Makro-Umfeld” mit dem Allzeithoch vom Montag natürlich Spuren hinterlässt.