Oliver Schmid

Es geht auch ohne Bankpartner

Es geht auch ohne Bankpartner: Das Kredit-Fintech Iwoca hat einen Luxemburger Fonds hochgezogen, über den die Ausleihungen laufen können. Das gesamte Kreditbuch wurde migriert, so Deutschland-Chef Oliver Schmid.

Es geht auch ohne Bankpartner

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Seit sechs Jahren operativ tätig, gehört das deutsche-britische Start-up Iwoca zur wachsenden Zahl an Fintechs, die Unternehmenskredite vermitteln. Dabei differenziert sich Iwoca von der Konkurrenz dadurch, dass man auf das Laufzeitensegment von bis zu zwölf Monaten zielt und bislang Kredite im Volumen von 1000 bis 100000 Euro vermittelte. Diese Losgröße habe man nun auf 200000 Euro verdoppelt, sagt Deutschland-Chef Oliver Schmid im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Diese Ausweitung erfolgt vor dem Hintergrund einer strukturellen Veränderung im Maschinenraum, hat Iwoca sich doch von der langjährigen Fronting Bank Fidor abgenabelt, indem man ein Fondsvehikel aufgesetzt hat. „Wir verwenden jetzt ausschließlich einen eigenen AIF (Alternative Investment Fund), den wir seit Herbst 2019 aktiv im Hintergrund aufgebaut haben. Im Laufe des Jahres 2020 haben wir unser gesamtes Kreditbuch auf den AIF verschoben, dieser Prozess ist seit Anfang des Jahres abgeschlossen“, sagt Schmid.

Die Vorteile eines Modells ohne Fronting-Bank als Lizenzgeber und Dienstleister liegen auf der Hand. „So haben wir volle Kontrolle über die Wertschöpfungskette und können als Fintech Produktprozesse schneller marktfähig machen.“ In Zusammenarbeit mit einer Fronting-Bank entstehe doch immer wieder Abstimmungsbedarf bei Produktänderungen, was alles verlangsame. Außerdem berge das AIF-Modell als Fundingbecken mit Schnittstelle zum Markt einen weiteren Vorteil: Es verbessere die Investitionsstruktur für die Debt-Investoren, hätten diese so doch einen direkten Zugang, was die Bearbeitung von Krediten – mit Iwoca als On Balance Sheet Lender in der Mitte der Plattform – erleichtere. Für jeden Investor habe man ein eigenes „Compartment“ aufgesetzt, womit für diese (falls gewünscht über Verbriefungen gehende) Investments ein Ringfencing bestehe.

Aufgelegt wurde der Fonds in Luxemburg, womit man von der CSSF beaufsichtigt wird und das über eine EU-Richtlinie geschaffene AIF-Vehikel in weiten Teilen Europas vertreiben kann – wobei Iwoca sich voll auf die beiden großen Märkte Deutschland und Großbritannien konzentriert. Als Verwahrstelle fungiert Intertrust, rechtlicher Beistand kam von Norton Rose Fulbright. Auch wenn mit Octobre schon ein Kredit-Fintech über eine Eltif-Fondskonstruktion geht, so nimmt Schmid doch für Iwoca in Anspruch, im kleinteiligen und kurzfristigen Unternehmenskreditgeschäft als erster Stück für Stück über eine Fonds-Lösung Kredite ausgereicht zu haben. Und dass ein AIF eine Alternative für ein Kredit-Fintech darstelle, liege daran, dass man keine klassischen Depositen aufnehme und deshalb keine Banklizenz benötige.

Zu den Investoren, die Kreditlinien bereitstellen, gehört BNY Mellons Insight Investment, die im Februar 2020 100 Mill. Euro zusagte. Und da sich das Kreditbuch mit den kurzen Laufzeiten schnell drehe, brauche man auf der Seite der Plattform keinen Nachschub, sagt Schmid. Was die Kreditvergabe angehe, da seien die letzten 12 bis 15 Monate „nicht leicht gewesen“. Man habe mit dem pandemiebedingten Einschlafen der Kreditnachfrage nicht so viel ausgereicht wie geplant, habe in den ruhigeren Pandemie-Monaten aber schon wieder gesehen, dass etwas gehe. Und mit den Lockerungen hoffe man auf eine weitere Belebung der Kreditnachfrage. Dabei habe Iwoca in der Krise gezeigt, dass die Mechanismen der Datenanalyse zur Risikosteuerung greifen; man komme mit guten Zahlen da raus, verspricht Schmid. 2018 sei Iwoca auf Gruppenebene schon profitabel gewesen, 2019 habe man bei hohen Investitionen mit einer roten Null abgeschlossen. Für 2020 seien die Zahlen noch nicht öffentlich, aber die negativen Effekte durch Ausfälle hielten sich in engen Grenzen. Das Investment in die Tech-Plattform habe man auch in der Dürrezeit fortgesetzt, weiteren Eigenkapitalbedarf habe Iwoca absehbar nicht – man will hier keine Geldverbrennungsmaschine aufbauen. Eine große Finanzierungsrunde gab es im Februar 2019, die Commerzbank gehört zu den frühen Investoren.

Der Fintech-Vorteil

Dabei geht Iwoca ja in eine Nische, die von Banken nicht so effektiv bedient werden kann: Denn bei kleinen Losgrößen fallen für Banken trotzdem hohe Prozesskosten an, wenn sie keine volldigitalen Kreditstrecken haben. Das ist der Fintech-Vorteil, wenn man auf der grünen Wiese ein System ohne interne Mittelsmänner gebaut hat, das sich als Plattform nach oben skalieren lässt. Mit dem AIF als Basis für das Kredithandling dürfte Iwoca nun noch einen Zahn zulegen können.