Es hapert an interner Digitalisierung

Studie: Den deutschen Banken fehlen integrierte Lösungen zur Bearbeitung von Kundenaufträgen

Es hapert an interner Digitalisierung

Die Digitalisierung des Kundengeschäfts steht inzwischen überall im Bankensektor ganz oben auf der Agenda. Mit der Digitalisierung interner Abläufe aber ist es bei den deutschen Instituten noch nicht allzu weit her.bn Frankfurt – Die deutschen Banken und Sparkassen verschlafen die Digitalisierung ihrer internen Abläufe. Diesen Schluss legt eine Studie des Beratungshauses PPI nahe. Während sich die Kreditinstitute der Bundesrepublik mit immer neuen Meldungen über Digitaldienste im Kontakt mit Kunden überbieten, liegt in den kundenfernen Aktivitäten demnach noch vieles im Argen. Dies verwundert umso mehr, da Branchenbeobachter gerade dort Möglichkeiten sehen, die operativen Kosten zu reduzieren. Notwendig ist dies um so dringender, je stärker Nullzinsen, Regulierung und Investitionen in die Digitalisierung des Kundenangebotes, wie im Bankensektor vielfach beklagt, die Erträge schwächeln lassen. “Kaum noch vorstellbar”Die Automatisierung der internen Auftragsbearbeitung aber kommt PPI zufolge zu kurz. Im Zuge einer Befragung von 130 Angestellten von 45 deutschen Finanzinstituten aller Größenordnungen hat die Gesellschaft manchen Befund zutage gefördert, welcher der Branche nicht eben zur Ehre gereicht. So haben die befragten Mitarbeiter zwar jeweils Zugriff auf Rechner. An jedem dritten Schreibtisch aber gehören IT-Systeme zur Unterstützung der Arbeitsabläufe noch nicht zum Standard. “Im Dienstleistungssektor kaum noch vorstellbar, bei einigen Banken aber auch heute noch Realität”, urteilt PPI. Und dort, wo diese IT-Systeme eingesetzt werden, erleichtern sie nicht unbedingt die Arbeit – jeder fünfte Befragte empfindet sie als Last.”Eine digitalisierte Auftragsbearbeitung über verschiedene Kanäle hinweg ist sogar in mehr als jedem zweiten Arbeitsablauf nicht möglich”, berichtet PPI. Kein Wunder, herrscht in Sachen IT doch bunter Wildwuchs: In rund der Hälfte aller Fälle sind für die Bearbeitung typischer Aufträge in der Regel drei bis fünf verschiedene IT-Systeme notwendig. In 12 % der Fälle sind es gar mehr als acht (siehe Grafik).”Es fehlt an integrierten Lösungen”, bemängelt PPI. Bis der Angestellte Daten von einem IT-System ins nächste transferiert habe, sei es häufig einfacher und schneller, eine Notiz auf dem Ausdruck zu machen und das Papier über den Schreibtisch an den Kollegen zu reichen. Als “symptomatisch für die Branche” nennt PPI das Beispiel einer Bank, die eine App startet, über welche der Kunde ein Konto eröffnen kann. Auf dem Tisch des Bankangestellten in der entsprechenden Abteilung aber landet mit jeder Kontoeröffnung über die App ein Ausdruck mit den Daten, die der Angestellte dann abtippt. Die Kontoeröffnungsapp laufe damit komplett nebenher, moniert PPI. Ohne ein funktionierendes Backoffice aber entstehe durch das digitale Angebot kaum ein Nutzen.Eine Folge: Selbst Befragte, an deren Arbeitsplatz in den zurückliegenden drei Jahren ein neues IT-System eingeführt worden ist, bekunden in der Mehrzahl der Fälle, dass eine digitalisierte Auftragsbearbeitung über die verschiedenen Kanäle hinweg noch nicht möglich sei. “Dabei wollen die Kunden immer stärker digital mit der Bank in Kontakt treten”, kommentiert dies PPI. Einen Nutzen aus der Digitalisierung würden die Banken erst ziehen können, wenn die Transformation in ihrem Inneren vorankomme.Zwar geben 51 % der Befragten an, dass die meisten für die Bearbeitung von Aufträgen erforderlichen Dokumente mittlerweile als Scan vorliegen. Nur 39 % der Befragten geben indes auch an, dass diese Dokumente auch in einem IT-System bearbeitet werden können. Und nur 38 % bejahen die Frage, ob der Eingang der Auftragsdaten überwiegend digitalisiert worden ist, so dass Fax oder Brief selten notwendig ist. Vorlagen selten genutztWie die Umfrage ergeben hat, kommen 84 % der Arbeitsaufträge “oft oder sehr oft” durch persönliche Gespräche zustande, Vorlagen für Korrespondenz werden dagegen eher selten genutzt. Stattdessen kommen neben dem Telefon und persönlichem Kontakt frei geschriebene Mails zum Einsatz, strukturierte Formulare, E-Mail-Vorlagen, Onlinesysteme wie eine Website oder ein Smartphone, frei geschriebene Briefe, Briefvorlagen, Faxvorlagen sowie frei geschriebene Faxe, wenn die Mitarbeiter der Banken Arbeitsaufträge erhalten. “Die Verteilung der eingehenden Aufträge findet in neun von zehn Fällen nicht voll automatisiert statt”, schreibt PPI. Dieser Rückstand in der digitalen Auftragsbearbeitung habe zur Folge, “dass für neun von zehn Angestellten das Medium Papier im Arbeitsalltag noch immer eine Rolle spielt”.Für PPI legt die Studie das Problem offen, “alle Daten digital zu bündeln, so dass die IT-Systeme damit arbeiten können”. Ein weiteres Problem liege in den Systemen selbst, die zu wenig oder nur zeitversetzt ineinandergriffen. Statt einer funktionierenden IT-Architektur seien oftmals viele unterschiedliche Systeme entkoppelt voneinander eingeführt worden. “Damit sind Strukturen entstanden, die niemals so konzipiert wurden, sondern die teilweise über Jahrzehnte gewachsen sind”, heißt es. Was Wunder, dass jeder zweite Angestellte in seiner Bank noch weiteres Automatisierungspotenzial zwischen 20 und 70 % sieht. Der größte Nutzen wird dabei am ehesten einer Automatisierung von Arbeitsabläufen in den Bereichen Electronic Banking, Backoffice sowie Buchhaltung zugeschrieben.—– Wertberichtigt Seite 8