NEUER VORSTOSS FÜR DIE BANKENUNION

"Es ist Zeit für einen Durchbruch"

Finanzminister Scholz gibt den deutschen Widerstand gegen eine europäische Einlagensicherung auf

"Es ist Zeit für einen Durchbruch"

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat einen Plan zur Vollendung der Bankenunion präsentiert, der eine europäische Einlagenrückversicherung enthält, aber auch eine Harmonisierung von Insolvenzregeln und ein Ende der Nullgewichtung von Staatsanleihen. In der Koalition abgestimmt ist der Plan noch nicht.ahe Brüssel – Nach dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vor drei Wochen hat nun auch das Bundesfinanzministerium einen mehrschichtigen Plan vorgelegt, wie die europäische Bankenunion doch noch vollendet werden kann. Das Paket besteht im Wesentlichen aus vier Elementen, zu denen gemeinsame Insolvenz- und Abwicklungsmechanismen für alle Banken unabhängig von der Größe ebenso gehören wie eine neue regulatorische Behandlung von Staatsanleihen in Bankbilanzen (siehe Infokästen). Im Zentrum steht aber die Einführung einer europaweiten Einlagensicherung.Die Gespräche hierüber sind bereits seit Jahren zum Stillstand gekommen. “Es ist Zeit für einen Durchbruch”, betonte Finanzminister Olaf Scholz gestern auf einer Konferenz in Frankfurt. Es ist unbestritten, dass die Bankenunion vertieft und vollendet werden müsse. Dies sei auch in deutschem Interesse. “Diesen Stillstand können wir uns nicht länger leisten. Er beeinträchtigt das Funktionieren unseres gemeinsamen Marktes.” Das Bundesfinanzministerium verweist in einem Papier zugleich darauf, dass eine gestärkte Marktintegration zudem einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Ertragskraft europäischer Banken und zum Abbau von Nachteilen der Institute im internationalen Wettbewerb liefern würde.Den nun vorgelegten Arbeitsplan zur Bankenunion will Scholz jetzt erst einmal mit seinen europäischen Amtskollegen diskutieren. Bereits heute trifft sich die Eurogruppe in Brüssel. Auf der Agenda steht dabei unter anderem ein Zwischenbericht der drei Arbeitsgruppen, die sich mit der Weiterentwicklung der Bankenunion befassen. Bis Dezember sollen konkrete Beschlüsse gefasst werden, so dass eventuell bereits in der ersten Jahreshälfte 2020 die politischen Gespräche über eine Einlagensicherung beginnen könnten. Neuer Edis-Vorschlag?Für die anvisierten Änderungen im Bankeninsolvenzrecht sollte die neue EU-Kommission den Berliner Plänen zufolge kurzfristig einen Regulierungsvorschlag vorlegen. Und auch für das vorgeschlagene Einlagenrückversicherungsmodell “könnte die Kommission einen neuen Vorschlag vorlegen”, hieß es. Gefragt ist die Brüsseler Behörde darüber hinaus auch bei dem Ziel, eine europaweit einheitliche Besteuerung von Banken zu erreichen.Einen genauen Zeitplan für die weiteren Arbeiten an der Bankenunion präsentierte das Finanzministerium nicht. Lediglich für die geplante Einführung von risikobasierten Konzentrationszuschlägen für Staatsanleihen in Bankbilanzen wurde ein Zeithorizont von fünf bis sieben Jahre genannt. Hier müssen zunächst noch entsprechende Kalibrierungsmodelle erarbeitet werden. Der im Oktober vom ESM vorgelegte Fahrplan zur Vollendung der Bankenunion sah eine vollständige Vergemeinschaftung des Sparerschutzes erst ab dem Jahr 2028 vor.Zunächst gibt es für Scholz allerdings auch noch Abstimmungsbedarf innerhalb der eigenen Großen Koalition: Regierungssprecher Steffen Seibert sprach gestern in Berlin von einem “Diskussionsbeitrag” von Scholz, der in der Regierung erst noch beraten werden müsse.Das Einlagenrückversicherungssystem, so wie es Scholz vorschwebt, würde auf einem zwischenstaatlichen Abkommen beruhen. Die nationalen Sicherungseinrichtungen würden durch einen Europäischen Einlagensicherungsfonds (DIF) ergänzt. Dieser würde aus verschiedenen nationalen Kammern bestehen und von der Bankenabwicklungsbehörde SRB verwaltet werden. Mehrstufiges SystemSollte eine Bank in Schieflage geraten, käme ein dreistufiges Verfahren zur Anwendung: Zunächst würden die Mittel der nationalen Sicherungssysteme eingesetzt, dann Liquiditätshilfen aus dem DIF in Form von rückzahlbaren Darlehen. Und in einer weiteren Stufe könnte sich der betroffene Staat dann auch noch Hilfen vom ESM holen. Erst wenn alle Elemente der Bankenunion vollständig umgesetzt sind, könnte es zusätzlich auch noch zu einer begrenzten Verlustbeteiligung kommen. Eine Gefährdung der deutschen Banken-Verbünde und ihrer bestehenden Sicherungssysteme sieht das Finanzministerium mit diesem System nicht.