ESM wirbt für europäische Einlagensicherung

Euro-Rettungsfonds schlägt langfristigen Fahrplan vor - Neues System soll ab 2028 vollständig implementiert sein

ESM wirbt für europäische Einlagensicherung

Der Euro-Rettungsschirm ESM hat eine langfristig angelegte Roadmap ausgearbeitet, wie die Bankenunion vollendet werden kann. Der Plan orientiert sich an einer mehrstufigen Einführung einer europäischen Einlagensicherung, flankiert diese aber mit zahlreichen Maßnahmen im Bereich der Aufsicht und Abwicklung.Von Andreas Heitker, BrüsselDer Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) versucht mit einem neuen Vorschlag wieder Bewegung in die seit Jahren festgefahrene Debatte um eine europäische Einlagensicherung (Edis) zu bringen. In einem knapp 60-seitigen Papier, das der Börsen-Zeitung vorliegt, plädiert der Euro-Rettungsschirm für einen mehrstufigen Fahrplan zur Vollendung der Bankenunion, in den neben Edis unter anderem auch eine Harmonisierung der Insolvenzverfahren, die Behandlung von Staatsanleihen, die Aufsicht, weitere Risikoreduzierungen und auch eine Regulierung von Schattenbanken sowie neue Regeln im Kampf gegen Geldwäsche einbezogen werden. Die letzten Stufe dieses Plans wäre demnach erst 2028 erreicht.”Ein ausgewogener Regulierungsansatz und ein vollständiges institutionelles Set-up könnte die Grundlage für einen sichereren, profitableren und integrierten europäischen Bankensektor sein, der effektiv der Wirtschaft des Euroraums dienen würde”, heißt es in dem ESM-Papier. Dies könne auch dazu beitragen, die noch bestehenden Bedenken hinsichtlich des freien Kapital- und Liquiditätsverkehrs innerhalb von Bankengruppen auszuräumen – was wiederum den Banken helfen würde, ihre Profitabilitätsprobleme sowie den Druck zu verringern, der von technologischen Innovationen und neuen Wettbewerbern ausgeht. Die Kritik, dass durch die gemeinsame Sicherung riskantes Verhalten begünstigt wird (Moral Hazard), könnte nach Ansicht des ESM durch eine intelligente Gestaltung der begleitenden regulatorischen Schritte und eine angemessene Kalibrierung der Bankbeiträge zu Edis ausgeräumt werden. Edis-Einführung startet 2021Die erste Stufe von Edis könnte dem Vorschlag zufolge 2021 eingeführt werden (siehe Grafik). In dieser Rückversicherungsphase soll es noch keine Vergemeinschaftung von Verlusten, sondern nur Liquiditätshilfen geben. Um in diese Phase einzutreten, müssen die Staaten ihre jeweiligen nationalen Einlagensicherungssysteme gefüllt haben, deren Mittel dann Edis zur Verfügung gestellt würden. Ursprünglich war vorgesehen, dass die nationalen Systeme bis spätestens 2024 ihr Zielniveau erreichen, was in einigen Ländern eine beschleunigte Zahlung bedeuten könnte, wie der ESM ausführte.Bevor es allerdings so weit kommt, müssen noch zahlreiche Vorarbeiten unternommen werden: So soll bis 2020 zunächst noch ein genaueres Design der einzelnen Edis-Stufen erarbeitet werden und vor allem auch eine Methode zur Berechnung der Beiträge, die Banken zu zahlen haben. Das Beitragssystem soll demnach risikobasiert ausgestaltet und in den einzelnen Stufen immer weiter angepasst werden sowie ein Bewertungssystem für die Kreditinstitute enthalten, in dem Indikatoren wie Kapitaladäquanz, Vermögensqualität, Management, Ertrag und Liquidität analysiert werden. Zugleich soll die in jeder Phase erzielte Risikoreduzierung widergespiegelt werden und somit Anreize für eine bessere Risikodisziplin bieten.Auf der Aufsichtsseite stehen in der Vorbereitungsphase begleitend eine Umsetzung des im Frühjahr besiegelten Bankenregulierungspakets und neue Anti-Geldwäsche-Regeln an. Der Abbau von notleidenden Krediten (NPL) geht weiter, und darüber hinaus soll der Umfang der Aufsicht geprüft werden, unter anderem mit Blick auf den Schattenbankensektor. Im Abwicklungsregime sollte neben dem weiteren Aufbau von Bail-in-Kapital (MREL) das noch akute Problem einer Liquiditätssicherung für Banken angegangen werden, die abgewickelt werden müssen (“liquidity in resolution”). Zudem wird noch 2020 über eine frühzeitigere Einführung des Backstops für den europäischen Bankenabwicklungsfonds SRF entschieden.Ein weiteres Problem in der Abwicklung wird dann in Phase 1 angegangen: Dabei geht es um die Behandlung von Tochterunternehmen großer Bankengruppen. Die Abwicklung kann derzeit vor allem in kleineren EU-Ländern ein Problem werden, in denen die Bankenlandschaft hauptsächlich aus Töchtern oder Zweigstellen von international agierenden Bankengruppen besteht. Diese Staaten könnten Garantien erhalten, dass sie im Falle eines Falles nicht auf den Rettungs- oder Abwicklungskosten sitzen bleiben. Und sie könnten in die Prüfung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen einbezogen werden.2024 könnte Edis dann in die Mitversicherungsphase eintreten. Die Kofinanzierung von Verlusten könnte dann nach Ansicht des ESM mit einer niedrigen Rate beginnen oder bei 30 %, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, und dann schrittweise steigen. In dieser Phase rücken dann zunehmend auch die Staatsanleihen in den Blick und damit das Problem, dass sich viele Banken mit Anleihen ihres Heimatlandes vollgesogen haben. Dieses soll künftig auch bei der Risikobewertung eine Rolle spielen.Die Vollendung von Edis kommt dann frühestens 2028 – allerdings erst, wenn alle erforderlichen quantitativen und qualitativen Maßnahmen zur Risikoreduzierung umgesetzt sind, wie der ESM betont. Hierzu gehört auch “eine angemessene Harmonisierung der nationalen Insolvenzregelungen”.