ESMA beäugt Zentralverwahrer

Aufseher: Tendenz zur Monopolbildung - Regulierung verändert Marktstrukturen - Systemische Risiken

ESMA beäugt Zentralverwahrer

Diverse neue Regelwerke stärken das Geschäft von Zentralverwahrern. Das wirft die Frage auf, ob die neue Position von Euroclear, Clearstream & Co. die Stabilität des Finanzsystems potenziell gefährdet. Die Aufseher der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA gehen entsprechenden Bedenken nach.gbe Frankfurt – Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA hat sich der derzeit viel diskutierten Frage der potenziellen Risiken, die von Zentralverwahrern ausgehen, angenommen. Die Institute sind nach Ansicht der Aufseher systemrelevant, weil die Finanzmärkte von ihren Dienstleistungen abhängig sind.Zwar sei es nur in extremen Umständen möglich, dass ein Zentralverwahrer funktionsunfähig wird. Aufgrund der Systemrelevanz würde ein solches Ereignis der ESMA zufolge die Wertpapiermärkte und auch die Realwirtschaft aber ernsthaft stören. Die Rettung eines Zentralverwahrers sei “herausfordernd” und würde Vertreter mehrerer Sektoren und Länder an einen Tisch zwingen.Laut dem Bericht können vor allem das wirtschaftliche Umfeld und neue Regelwerke die von Zentralverwahrern ausgehenden Risiken steigern. Der Kostendruck im Bereich der Wertpapierabwicklung führe dazu, dass der Sektor zunehmend vernetzt agiert, schreiben die Aufseher. Diese Vernetzungen seien “dynamisch”. Das führe zum einen zu komplexen und breiten Abhängigkeiten verschiedener Wertpapierdienstleister wie Zentralverwahrern, zentralen Gegenparteien und Handelsplätzen voneinander. Zum anderen nehme auch die Verbindung mit Banken zu – mitunter auch zu systemrelevanten Kreditinstituten. Aus diesem Cocktail könnten ganz neue Risiken entstehen, warnt die ESMA. Während diese Vernetzung in normalen Zeiten der Effizienz des Finanzsystems diene, könnten die neuen Strukturen in Krisenzeiten dafür sorgen, dass sich Schockwellen schneller ausbreiten.Insgesamt hänge das Ausmaß der Systemrelevanz eines Zentralverwahrers davon ab, wie wichtig seine Dienstleistungen für das Funktionieren der Märkte ist, konstatieren die Aufseher. In den vergangenen Jahren habe der zunehmende Kostendruck für reichlich Konsolidierung im Bereich des Settlementgeschäfts gesorgt. “Das erklärt teilweise, warum der Sektor dazu tendiert, innerhalb nationaler Grenzen monopolartige Strukturen zu bilden”, steht in den Bericht. Tatsächlich ist das Geschäft recht unterschiedlich verteilt (siehe Grafik). Konsolidierung erwartetDer Sektor wird auf Basis etlicher neuer Vorgaben reguliert, deren Zusammenspiel noch nicht erprobt ist. Die ESMA nennt in diesem Zusammenhand die Central Securities Depository Regulation (CSDR), Emir und Mifid. Die CSDR soll das grenzüberschreitende Geschäft von Zentralverwahrern innerhalb der EU harmonisieren und in diesem Jahr in Kraft treten. Das Vorhaben wird durch die Einführung des europäischen Abwicklungssystems Target2-Securities unterstützt.Die Neuregelungen haben der ESMA zufolge das Potenzial, die Konsolidierung des Sektors zu fördern und die Vernetzung dadurch noch weiter voranzutreiben. Daher gelte es in der laufenden Aufsicht, aber auch bei der Regulierung des Sektors, diese Veränderungen genau zu verfolgen und dabei sektor- und länderübergreifend vorzugehen.Noch sorge die Fragmentierung des europäischen Markts dafür, dass die Abwicklungskosten auf dem alten Kontinent um 33 % höher sind als in den USA. Wenn die Harmonisierung in der Union voranschreitet, dürfte der Kostendruck in den kommenden Jahren noch einmal deutlich steigen.Schon jetzt setzen Zentralverwahrer daher auf Nebengeschäfte, die ihr Kerngeschäft – Aufbewahrung, Abwicklungsservices und Notarfunktion – ergänzen und neue Erträge in die Kasse spülen. Das Kerngeschäft birgt der ESMA zufolge rechtliche, operationelle und Gegenparteirisiken.Bei den Nebengeschäften hingegen seien die Gefahren größer, weil teilweise auch Bankdienstleistungen angeboten werden, die Liquiditäts- und Kreditrisiken beinhalten. Die scheinen aber überschaubar zu sein: “Bislang haben die Zentralverwahrer keinen exzessiven Risikoappetit gezeigt”, schreiben die Autoren. Noch macht das Kerngeschäft mehr als die Hälfte der Erträge aus.—– Wertberichtigt Seite 6